Pressemitteilung der Allianz Berliner Bürgervereine
Berlin, 29.09.2023

Bezug:

  • Artikel in der Zeitung „Die Welt“ vom 21.9.2023: Ein Meisterwerk von Schinkel soll verhunzt werden.
  • Brief an das Bundesbauministerim der Allianz Berliner Bürgervereine

Im Verlauf der vergangenen 30 Jahre wurden von den verschiedensten Initiativen, wozu auch die Errichtungsstiftung Bauakademie gehört, die Wiedererrichtung des Gebäudes der Schinkelschen Bauakademie im Wege der Rekonstruktion gefordert und Vorschläge erarbeitet. So haben sich auch politische Organe immer wieder für eine originalgetreue Rekonstruktion ausgesprochen. Frau Dipl.-Ing. Lompscher hatte u. a. für den Berliner Senat erklärt, dass im Rahmen des Wiederaufbaus „so viel Schinkel wie möglich“ verwirklicht werden soll. Dadurch ist ein weiterer Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Wiedererrichtung nach historischem Vorbild geschaffen worden.

Insoweit entschied auch der Deutsche Bundestag die Wiedererrichtung des Gebäudes der Bauakademie Berlin (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9826, Seite 103 (https://dserver.bundestag.de/btd/18/098/1809826.pdf): Wandlung des Titels „Zuschüsse für Investitionen zur Wiedererrichtung des Berliner Schlosses – Bau des Humboldt Forums – im Schlossareal Berlin“ in den neuen Titel: „Zuschüsse für Investitionen zur Wiedererrichtung des Gebäudes der Bauakademie Berlin und der historischen Kolonnaden auf der Schlossfreiheit Berlin mit einem Baransatz und einer Verpflichtungsermächtigung. Folgerichtig heißt es in der Präambel der Satzung der Bundesstiftung Bauakademie. „Der Deutsche Bundestag hat die Wiedererrichtung der von Karl Friedrich Schinkel erbauten Bauakademie beschlossen.“ In § 4 Abs. 1, Satz 3 der Satzung wird ferner ausgeführt, dass „zur Erfüllung des Stiftungszweckes die Stiftung vom Bund für die Wiedererrichtung des Bauakademiegebäudes Mittel als Projektförderung erhält.

Eine authentisch rekonstruierte Bauakademie bei Berücksichtigung aktueller Vorschriften und nutzungsbedingter Anpassungen, die es auch in der Vergangenheit gab, ist keine langweilige „Kopie”, oder ein „Fake”, wie auch behauptet wird. Sie wäre im Gegenteil eine großartige Leistung, die das Wissen um den Bau dieses Gebäudes dokumentiert und jeder Generation vermittelt. Rekonstruktionen leisten also, wenn sie authentisch sind, einen Beitrag zur Bewahrung der Baukultur. Dabei ist es nicht entscheidend, ob noch Originalmaterial vorhanden ist, das man verbauen kann. Bei der Bauakademie kann man jedoch auf Abbruchmaterial des ehemaligen Gebäudes und auf einen Teil des Bauschmucks zurückgreifen und als Vorlage zum Erstellen von Kopien verwenden (Stichwort: „Kreislaufwirtschaft“).

Insoweit war die bereits vor knapp 180 Jahren entstandene Bauakademie sowohl ein Vorbildbau als auch ein Kunstwerk zugleich. Ferner würde durch den weitgehend originalen Wiederaufbau gezeigt, daß bereits Schinkel, die heute bzw. künftigen Anforderungen an das Bauen berücksichtige, und lehrreich für dessen Rekonstruktion wäre als exemplarisches Gebäude für eine klimagerechte Wende im Bauen. Unterstützt wird das ferner durch ein Umfrageergebnis des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Zwei Drittel der Befragten würden sowohl eine Rekonstruktion des Schinkelschen Gebäudes befürworten, als auch die Auffassung vertreten, dass dessen Rekonstruktion Bestandteil des Realisierungswettbewerbs sein muß. Der Koalitionsvertrag der den Berliner Senat tragenden Parteien sieht übrigens eine Rekonstruktion des Gebäudes der Bauakademie auf Basis des „Bauakademierekonstruktionsdoppelbeschlusses“ vor.

