parochialkirche 01(aktualisiert Nov.2016)
Ein Beitrag von Peter Serwene
Am 1. Juli 2016 bekam die Parochialkirche endlich ihren Glockenturm mit dem Helm wieder zurück.

parochialkirche 02Die Geschichte
Zum Ende des 17. Jahrhunderts kamen viele Einwanderer reformierten Glaubens aus Frankreich und Süddeutschland nach Berlin (Edikt von Potsdam 1685). Für  sie  ließ  Friedrich III (ab 1701: Friedrich der I. König von Preußen), selbst reformierten Glaubens, eine neue Kirche planen. Den ersten Entwurf lieferte Johann Arnold Nehring 1695. Besonders eindrucks- voll, nach römischem Vorbild, war die kreuzförmige Vierkonchenanlage mit Portikus.

Nach dem Tod von Nering noch im gleichen Jahr, wurde Martin Grünberg mit dem Bau beauftragt. Wegen der Geldknappheit musste der das Nering-Konzept reduzieren. Er sah eine Verkleinerung des Grundrisses der Kirche vor, ersetzte das geplante Kuppelgewölbe durch abgewalmte Sattendächer und den Turm im Zentrum verlegte er zur Straßenseite mit eingeschlossenem Aufbau.

1713 bekam Jean de Boldt den Auftrag, den Turm um ein Glockengeschoss zu erweitern, und er bekrönte den Turm durch einen obeliskartigen Helm. Ein Jahr später wurde die Kirche fertig und drei Jahre später durch ein Glockenspiel mit 37 Glocken eröffnet.

parochialkirche 04Das Glockenspiel war bis zum II. Weltkrieg eine große Attraktion mit vielen Zuhörern. Leider gibt es keine Tonaufnahmen mehr.  
parochialkirche 031944 wurde die Kirche von einer Brandbombe getroffen und brannte bis auf die Umfassungsmauern völlig aus. Nur die Gruft blieb weitgehend erhalten. Die Gruft, 1697 entstanden, war wegen der geringen Größe des Friedhofes notwendig geworden. Der Grundriss entspricht genau dem Gebäudegrundriss. So ist die Kirche vollkommen unterkellert und mit einem Tonnengewölbe abgeschlossen. Acht rechteckige Kammern sind um die Mittelachse angeordnet.

1950 und später 1987 wurden von der DDR erhebliche Erhaltungsarbeiten geleistet, z.B. der Dachstuhl von 1952. Es wurden nur gelegentlich Gottesdienste oder Konzerte durchgeführt. Aus finanziellen Gründen vermietete die Gemeinde das Kirchenschiff an einen Möbel-Großhandel. parochialkirche 06Von 1990 bis 2005 wurden erhebliche Instand- setzungs- und Sanierungsarbeiten durchgeführt. Ziel war es, die historische Substanz zu erhalten. Der Innenraum des Kirchenschiffs wurde als unverputztes Mauerwerk hergestellt, anders als der historische Zustand und auch ohne die vier Emporen über den vier Apsiden.

parochialkirche 05Das Konzept heute für die Nutzung der Kirche sieht eine Ausstellung für „Kirchliche Kunst in Berlin und Branden-burg“ vor, weiterhin Kunst ausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen. Die Wiederherstellung des gesamten Kirchen-baus wird die Umgebung des Klosterviertels aufwerten. (siehe auch Broschüre GHB und web Klosterviertel).

Die Vollendung der Parochialkirche
In der Woche vom 27.-29. Juni wurden die fehlenden Bauteile des Kirchturms zusammengebaut und aufgesetzt – ein Meisterwerk aus Holz, Stahl und Kupfer.

parochialkirche 07Die „Pyramide“ (Turmspitze) wurde von Auszubildenden des Oberstufenzentrums  Bautechnik (Knobelsdorff-Schule) gebaut. Der Spezialkran hatte z.B. mit dem 40t wiegenden Uhrengeschoss Schwerstarbeit zu leisten. Das neue Glockenspiel wird zukünftig aus 52 Bronzeglocken bestehen, immerhin 15 Glocken mehr als vor ca. 300 Jahren von Friedrich Wilhelm I. (37 Glocken) gespendet wurden.
Wir haben also wieder die „Singuhr-Kirche“ zurück gewonnen, die vor ihrer Zerstörung viele Zuschauer und Zuhörer anzog. Das zukünftige Carillon kann sowohl manuell als auch digital gespielt werden.

Die vollständig wiederhergestellte Parochialkirche ist im September 2016 eingeweiht worden.

Dank geht an den Hauptsponsor, den Unternehmer Hans Wall, den Verein Denk mal an Berlin e.V. und den Architekten Jochen Langeheinecke, die sich viele Jahre für den Wiederaufbau eingesetzt haben.

Die Parochialkirche gilt zu Recht als „Juwel der Berliner Barockbaukunst“ (Hans Wall).

Die Kirche mit ihrem Geläut wird ein großer neuer Anziehungspunkt des durch eine min. achtspurige Autobahn (genannt Grunerstraße) abgehängten Klosterviertels sein.

Glockengeläut täglich um 9-12-18 Uhr, Konzerte ab Frühjahr 2017