Pressemitteilung Senatsverwaltung für Kultur und Europa vom 11.03.2022

Das Landesdenkmalamt Berlin hat weitere Bereiche der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) in Lichtenberg unter Denkmalschutz gestellt.

Das große Ensemble zwischen Frankfurter Allee, Magdalenen-, Normannen- und Ruschestraße ist denkmalwert aus geschichtlichen, städtebaulichen und wissenschaftlichen Gründen. Es entstand seit der Gründung des MfS im Jahr 1950 in mehreren Bauphasen und entwickelte sich zu einem riesigen geheimdienstlichen Areal – militärisch gesichert und von der Umgebung hermetisch abgeriegelt – zu einer abgeschlossenen „Stadt in der Stadt“. Das Areal dokumentiert mit seinen standortprägenden Bauten und Freiflächen die schrittweise Entwicklung des MfS zu einem der größten staatlichen Überwachungs- und Unterdrückungsapparate der Welt.

Seit 1995 bzw. 2014 stehen bereits der ehem. Dienstsitz von Erich Mielke (Haus 1, heute Sitz des Stasimuseums), das danebenstehende Haus 7 – zunächst Sitz der Hauptverwaltung A (Auslandsaufklärung) später der Hauptabteilung XX, die für die Bekämpfung der Opposition zuständig war (heute Büros und Ausstellung des Stasi-Unterlagen-Archivs) – und das Offiziersspeisehaus (Haus 22, heute Besucherzentrum) unter Denkmalschutz. Hinzu gekommen sind nun das seit 1950 vom MfS genutzte und umfangreich erweiterte Finanzamt Lichtenberg (Haus 2), die Gebäudegruppe des ehemaligen Medizinischen Dienstes (Haus 19-20) sowie die Blockrandbebauung an der Ruschestraße (Haus 15-17) und an der Normannenstraße (Haus 18) mit den zugehörigen Freiflächen. Mit dem groß angelegten Bauprogramm der 1970er Jahre rückte das Ministerium für Staatssicherheit mit neuen Großbauten an die Blockränder im Norden und Westen vor und brachte damit die Macht des Apparats im Stadtraum zum Ausdruck.

Die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit ist ein bedeutendes Zeugnis der SED-Diktatur, um am authentischen Ort und durch den historischen Bestand die Geschichte von Diktatur und deren Überwindung sowie die Gestaltung demokratischer Verhältnisse zu reflektieren. Landeskonservator Dr. Christoph Rauhut: „Die durch die Gebäude vermittelbare Geschichte geht weit über eine ortsgeschichtliche Bedeutung für das Land Berlin hinaus. Als staatserhaltende Struktur eines Unrechtsstaates steht die Stasi-Zentrale mit ihren standortprägenden Bauten auch für die Teilung Europas in Ost und West und die weltweite Blockkonfrontation im Kalten Krieg.“

Der Besetzung der Stasi-Zentrale am 15. Januar 1990 besiegelte das Ende des wichtigsten Machtinstrumentes der SED. Heute ist der historische Ort Ausgangspunkt einer kontinuierlichen Dokumentation, Forschung und Aufklärung über die SED-Diktatur, über die Friedliche Revolution sowie über die Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft in der DDR. Neben dem Stasi-Unterlagen-Archiv haben sich auf dem Gelände zahlreiche Initiativen und Verbände angesiedelt, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur befassen, darunter das Stasi-Museum und die Robert-Havemann-Gesellschaft (RHG) mit ihrem Archiv der DDR-Opposition und der Open-Air-Ausstellung zur Friedlichen Revolution.

Kultursenator Dr. Klaus Lederer begrüßte die Unterschutzstellung: „In der doppelten Bedeutung des Geländes als Ort der Repression und der Friedlichen Revolution sehe ich ein großes Potential für den zukünftigen „Campus für Demokratie“, der hier durch gemeinschaftliches Engagement von Bund, Land, Bezirk und Zivilgesellschaft entstehen soll. Dem vom Bund geplanten Archivzentrum zur SED-Diktatur wird dabei als Ankerinstitution eine besondere Bedeutung zukommen.“

Der Berliner Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Tom Sello hofft, dass der Entwicklungsstillstand jetzt endlich überwunden wird: „Die Ausweitung des Denkmalschutzes unterstreicht die historische Bedeutung des Geländes für zukünftige Generationen. Nun geht es darum, den baulichen Missstand zügig zu beseitigen.”

In den Koalitionsverträgen von Bund und Lands Berlin ist die Entwicklung eines Campus für Demokratie auf dem früheren Stasi-Gelände verankert. Das Bundesarchiv will dort ein neues Archivzentrum zur SED-Diktatur bauen. In der Diskussion sind zudem die Ansiedlung weiterer Kultur-, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie die Nutzung von bisher leerstehenden Gebäuden für Verwaltungszwecke.