Aus dem Hause der Bundesstiftung Bauakademie heißt es jedoch, „dass sie sich nicht zur historischen Fassade zwingen lassen würde, und dass sie andere Prioritäten fordere“. Ferner deutet die BSBA die Wiedererrichtungsbeschlüsse insoweit um, dass es sich nicht um rekonstruierte Fassaden handele, sondern – wie es in der Zeitung „Die Welt“ vom 21. September dargestellt wird – um eine zeitgenössische Interpretation, „so wie Schinkel heute bauen würde“.

Übrigens: „Wie Schinkel heute bauen würde?“ Eine derartige Fragestellung ist leider nicht unüblich, geht aber an der Sache vorbei. Schinkel lebt seit über 180 Jahren nicht mehr; also kann man ihn nicht fragen, sondern nur sein Wirken als Künstler, Designer, Architekt, Denkmalpfleger und preußischem Beamten werten und mit Bewunderung sowie Demut würdigen. Aber warum wird der Bezug zur Gegenwart und Zukunft bei Schinkel gestellt? Es wird doch auch nicht unterstellt, daß Leonardo die

Mona Lisa anders malen und Beethoven die 9. Sinfonie z.B. als Zwölftonwerk oder atonal komponieren würde. Insoweit kann die Bauakademie nur nach seinen Vorgaben im Wege der Rekonstruktion wiedererstellt werden, zumal die Bauakademie Zukunft war, ist und bei den heutigen Anforderungen auch sein wird. Da stellt sich doch die Frage, aus welchem Grunde die Bundesstiftung Bauakademie die Bundestagsbeschlüsse, zur „Wiedererrichtung des Gebäudes der Bauakademie“, wie es auch im Bundeshaushalt verankert ist, nicht umsetzt. Auch kommen zwei Rechtsgutachten zu dem Ergebnis, dass die BSBA verpflichtet sei, die Rekonstruktion des Gebäudes der Schinkelschen Bauakademie durchzuführen. Auch die FAZ titelte bereits im Oktober vergangenen Jahres nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des „Thinktanks Wettbewerb“, daß die BSBA ihren  Auftrag mißverstanden hätte.

Das Arbeitsergebnis der seit über 3 Jahren bestehenden BSBA dürfte in bezug auf die Bauakademie relevanten Aktivitäten und Ergebnisse, zu denen auch im Rahmen einer Bauakademieausschreibung des Berliner Liegenschaftsfonds eine Baugenehmigung auf Basis einer Rekonstruktion gehört, mehr als dürftig angesehen werden. Daraus folgt die Frage, aus welchem Grund das Bauakademieprojekt der im Jahr 2019 gegründeten BSBA und nicht auf eine andere Institution übertragen wurde. So hat bereits im Jahr 2017 die Bundesstiftung Baukultur auf breiter Basis Bauakademieforen durchgeführt, die mit einer Machbarkeitsstudie abschlossen. Auf deren Basis sollte noch vor der Bundestagswahl im September 2017 der Realisierungswettbewerb ausgelobt werden.

In der WELT werden auch Dissonanzen im Betrieb der Bundesstiftung Bauakademie erwähnt. In Verbindung mit deren geringem Arbeitsergebnis, das auch den Bundestagsbeschlüssen zum „Wiederaufbau des Gebäudes der Bauakademie“ (Haushaltstitel) widerspricht, ist eine kritische Überprüfung der Tätigkeit der BSBA, gegebenenfalls auch mit Blick auf organisatorische und personelle Veränderungen, erforderlich. Berlin, den 29. September 2023

1) Architekten und Ingenieur-Verein zu Berlin-Brandenburg e.V.,

2) Allianz der Berliner Bürgervereine,

2.1) Berliner Historische Mitte e.V.,

2.2) Errichtungsstiftung Bauakademie,

2.3) Forum Stadtbild Berlin e.V.,

2.4) Gesellschaft Historisches Berlin e.V.,

2.5) Stadtbild Deutschland e.V., Ortsverband Berlin,

3) Baukammer Berlin,

4) Bildungsverein Bautechnik e.V.,

5) Fördergemeinschaft Bauwesen e.V. (Sofern Zustimmung bis zum 27.9 2023 mittags),

6) Herr RA. Jürgen Klemann (Senator a.D.),

7) Stiftung Mitte Berlin (Sofern Zustimmung bis zum 27.9 2023 mittags)