Leserbrief zu  Verkehrssenatorin Günther über autofreie Kieze „So wie es ist, kann es ganz sicher nicht bleiben“
Artikel im Tagesspiegel vom 24.08.2020

Wer geglaubt hatte, dass die Partei Die Grünen eine Politik für alle Berliner machen würden, hat sich kräftig geirrt. Die Verkehrssenatorin Günther glaubt, mit Insellösungen -z. B. mit einigen Kilometern Fahrradwegen- eine Verkehrswende herbeiführen zu können. Die einseitige Privilegierung der Fahrradwege führt nicht zu einem wirklichen Paradigmenwechsel sondern zu neuen Verkehrsproblemen und zur Diskriminierung eines großen Teils der Menschen in Berlin. Mehr als 1,4 Mio. Bürger unserer Stadt besitzen einen Pkw und sind auf diesen angewiesen, z. B.: ältere Menschen. Die Idee der fahrradgerechte Stadt hat genau so wenig Zukunft wie autogerechte Stadt. Die Aufstellung von unzähligen Pollern zum Schutz der Radfahrer - in Kopenhagen schützt eine zweite Bordsteinkante- führt nicht zu einer Steigerung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.

  • Die Zukunft für eine nachhaltige Mobilität liegt in der Aufteilung und Bepreisung des öffentlichen Raumes. Kostenfreies Parken für alle in der Innenstadt hat keine Zukunft.
  • Der öffentliche Nahverkehr muss quantitativ und qualitativ wesentlich verbessert werden. Es müssen mehr Bahnen und Busse eingesetzt werden, die Taktung muss noch enger und die Vernetzung mit den individuellen Fahrzeugen über attraktive digitale Angebote verbessert werden.
  • Park & Ride ist endlich auszubauen, um den Pendlerverkehr mit dem Pkw zu reduzieren. Lediglich 19 Anlagen werden z. Z. angeboten. Fahradunterstellplätze sind einzurichten.
  • Der ruhende Verkehr im öffentlichen Raum ist in Neubauten von gebührenpflichtigen Parkgaragen unterzubringen. Der KFZ-Durchgangsverkehr im Zentrum ist durch den Bau von Ringstraßen erheblich zu reduzieren.

Alle Maßnahmen sind im Dialog mit der Zivilgesellschaft zu erarbeiten.
Einsame Entscheidungen der Verkehrsenatorin –von Ideologie geprägt– führen nicht auf kurzem Weg in die Zukunft einer Mobilität, die den Menschen dient.
Auch große neue Versprechen geben den Bürgern keine Hoffnung auf baldige Änderung der chaotischen Verkehrsverhältnisse.

Gerhard Hoya
Vorstandsvorsitzender der
Gesellschaft Historisches Berlin e.V.