Die Aussagen von Frau Lüscher im Interview gegenüber dem Züricher Tagesanzeiger fordern geradezu zum Widerspruch auf.
Frau Lüscher meint, dass sie in den vergangenen 10 Jahren eindeutig mehr Ausrufezeichen - sprich Positives - in Berlin geschaffen hat. Das zeugt vom Verdrängen der Tatsachen.

Beim Opernhaus-Skandal wusch sie sich ihre Hände in Unschuld, weil der damalige Regierende Bürgermeister Wowereit ohne ausreichende Bestandsaufnahme und Vorplanung die Verwaltung angewiesen hatte, die Sanierung der Staatsoper zu beginnen.
Ihr Versäumnis ist es jedoch, dass sie die Politik nicht rechtzeitig und nachhaltig auf die Kostenexplosion aufmerksam gemacht hat.
Darüber hinaus hat Frau Lüscher das Desaster der innerstädtischen Baupolitik in Berlin in den letzten 10 Jahren zu verantworten. Sie ist Teil einer Planerzunft, die aus den Irrungen des Nachkriegsstädtebaus nichts gelernt hat, nichts lernen will und weiterhin einer antiquierten Planungsideologie anhängt.
Kein Wort von ihr zu der Absage der Internationalen Bauausstellung 2020, die von ihr mit dem Thema „Draußenstadt wird Drinnenstadt“ geplant war. Dieses rückwärtsgewandte Thema war den Politikern nicht 60 Mio. € wert.

In der Mitte Berlins herrscht seit Jahren ein Planungschaos.
Überwiegend wurden von ihr Bauvorhaben bezogene Bebauungspläne initiiert. Als Beispiel sei das Einkaufszentrum „Alexa“ genannt, das eine so „gelungene“ Architektur aufweist, dass sich der Regierende Bürgermeister vor Jahren anlässlich einer Stadtrundfahrt zu der Äußerung hinreißen ließ, „er wisse nicht, dass in seiner Amtssitznähe eine derartig schlechte Architektur gebaut worden sei“.
Um eine gute Baukultur in Berlin  einziehen zu lassen, hat sie ein „Baukollegium“ berufen, ohne jedoch die einfachsten demokratischen Spielregeln einzuhalten. Auch mit Hilfe dieses Kollegiums vermochte sie es nicht, im Städtebau umzusteuern. Statt jahrhundertealte Prinzipien erfolgreichen Städtebaus zu beherzigen, blieb es bei Schachtelarchitektur aus Stahl, Beton und Glas.

In der Historischen Mitte wurden die Bestände der Gründerzeit teilweise kriegszerstört und nach 1945 durch die DDR-Diktatur abgeräumt.
Im Zuge der erforderlichen Stadtreparatur lehnt sie den Wiederaufbau zerstörter historischer Leitbauten ab, die ehemals das Stadtbild prägten. Wiederholt setzt sie sich für den Erhalt der DDR-Moderne und für das zeitgenössische Bauen ein. Begeistert unterstützt sie die Bemühungen der Anwohner des Alexanderplatzes, der Rathausstraße sowie der Karl-Liebknecht-Straße und den Anhängern der Partei „Die Linke“, den sehr großen Freiraum (eine begrünte Trümmerfläche) zwischen Fernsehturm und Spree als solche zu erhalten bzw. „zu qualifizieren“. Fachleute, wie Städteplaner, Architekten und Historiker sowie die Mitglieder der zahlreichen Bürgervereine hat sie für Ihre Ideen nicht gewinnen können. Die Verkündung der Freiraum-Ideologie auf der Stadtdebatte vertiefte die Gräben.

Auch für das Schlossumfeld fand Frau Lüscher keinen passenden Rahmen.
Die von ihr berufene Jury entschied sich mit knapper Mehrheit für einen modernen Entwurf, der eine Rückführung der Großskulpturen und des Neptunbrunnens nicht vorsieht.
Der Siegerentwurf erinnert im Norden an die historischen Schlossterrassen. Andere historische Bezüge werden nicht aufgenommen. Baumgruppen im Bereich des ehemaligen Apothekerflügels und im Bereich der Stechbahn sollen die städtebaulichen Mängel der Bebauung um das Schloss reparieren. Der südliche Schlossplatz ist eine mit Steinbänken angereicherte steinerne Wüste.

Weitere Bemerkungen zu den „Erfolgen“ von Frau Lüscher.
Das Kulturforum blieb bis heute ein Torso.  Jetzt steht ein Museumsbau an - die klaffende Stadtwunde soll geheilt werden. Sie hatte dafür keine Konzeption entwickelt und schrieb weltweit einen Ideenwettbewerb aus. 460 eingereichte Entwürfe brachten keine zündende Idee. Da von ihr kein Vorschlag für die Gestaltung des Zentrums vorlag, wurden den Teilnehmern Grundideen für das neue Museum vorgegeben. Hier einige Beispiele:

Die bestehende „Stadtlandschaft“ sei „verbindlich“, die architektonischen  Ikonen, darunter die Nationalgalerie und die Philharmonie, sollten durch den Neubau „besser erfahrbar werden“. Das Haus solle spiegeln, dass das 20. Jahrhundert ein Jahrhundert „großer Brüche und Extreme“, seit etwa 1960 eine Epoche „großer Offenheit, Experimentierfreude und Provokation“ gewesen sei. Dazu noch mehr derartige, unkonkrete Gemeinplätze. Wie soll ein Gebäude aussehen, das solche Vorgaben aufnimmt? Eine Glaskiste, aus der die Besucher die Chaoslandschaft betrachten können? Die Jury zog sich ängstlich auf die nichtssagensten, sachlich unanstößigsten 10 Arbeiten zurück. Trotz des unbefriedigenden Ergebnisses des ersten Wettbewerbes veranlasste sie die Durchführung eines Realisierungswettbewerbes.

Das Ergebnis:
Eine Scheune für die Moderne soll es sein.
Der Bürger fühlt sich eher an die Hallen großer Discounter erinnert. Die letzte Gelegenheit, die komplexe städtebauliche Situation zu lösen, ist nunmehr vertan.

Die Planungen für die „Europa-City“ am Hauptbahnhof überzeugen nicht.  
Die „Berliner Mischung“ soll hier neu und zeitgemäß interpretiert werden. Wohnen und arbeiten, Freizeitgestaltung, Kultur und Gastronomie sollen sich zu einem lebenswerten Stadtraum verbinden. Jedoch sind die Stadträume ungefasst. Kälte und Langeweile schlagen einem entgegen. Es sind keine Stadträume, sondern Restflächen, die zwischen den von Architekten geplanten und neu errichten Gebäuden erhalten bleiben und dann von Landschaftsplanern mit Wegen, Kinderspielgeräten, Bänken, Büschen und Bäumen aufgefüllt werden, damit sie gegenüber den Bürgern in ihrer räumlichen Belanglosigkeit noch irgendwie zu rechtfertigen sind. Dieses Europaviertel reicht qualitativ nicht im Mindesten an die vormodernen, mehr als 100 Jahre alten Stadtquartiere heran.

Die GHB fordert erneut zum Umdenken in der Stadtentwicklungspolitik auf.

Berlin, den 28.02.2017
Gerhard Hoya
Vorstandsvorsitzender