Berliner Morgenpost

Mittwoch, 8. Juni 2011 - von Isabell Jürgens

Berliner Schloss

Aus der Vision soll Wirklichkeit werden

Das Berliner Schloss mit seinen drei barocken Fassaden, der Kuppel über dem Eosanderportal und der modernen Ostfassade existiert bislang nur als Planungsvorlage. Das soll sich am heutigen Mittwoch ändern.

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Wenn die 14 Mitglieder des Stiftungsrates "Berliner Schloss - Humboldt-Forum" zusammenkommen, werden ihnen die überarbeiteten Schlosspläne des Architekten Franco Stella zur Entscheidung vorgelegt. Von ihrer Zustimmung hängt es dann ab, ob nach diesen Plänen auch gebaut werden darf.

"Ich rechne fest mit einem positiven Votum, schließlich waren alle Stiftungsratsmitglieder in den Planungsprozess eingebunden", sagte Manfred Rettig, der als Stiftungsvorstand auch als Bauherr des Schlosses fungiert. Im Stiftungsrat sind neben dem Land Berlin (vertreten durch Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und Kulturstaatssekretär André Schmitz) fünf Bundestagsabgeordnete, drei Regierungsvertreter (aus den Ministerien für Kultur, Bauen und Finanzen) sowie je ein Vertreter der künftigen Nutzer Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Humboldt-Universität und Zentral- und Landesbibliothek stimmberechtigt.

Baubeginn bereits im Herbst möglich

Vor allem auf die drei Stimmen der Regierungsvertreter kommt es an: Da neben Berlin (32 Millionen Euro) vor allem sie das Geld geben (480 Millionen), haben sie ein Vetorecht. Die Planung sei mit den Ministerien jedoch abgestimmt, er rechne deshalb mit Zustimmung, sagte Rettig.

Wenn der Stiftungsrat der Entwurfsplanung zustimmt, wird er dem Haushaltausschuss des Bundestages noch vor der Sommerpause zur Entscheidung vorgelegt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass nach den Planungsmitteln dann auch die für die Bauarbeiten erforderlichen Mittel freigegeben werden. "Wir könnten dann im Herbst mit den vorbereitenden Bauarbeiten beginnen", sagte Rettig. Eile sei auch geboten, weil die Gründungsarbeiten für die Fundamente sonst mit den Bauarbeiten für den Bau des U-Bahn-Tunnels der Linie 5 kollidieren.

Die Pläne, die die Ratsmitglieder am heutigen Mittwoch beschließen, hatte der Architekt Franco Stella Ende Mai bereits der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu der Veranstaltung im Audimax der Humboldt-Universität waren rund 200 Besucher gekommen, vor allem echte Schlossfans.

Und so verwundert es auch nicht, dass der Beifall für die überarbeiteten Schlosspläne recht verhalten ausfiel: Um den Kostenrahmen überhaupt einigermaßen einhalten zu können, wird nicht nur die Schlossfassade an den drei nach historischem Vorbild gestalteten Seiten des Gebäudes von Spendenzusagen abhängig gemacht. Die barocke Ausschmückung der Kuppel, des Treppenhauses und der Historienräume, mit denen Stella den Schlosswettbewerb gewonnen hatte, sind dem Spardiktat genauso zum Opfer gefallen wie die Rekonstruktion aller sechs Schlossportale auch auf der Innenseite.

Die Sorge, dass das Humboldt-Forum nicht in einem Schloss, sondern aus Kostengründen in einem mit einigen wenigen historischen Elementen verzierten Zweckbau untergebracht wird, äußerte etwa die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Stefanie Bung: "Die überarbeiteten Baupläne für das Humboldt-Forum zeigen, dass unsere Befürchtungen, wonach der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses sich nicht hinreichend an der historischen Gestaltung orientiert, wahr werden könnte." Die rein aus Kostengründen beabsichtigte Reduzierung der architektonischen Qualität dürfe dieses Projekt nicht zu einem "Stadtschloss light" verkommen lassen.

Aus Kostengründen gestrichen

Doch auch Funktionen, die bei einem öffentlichen Gebäude dieser Größe - geplant sind immerhin 40 000 Quadratmeter Veranstaltungs- und Ausstellungsfläche - zum Standard zählen, fehlen hier. So wurde das 2. Untergeschoss, in dem die Tiefgarage Parkplätze bieten sollte, ebenfalls aus Kostengründen gestrichen.

Nun bleibt abzuwarten, wie das Land Berlin, das für die Gestaltung der Flächen rund um das Schloss verantwortlich ist, dieses Manko ausgleichen will. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hat einen Wettbewerb zur Gestaltung der Schlossumgebung bereits angekündigt. Verwundert reagierten viele Besucher auch auf die Information, dass sich das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst im zweiten und dritten Obergeschoss wiederfinden, während die Bibliothek ins prominente Erdgeschoss einziehen darf. Laut Manfred Rettig sei dies jedoch seit Ende 2009 so geplant gewesen: "Die Ausstellungsräume in den Obergeschossen werden zum Teil über zwei Etagen hohe Hallen enthalten, in denen die großen Exponate, etwa die Häuser und Segelboote aus der Südseeabteilung, die bislang noch in Dahlem zu sehen sind, problemlos Platz finden", so Rettig.

Die durch das Schloss führende Querverbindung vom Lustgarten zum Schloßplatz heißt in den neuen Plänen jetzt "Schlossforum" und soll Tag und Nacht frei zugänglich sein. Dort befinden sich auch Museumsshop, ein Buchladen und ein "Bistro der Kulturen", die die schmale Passage mit Leben füllen sollen.

"Ich rechne fest mit einem positiven Votum"

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