Der Förderverein zeigt Hemmungen, sich von rechtslastigen Spendern abzugrenzen. Die Stiftung Humboldt-Forum fordert dagegen klare Distanz.
Von Nina Breher vom 16.07.2022

Wird die barocke Schlossfassade teilweise finanziert von Rechten und Antidemokraten? Das Humboldt-Forum steht seit Monaten in der Kritik, da unter den Spendern für die Stadtschloss Rechte, Rechtsextreme und Antidemokraten bekannt wurden. Der „Förderverein Berliner Schloss e.V.“, der Spenden für die Fassade des Stadtschlosses sammelt, weigert sich, sich von rechten oder rechtsextremen Spendern in seinen Reihen zu distanzieren – und stellt in Frage, was rechtsextrem eigentlich heiße.

Bisher blieb das weitgehend ohne Konsequenzen, nun kündigt das Humboldt Forum welche an: Man erwarte vom Förderverein, dass er sich „von extremistischen und demokratiefeindlichen Positionen distanziert“. Zuwendungen des Vereins will man künftig nur annehmen, wenn dieser dem Humboldt-Forum die Namen der Geldgeber nennt. Das sagte Humboldt-Forum-Sprecher Michael Mathis dem Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint – eine Kehrtwende, denn bisher hatte sich die Stiftung verhalten gegenüber dem Förderverein und möglichen Konsequenzen geäußert.

Dass von den vielen Spendern einige einen rechtsnationalen oder rechtsextremen Hintergrund haben, ist seit Oktober 2021 bekannt. Im Tagesspiegel veröffentlichte der Architekturhistoriker Philipp Oswalt Recherchen, denen zufolge ein Großspender, der 2016 verstorbene Jurist und Banker Ehrhardt Bödecker, zu Lebzeiten offen rechtsradikale Positionen vertreten und sich offen antisemitisch und antidemokratisch geäußert hatte. Unter anderem bestritt Bödecker faktenwidrig, dass es sechs Millionen Holocaust-Opfer gegeben habe. Im Zuge weiterer Medienrecherchen wurden weitere rechte Spender publik – etwa aus Kreisen der AfD und der rechtsnationalen Zeitung „Junge Freiheit“.

Zwar prüfte die Stiftung Humboldt-Forum den Fall Bödecker, und die ihm gewidmete Ehrentafel wurde – auch auf Wunsch der Erben – entfernt. Der private Förderverein distanziert sich aber bis heute nicht – im Gegenteil, wie ein Blick ins aktuelle Vereinsmagazin von Mai 2022 zeigt: „Wir bekennen uns ohne jede Einschränkung zu unseren Spendern“, schreibt Vereins-Geschäftsführer Wilhelm von Boddien. Auch Vorsitzender Richard Schröder erkennt offenbar kein Problem in Spenden Rechtsextremer; ohnehin: „Die Begriffe ,rechtslastig‘ und ‚rechtsextrem‘ sind viel zu schwammig für ein Ausschlusskriterium“, schreibt Schröder im Magazin.

Der Verein bedient sich in dem Magazin eines Vokabulars, das auch in der neurechten Szene populär ist. Dort geht es etwa um den „Schutz der Meinungsfreiheit“, man warnt vor „Gesinnungsüberprüfung“, kreidet „postkoloniale Selbstgefälligkeit“ an, spricht von „Kulturkampf“ und appelliert: „Schloss und Humboldt-Forum dürfen nicht zur Plattform totalitärer Ideologien werden“ und meint an dieser Stelle nicht die rechtsradikale Ideologie.

Das Humboldt-Forum kommentierte die Vorgänge um den umstrittenen Spendenverein bislang nur vorsichtig. Man sei mit dem Spendenverein „im Gespräch“ zu den umstrittenen Spenden, sagte der Generalintendant des Humboldt-Forums Hartmut Dorgerloh kurz nach Bekanntwerden der rechten Spender im November 2021 dem Tagesspiegel. Mehr Transparenz hinsichtlich der anonymen Spender wäre zwar „gewiss gut“, aber das habe letztlich Vereins-Geschäftsführer von Boddien zu entscheiden.

Für künftige Großprojekte sprach Dorgerloh sich damals für eine Transparenzklausel bei Großspenden aus, damit die öffentliche Hand über die Großspender informiert sei. Aktuell werden Spender der Schlossfassade nur benannt, wenn sie das möchten. Spendet jemand anonym, erfährt auch das Humboldt-Forum die Identität nicht.

Humboldt-Forum fordert Distanzierung von extremistischen und demokratiefeindlichen Positionen

Das soll sich nun ändern. „Wir werden künftig Spenden nur noch annehmen, wenn wir auch die Namen der Spender*innen durch den Förderverein erhalten und gewährleisten können, dass Spender*innen unseren grundlegenden Werten nicht widersprechen“, sagt Mathis. „Es genügt uns nicht mehr, dass der Förderverein diese Namen kennt.“ Abgesehen davon, dass man fortan die Namen der Spender genannt bekommen möchte, um auszuschließen, dass sie „unseren grundlegenden Werten nicht widersprechen“, erwarte man vom Förderverein, dass er sich „von extremistischen und demokratiefeindlichen Positionen distanziert“. Das schulde man auch den „vielen, zehntausenden demokratischen Spender*innen“, die ebenfalls an den Förderverein gespendet haben.

Vom Förderverein gibt man sich in der Stiftung enttäuscht. Bereits im Dezember habe man von ihm gefordert, „Verdachtsmomenten extremistischer Positionen“ ernsthaft nachzugehen und Transparenz zu schaffen. „Leider weigert sich der Förderverein bisher“, diesen Anforderungen nachzukommen. „Das bedauern wir sehr“, sagt Mathis.

Das Humboldt-Forum plant nun, die Regeln für Spenden zu überarbeiten – ausgehend vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sollen künftig Spenden von Menschen nicht angenommen werden, deren öffentlichen Äußerungen „gegen grundlegende soziale, ethische und ökologische Standards verstoßen“. Der Stiftungsrat diskutiere die neue Spendenrichtlinie.

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