Stellungnahme des Landesdenkmalamtes zum geplanten Neubau des Eingangsgebäudes vom 31. März 2009
Eingegangen bei der GHB am 05. August 2009

Das Grundstück, auf dem das Neue Eingangsgebäude errichtet werden soll, liegt innerhalb des Denkmalensembles Museumsinsel, sowie in der unmittelbaren Umgebung der als Einzeldenkmale in der Denkmalliste Berlin verzeichneten Museumsbauten Altes Museum, Neues Museum und Pergamonmuseum. Darüber hinaus liegt das Grundstück innerhalb der seit 1999 auf der UNESCO-Welterbeliste eingetragenen Welterbestätte Museumsinsel.

Aufgrund der Lage innerhalb des Denkmalensembles und der Lage in der unmittelbaren Umgebung der genannten, als Baudenkmale die Denkmalliste Berlin eingetragenen Museumsbauten, unterliegt die Baumaßnahme den Schutzvorschrifien des Gesetzes zum Schutz von Denkmalen in Berlin (Denkmalschutzgesetz Berlin - DSchG Bin) vom 24. April 1995 (GVBL. S. 274), geändert durch Art. 11 Nr. 1 u. 2 d. Ges. v. 4.7.1997 (GVBL. S. 376), Art. IV d. Ges. v. 17.5.1999 (GVBL. S. 178), Art. XLVI d. Ges. v. 16.07.2001 (GVBL. S. 260), Art. IV d. Ges. v. 29.09.2005 (GVBL. S. 495) und Art. 11 d. Ges. v. 14.12.2005 (GV8L. S. 754).

Maßgeblich sind hier § 10, Schutz der unmittelbaren Umgebung und § 11, Genehmigungspflichtige Maßnahmen.
Nach § 10 DSchG BIn darf "die unmittelbare Umgebung eines Denkmals, soweit sie für dessen Erscheinungsbild von prägender Bedeutung ist, (. .. ) durch die Errichtung oder Änderung baulichen Anlagen, durch die Gestaltung der unbebauten öffentlichen und privaten Flächen oder in anderer Weise nicht so verändert werden, dass die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals wesentlich beeinträchtigt wird."

Nach § 11 (1) DSchG Bin darf "ein Denkmal ( ... ) nur mit Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde

in seinem Erscheinungsbild verändert, ganz oder teilweise beseitigt, von seinem Standort oder Aufbewahrungsort entfernt oder instand gesetzt und wiederhergestellt werden. Dies gilt auch für das Zubehör und die Ausstattung eines Denkmals. Die Genehmgung ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.

(2) Einer Genehmigung bedarf ferner die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von Anlagen in der unmittelbaren Umgebung eines Denkmals, wenn sich dies auf den Zustand oder das Erscheinungsbild des Denkmals auswirkt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals durch die Maßnahme nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

(4) Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen ... erteilt werden ....

(5) Alle Veränderungen und Maßnahmen an Denkmalen sind zu dokumentieren. Die Dokumentationspflicht obliegt dem Eigentümer, dem sonstigen Nutzungsberechtigten oder dem Veranlasser nach zumutbarer Maßgabe der zuständigen Denkmalbehörde.

Zuständige Genehmigungsbehörde für Objekte und Vorhaben der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist das Landesdenkmalamt Berlin. ( § 5 Abs. 2 Nr. 12 DSchG und Nr. 22 und Nr. 34 Zuständigkeits katalog Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) als Anlage des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG)

Stellungnahme
Die Planung für das Neue Eingangsgebäude wurde in regelmäßigen Abstimmungsrunden zwischen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, dem Büro David Chipperfield Architects und dem Landesdenkmalamt in ihren Grundzügen abgestimmt. Den Vertretern von ICOMOS wurde die Planung vorgestellt und über das Welterbekomittee auch der UNESCO präsentiert.

Auf dem Standort des geplanten Neuen Eingangsgebäudes, westlich des Neuen Museums, am Kupfergraben, stand bis zu seinem Abbruch im Jahre 1938 der zwischen 1830-33 nach Entwurf des Architekten Karl Friedrich Schinkel errichtete Packhof. Bereits die kurz nach der Wende auf Anregung des Landesdenkmalrates einberufene Expertenkommission stellt in dem 1994 veröffentlichten "Denkmalpflegerischen Plädoyer zur ergänzenden Wiederherstellung" fest, dass alleine das Grundstück zwischen dem Kupfergraben und dem Neuen Museum .... für einen Neubau ... zur Verfügung steht". Weiter wird darin festgestellt, dass "ein Neubau hier in einer Art von korrespondierendem Dialog zum Neuen Museum stehen muss. Ein Neubau wäre, indem er auch die stadttopographische Situation, die Kanalkante usw. aufnimmt bzw. nachzeichnet, eher im Sinne einer städtebaulichen Fassung auszubilden denn als Solitär."

