Bis 2030 will der Berliner Senat etwa 90.000 Wohnungen errichten lassen, bis 2037 weitere 23.000. Ein aktueller Bericht legt die Planungen offen: Zwei Drittel des Wohnraums entsteht in den vier Bezirken Pankow, Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Spandau
Berliner Morgenpost vom 16.04.2022 - von Theresia Baldus

Seit Jahren herrscht Wohnungsnot in Berlin. Seit Jahren verspricht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit Neubauten dagegen vorzugehen. Jetzt hat sie einen Projektbericht vorgelegt, der detailliert aufzeigt, in welchen Bezirken in den nächsten 15 Jahren Wohnungen errichtet werden sollen. Der Bericht „Wohnungsneubau 2022“ führt auf vielen Seiten alle Neubauvorhaben mit mindestens 200 Wohneinheiten auf.

Es handelt sich um 196 sogenannte „Fokusprojekte“ zwischen 200 und mehreren Tausend Wohnungen. Sie sollen bis 2037 rund 113.000 neue Wohnungen bringen. 45.000 sind für 2026 avisiert, weitere 45.000 Wohnungen für 2027 bis 2030, die restlichen 23.000 für das Jahr 2037. Laut Bausenator Andreas Geisel sind diese Pläne mit dem in den Richtlinien der Regierungspolitik formulierten Neubauziel von 200.000 Wohnungen bis zum Jahr 2030 vereinbar. Denn zusätzlich sollen in diesem Zeitraum rund 110.000 Wohnungen in kleineren, nicht im Bericht erfassten Projekten realisiert werden. Das sind vor allem Dachaufstockungen, Nachverdichtungen und Schließungen von Baulücken.

Viel Neues in Pankow,aber auch Lichtenberg wächst

Der Bericht unterteilt in Projekte mit unter 500 Einheiten, bis zu 1000 Einheiten und mehr als 1000. Zwar entstehen nur 24 sehr große Projekte mit zum Teil weit mehr als 1000 Wohnungen. Das sind zwölf Prozent. Doch sie stehen für insgesamt 45.000 Wohnungen – was rund 40 Prozent der Wohnungen entspricht. Größtenteils handelt es sich dabei um Stadtquartiere. Diese 17 Quartiere unterscheiden sich von den anderen Vorhaben dadurch, dass es sich um große Flächen handelt, sehr viele Wohnungen entstehen, außerdem sind hier Infrastrukturanpassungen erforderlich.

Es werden Straßen gebaut oder verlegt, Straßenbahn- oder Tramlinien verlängert, Schulen, Kitas und weitere Einrichtungen entstehen. Die Projekte sind daher tendenziell langfristiger als andere angelegt. Ein Beispiel ist der „Blankenburger Süden“ im Norden von Pankow. Es ist eines der größten und komplexesten Stadtentwicklungsprojekte nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland. Zwischen Blankenburg und Heinersdorf sollen auf 150 Hektar bis zu 6000 Wohnungen entstehen, ferner Schulen, Kitas und Gewerbe. Die ersten Wohnungen werden laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung frühestens 2030 bezugsfertig sein.

In Pankow entsteht nicht nur eines der größten Neubauvorhaben in Berlin. Pankow ist auch der Stadtteil, in dem in den nächsten Jahren mit Abstand am meisten gebaut wird. Große Bauvorhaben sind etwa Karow-Süd, die Elisabeth-Aue, Am Sandhaus in Buch, das Pankower Tor sowie die Michelangelostraße. Insgesamt 27.000 Wohnungen sind im Bezirk geplant. Das ist knapp ein Viertel des Gesamtvolumens.

Überhaupt entsteht der Wohnraum vornehmlich im Osten der Stadt. Auf Platz zwei liegt Treptow-Köpenick mit rund 17.400 Wohnungen, auf Platz drei Lichtenberg mit etwa 16.600. Alleine in diesen drei Ost-Bezirken entstehen somit 61.000 Wohnungen. Das ist mehr als die Hälfte der Gesamtzahl von 113.000. Dass sich Treptow-Köpenick rasant entwickelt, liegt unter anderem an der Attraktivität mit viel Grün und viel Wasser. In den hochklassigen Lagen an Seen und Flüssen entstehen allerdings auch eher hochpreisige Wohnungen.

Die Mehrzahl der Häuser wird dennoch anderswo hochgezogen. So ist etwa die Bebauung des Dreiecks Späthfelde Nahe der Autobahn 113 geplant. Weitere große Einheiten mit mehr als 1000 Wohnungen sind außerdem das Areal Müller Erben am Segelfliegerdamm in der Nähe der Bundesstraße 96 a oder der Güterbahnhof Köpenick. Eine Ausnahme ist das Quartier Marienufer der Deutsche Wohnen. Es ist wassernah und dennoch bezahlbar. Am Ufer der Dahme entstehen in 64 Bauten 1176 Mietwohnungen sowie 40 Einheiten für betreutes Wohnen. Im Westen sieht es hingegen eher mager aus. Vor allem die besseren Lagen Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf bekommen wenig neue Wohnungen, je nur etwa 3000.

Für Charlottenburg-Wilmersdorf sind sechs Projekte aufgeführt, die Hälfte davon mit weniger als 500 Wohnungen, für Steglitz-Zehlendorf gerade einmal vier. Von den rund 3000 Wohnungen in Steglitz-Zehlendorf liegt der Bärenanteil beim von der Groth Gruppe geplanten Stadtquartier Neulichterfelde auf dem Gelände eines ehemaligen Truppenübungsplatzes mit 2500 Wohnungen, davon mehr als 400 Reihenhäuser.

Im Westen sticht lediglich Spandau mit einer erhöhten Neubauaktivität heraus. Rund 14.000 Wohnungen sollen dort entstehen. Darunter sind mehrere Stadtquartiere wie die Wasserstadt Oberhavel, das Neue Gartenfeld oder die Siemenststadt 2.0. Addiert man Spandau zu der Top-Drei, entstehen in diesen vier Bezirken zwei Drittel aller Neubauten.

In der City sind die Pläne ein wenig kleiner

Doch es gibt auch Bauvorhaben innerhalb des S-Bahn-Rings. In Mitte wächst die Europacity seit Jahren, die Fischerinsel und der Molkenmarkt werden bebaut, im Haus der Statistik soll Wohnraum entstehen, das Tacheles-Areal ist im Werden, der Alexander Tower und das Hines-Hochhaus ganz in der Nähe ebenso. In Kreuzberg sollen im früheren Postscheckamt Wohnungen entstehen, ebenso in der ehemaligen Bockbrauerei in der Fidicinstraße.

Friedrichshain wird ebenfalls neue Wohnungen bekommen. Das größte Vorhaben wird auf dem Gelände des ehemaligen Sport- und Erholungszentrums SEZ umgesetzt. Weitere Wohnhäuser entstehen in den Friedrichshain-Höfen in der Nähe des Frankfurter Tors, in der Gürtelstraße und der Krautstraße, ferner im Bereich Urban Spree in der Mühlen- und der Mariane-von-Rantzau-Straße.

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