Gemeinsame Pressemitteilung der Allianz Berliner Bürgervereine

Berlin, 14. August 2024 – Anfang Juli wurden die Ergebnisse des Architekturwettbewerbs für die von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) zu errichtenden fünf Wohn- und Geschäftshäusern an der Breiten Straße im Bezirk Mitte veröffentlicht.

Dazu die Allianz baukulturell engagierter Berliner Bürgervereine*: Trotz Verbesserungen gegenüber anderen innerstädtischen Neubauprojekten sind die ausgewählten Entwürfe aufgrund ungenügender Vorgaben und der begradigenden Überbauung historischer Grundrisse eine weitere vertane Chance, ein Stück der zerstörten und fragmentierten historischen Mitte Berlins wiederzugewinnen. Am Molkenmarkt sollte man es daher besser machen.

Die begradigende Überbauung historischer Grundrisse und die Einteilung in gleich breite Parzellen führt zu einem sterilen Straßenbild

Die Mitte Berlins hat durch die grobe Überbauung historischer Stadtstrukturen viel von ihrer einstigen architektonischen Qualität und Kleinteiligkeit verloren. Eine sich bietende Gelegenheit, die ursprüngliche Parzellierung einer Straße im historischen Stadtkern wiederherzustellen, sollte daher genutzt werden. Die im Mittelalter angelegte Breite Straße hatte im Neubaubereich, zwischen Scharrenstraße und Neumannsgasse, ursprünglich neun statt der nun festgelegten fünf Parzellen. Sie wies an ihrer Westseite einen leicht gekrümmten, sich im Mittelteil aufweitenden Grundriss auf. Die Grundstücke waren früher unterschiedlich breit. Durch die Begradigung des Straßenverlaufs und die Festlegung von fünf gleich breiten Parzellen wird der abwechslungsreiche und lebendige Charakter nicht wiederhergestellt, den dieser Straßenabschnitt einst hatte. Dies kann auch durch den Versuch, die einzelnen Fassaden zu individualisieren, nicht wettgemacht werden.

Unzureichende und historisch nicht begründete Gestaltungsvorgaben führen zu unpassender Architektur

Die historischen Häuser in der Breiten Straße hatten berlintypische Putzfassaden und flache Schrägdächer. In den Wettbewerbsvorgaben wird ohne historische Grundlage Keramik als Fassadenmaterial zugelassen, was von drei der fünf Preisträger auch verwendet wird. Hierdurch und durch die für Berlin gänzlich untypische grünliche Farbe erhalten die Häuser einen für diesen Ort fremdartigen Charakter.

Leider erhält keines der Häuser ein berlintypisches, für die harmonische Gesamtwirkung wichtiges Schrägdach. Dies ist die Folge zu allgemein gehaltener Wettbewerbsvorgaben. Durch die Bemühung, ein Maximum an Geschossfläche zu erreichen, wirken die Sockelzonen teils eigenartig gestaucht (Los 3 und 5). Insbesondere bei Los 1 und 5 sind die Fenster der Obergeschosse deutlich zu groß in Relation zur Wandfläche, so dass der Eindruck von Skelettbauten entsteht. Dies ist gänzlich untypisch für die historische Straße, ebenso wie die Verwendung von Loggien und Bullaugenfenstern (Los 3). Insgesamt fehlt den Neubauten die baukünstlerische Individualität und die ausgeglichene Proportionierung der Vorgängerbauten. Den Verzicht auf die Rekonstruktion des Ermelerhauses halten wir für einen Fehler.

Die Allianz baukulturell engagierter Berliner Bürgervereine plädiert für eine Überarbeitung der Entwürfe und einen Wiederaufbau des Ermelerhauses als Leitfassade.

Welche Lehren lassen sich daraus für den Molkenmarkt ziehen?

Die Qualität der Architektur am Molkenmarkt wird entscheidend für die Ausstrahlung und den Erfolg des zukünftigen Quartiers sein. Hierzu gehört eine kleinteilige, variierende Parzellierung und die sorgfältige Berücksichtigung des historischen Stadtgrundrisses. Die Gestaltungsvorgaben sollten ausreichend detailliert sein und die Rekonstruktion von Leitbauten einschließen. Für die Fassaden und Dächer sollten traditionell verwendete Baumaterialien und Maße zur Anwendung kommen.

*Allianz baukulturell engagierter Berliner Bürgervereine:
Berliner Historische Mitte, Errichtungsstiftung Bauakademie, Forum Stadtbild Berlin, Gesellschaft Historisches Berlin, Planungsgruppe Stadtkern im Bürgerforum Berlin, Stadtbild Deutschland Ortsverband Berlin