Die bedeutendste katholische Kirche Berlins öffnet bald wieder ihre Pforten. Worauf sich Besucher nach der Umgestaltung freuen dürfen.
Berliner Morgenpost vom 03.04.2024

Eine Teetasse soll der Ausgangspunkt für die äußere Form der Sankt-Hedwigs-Kathedrale am Bebelplatz in Berlin -Mitte gewesen sein. Die Idee zum ungewöhnlichen klassizistischen Rundbau stammt von Friedrich dem Großen . Er soll dabei das Pantheon in Paris vor Augen gehabt haben und dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff zur Veranschaulichung eine umgedrehte Teetasse präsentiert haben. Die Sankt-Hedwig-Kathedrale ist bis heute nicht nur die einzige katholische Kirche in Berlins Mitte, sondern Berlins katholische Hauptkirche und Bischofssitz des Erzbistums Berlin . Derzeit bereitet sich das Gotteshaus nach sechs Jahren der Schließung auf die Wiedereröffnung am 24. November vor.

Sankt Hedwig: Zunächst Kirche der Schlesier

Dass ein preußisch-protestantischer Herrscher ein derart zentrales Gotteshaus für die katholische Minderheit bewilligte, war eine Geste mit Kalkül: Der alte Fritz hatte kurz vor der Grundsteinlegung das katholische Schlesien erobert. Die Kirche sollte eine Art Willkommensgruss an die Menschen aus Schlesien sein, die . Die passende Namensgeberin war schnell gefunden: Es sollte die Heilige Hedwig, Schutzpatronin von Schlesien sein. Friedrich der Große demonstrierte so die Zugehörigkeit seiner eroberten Gebiete zu Preußen und gleichzeitig, wie großzügig er gegenüber anderen Glaubensgruppierungen war. Gesten, für die er sich bei der Einweihung der Kirche 1773 ausgiebig feiern ließ.

Hedwig-Kathedrale: Proteste gegen „Radikalumbau“ und Baustopp

Schon als Erzbischof Heiner Koch 2016 ankündigte, der katholischen Gemeinde eine größere Präsenz verleihen zu wollen, deren Umgestaltung 43 Millionen Euro kosten soll, regte sich Kritik: Mehr als 70 Experten aus den Bereichen Denkmalpflege, Architektur, kulturelles Erbe und Erinnerungspolitik appellierten mit einem offenen Brief an den Erzbischof, die Kirche so zu lassen wie sie ist. Ungeachtet dessen begannen 2017 erste Sanierungen, im September 2018 wurde das Gotteshaus dann geschlossen. Die Bürgerinitiative Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale wollte den „Radikalumbau“ stoppen, demonstrierte immer wieder dagegen. 2019 wurde zunächst die Baugenehmigung erteilt, acht Monate später jedoch ein Baustopp vom Bezirk Mitte verhängt.

Künstler aus Ost und Westdeutschland und Rechtsnachfolger des Architekten Schwippert, die am Wiederaufbau des Gebäudes nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt waren, sahen ihre Urheber­rechte verletzt. Die Klagen wurde jedoch 2020 abgewiesen . Der erzbischöfliche Sprecher Stefan Förner dazu: „Alle Gegenstände, die urheberrechtlich geschützt sind, wie das Geländer der Treppe zur Unterkirche, das Kreuz auf der Kuppel, aber auch die früheren Fenster wurde abgenommen und sachgerecht eingelagert.“ Seitdem sei nicht mehr geklagt worden, und auch kein Baustopp mehr verhängt worden.

Gebeine Bernhard Lichtenbergs ausgelagert

Damit die Umbauarbeiten ohne Schäden vorangehen können, mussten einige Vorkehrungen getroffen werden: Die Klais-Orgel war eingelagert und kehrte gereinigt und mit neuen Prospektpfeifen wieder zurück. Der , der mit der Halbkugel der Deckenrotunde korrespondiert, wurde bereits im November 2023 eingeweiht. Er wird ab November 2024 in der Mitte der Kirche platziert sein, ist aber derzeit noch eingehaust, genau wie das Lesepult und das Taufbecken.

Die Gebeine des Domprobstes Bernhard Lichtenberg , die normalerweise mit anderen Berliner Bischöfen im Gedenkraum ruhen, wurden einstweilen in die Gedenkkirche  Maria Regina Martyrum in Charlottenburg gebracht. Lichtenberg war einer der wenigen christlichen Anführer, die während der NS-Zeit in seinen Predigten für die jüdischen Mitbürger gebetet hat. Der Geistliche wurde 1941 von der Gestapo verhaftet und starb 1943 vor Erschöpfung auf dem Weg ins KZ Dachau.

Portale aus Glas, transluzente Fenster mit Sternbildern, Luftkissen-Oberlicht

Alles ist sehr hell und sehr schlicht gehalten. Das Anliegen der Umgestaltung sei eine Öffnung auch für Kunst- und Architektur-Interessierte, so der Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats. Bisher kämen viele Touristen zum Denkmal der Bücherverbrennung am Bebelplatz und zögen dann weiter Richtung Holocaust-Denkmal oder Humboldtforum . Als einladende Geste der Hedwig-Kathedrale zum Bebelplatz hin, werden die früheren Eisenportale durch Glasportale ersetzt. Die Fenster, die vorher kleinteilig braun und ocker gemustert waren, werden durch transluzente, weiße Fenster ersetzt.

Der Clou bei den Fenstern sind kleine Lufteinschlüsse, die durch ihre Anordnung die Konstellation des Berliner Sternenhimmels zu Christi Geburt symbolisieren. Das Oberlicht in der Rotunde besteht wie in der Allianz-Arena aus Kunststoff-Luftkissen. Leicht und elastisch muss das Oberlicht sein, um die Spannungen der Kuppel abzufedern. Die Kuppel wurde mit gewölbten, nummerierten Bausteinen aus weißem Gipskarton ausgekleidet, die die Stahlbeton-Segmente aus dem Jahr 1952 verdecken. Die Bausteine wurden mit Lastenfahrstühlen nach oben transportiert und von den Arbeitern mit Senkblei und Laser präzise ausgemittelt.

Festival of Light 2024: Einstimmung auf Wiedereröffnung

Beim diesjährigen im September soll die Hedwigs-Kathedrale mit einem besonderen Lichtkonzept auf die kommende Öffnung am 24. November einstimmen. Das markante Gotteshaus habe sich zu Beginn des Festivals 2005 nicht sofort an den bunten Lichtprojektionen beteiligt. Für viele Berliner und Touristen entwickelte sich die Hedwig-Kathedrale aber im Lauf der Jahre zu einem der optischen Highlights des Festival of Lights. In der Eröffnungswoche im November 2024 wird die Hedwigs-Kathedrale nicht nur von 8 bis 18 Uhr, sondern auch zu besonderen Sonderöffnungszeiten zugänglich sein. Ab November 2024 wird außerdem eine besondere neapolitanische Weihnachtskrippe zu sehen sein. Hände und Gesicht der Krippenfiguren sind besonders lebensecht aus Ton gestaltet.

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