Wilhelmstrasse
Paläste, Propaganda, Promenaden – zur Geschichte des Städtebaus an der Wilhelmstraße
Berlin, den 14.10.2022 von Gerhard Hoya und Daniela Pogade
Wenn es um die Geschichte der Wilhelmstraßen geht, so ist in der Regel deren nördlicher Teil gemeint, der Abschnitt zwischen der Straße Unter den Linden und der Leipziger Straße. Hier standen die Bauwerke, die historisch, kulturell und politisch von herausragender Bedeutung waren. Zunächst Standort prächtiger Wohnhäuser des preußischen Adels, befand sich entlang der Wilhelmstraße vom Deutschen Kaiserreich bis zum Ende der nationalsozialistischen Diktatur das Zentrum der politischen Macht.
Mit der Erweiterung der Friedrichstadt nach Südwesten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann die Geschichte der Straße. Friedrich Wilhelm I. veranlasste die Errichtung dieses neuen Stadtquartiers, das die bisher existierende Stadtgestalt mit einer neuen Formensprache ergänzte – einer Anlage, die geometrisch, rein und klar war wie keine zuvor. Die neue Stadt entstand, im barocken Geist, „als formgewordener Wille eines Monarchen – weniger eng erschlossen und grüner dehnte sie sich an ihren Rändern systematisch aus.“
Wohnquartier an der Wilhelmstraße kein Denkmal
Entscheidung des Landesdenkmalamtes: Man merkt die Absicht und ist verstimmt
02.02.2022 von Detlef Untermann
Ist das Wohnquartier an der Wilhelmstraße ein Denkmal? Diese Frage wird aktuell lebhaft diskutiert. Während Berlins Landeskonservator Christoph Rauhut von „einem Leuchtturmprojekt der Ost-Berliner Hauptstadtplanung“ spricht, kommt von der Gesellschaft Historisches Berlin grundsätzliche Kritik an der Entscheidung des Landesdenkmalamts. Der Verein sieht eine „fatale Fehlentscheidung“. Das unvollendete Ensemble sei ein Versuch gewesen, das Todesstreifengelände städtebaulich aufzuwerten, erklärt Gerhard Hoya, Vorstandsvorsitzender des Vereins. Eine Denkmalwürdigkeit kann er nicht erkennen.
Und wie begründet das Landesdenkmalamt seine Entscheidung? In der „Information zur Fortschreibung der Denkmalliste Berlin“ vom 30. August 2021 heißt es: „Direkt an der Grenze zwischen Ost- und West-Berlin gelegen, in unmittelbarer Nähe zum Brandenburger Tor, das von Touristen aus dem In- und Ausland besucht wurde, kam dem Quartier eine herausragende Rolle im Wettbewerb der politischen Systeme zu. Folgerichtig fiel das Projekt in die Verantwortung der ‚Baudirektion Hauptstadt Berlin des Ministeriums für Bauwesen‘ unter Leitung von Erhardt Gißke, der den in Planerkreisen der DDR hoch angesehenen Helmut Stingl aus dem Wohnungsbaukombinat Berlin als Chefarchitekt einsetzte.“ Dabei zitiert das Amt die DDR-Architektin und Stadtplanerin Dorothea Tscheschner, nach der der Architekt das Quartier als „Krönung seiner Arbeit“ verstanden haben will.