Der vorliegende Entwurf, nimmt mit den aus dem Wasser des Kupfergrabens aufsteigenden Sockel des Pergamon- und des Bodemuseums auf und errichtet darüber eine Pfeilerhalle, die sich um den gesamten Baukörper zieht, den neu entstehenden Hof zwischen Neuem Eingangsgebäude und Neuem Museum rahmt und an der Bodestraße an die vorhandene historische Kolonnade anschließt. Der Zugang liegt an der Bodestraße. Die Eingangsfassade orientiert sich damit, wie ehemals der Kopfbau des Packhofes, in Richtung Unter den Linden, Lustgarten und Schlossbrücke ..

Der Entwurf fügt sich durch seine Gestaltung, Größe und Höhenentwicklung als moderne, zeitgemäße Ergänzung, im Sinne des Weiterbal)en im und am Denkmal bzw. im Welterbe, in das bestehende Ensemble ein.
Bestehende grundsätzliche denkmalfachliche Bedenken gegen die in diesem Zusammenhang erforderlichen Eingriffe in die Denkmalsubstanz und das Erscheinungsbild werden zurückgestellt.

Gemäß § 11 Abs. 1, 2 und 4 DSchGBln wird die Genehmigung erteilt für die geplanten Baumaßnahmen auf der Grundlage der vorgelegten Bauplanungsunterlage (Antrag auf Baugenehmigung im Zustimmungsverfahren vom) und den erfolgten Detailabstimmungen und unter Beachtung der folgenden Auflagen:

Im Zuge der weiteren Planung und Ausführung ist die äußere Gestaltung des Neuen Eingangsgebäudes, einschließlich Details, Material und Farbgebung weiter abzustimmen.
Dem LDNBodendenkmalpflege ist eine Baubeginnanzeige zu übermitteln, um die bauseitigen Bodeneingriffe überwachen zu können. Gegebenenfalls ist mit einer archäologischen Baubegleitung zu rechnen. Auf die Anzeige- und Meldepflicht bei zufällig auftretenden Bodenfunden wird gemäß Paragraphen 3 Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin (Denkmalschutzgesetz - DSchG Bin) vom 24. April 1995 (GVBl. S. 274), zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes vom 14. Dezember 2005 (GVBI. S. 754),verwiesen.

Durch die Erstellung der Baugrube sind die Fundamentierungen ehemaliger Bauten im Gelände erheblich beeinträchtigt, weshalb beabsichtigt ist, im Zuge der Erstellung der Baugrube einen aussage kräftigen Abschnitt des Fundamentes ehemaligen Hauptstempelmagazines von 1842, das aus einer Pfahlrostkonstruktion mit darüber liegendem Kalk-Sandstein-Mischmauerwerk besteht, zu bergen, zu konservieren und einzulagern, um diese Überreste in geeigneter Form in den Neubau Eingangsgebäude zu integrieren. Hierzu werden in Kürze nähere Absprachen zwischen dem LDA und dem BBR getroffen werden.

Es ist sicherzustellen, dass die sich außerhalb des Gründungsbauwerks für das Neue Eingangsgebäudes bzw. der Spundwand in situ verbleibenden Teile. der historischen Gründungskonstruktion des ehemaligen Packhofgebäudes durch die Bauarbeiten (Einbringen der Spundwand) nicht beschädigt werden.
Die Maßnahmen sind gemäß § 11 Abs. 5 zu dokumentieren.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Norbert Heuler


Stellungnahme der GHB vom 11. August 2009

Der im Juni 2007 vorgelegte Entwurf von David Chipperfield mißachtet Stil, Material, Proportionen und die symmetrische Gestaltung aller vorhandenen Gebäude auf der Insel. Sein massiver, 9 Meter hoher Sockel ist anders als der des benachbarten Pergamon-Museums ungegliedert. Die sehr schlanken, über hohen Pfeiler, ebenfalls 9 m hoch, bilden keine ausgewogene Komposition mit dem Sockel und stehen in krassem Gegensatz zu den antikisierenden Säulen der anderen Gebäude. Sie betonen die Vertikale und werden das Neue Museum stark bis ganz verdecken. Der bei der UNESCO vorgelegte Vorentwurf stellt die wahren Verhältnisse falsch dar und täuscht den Betrachter.

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Darüber hinaus würde der Bau des Eingangsgebäudes den Abriss der bestehenden Ufermauer, ihren Ersatz durch Beton und damit die Zerstörung und nachfolgende Verfälschung weiterer denkmalgeschützter Bausubstanz erfordern. Schon aus diesem Grunde ist der Entwurf nicht genehmigungsfähig.

Der Vorstand der GHB fordert die Verantwortlichen auf, den Neubau des Eingangsgebäudes zurückzustellen, die Planungen zu überarbeiten und dann mit nicht täuschenden Darstellungen den Bürgern und der UNESCO in Paris vorzustellen.