Der Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin sagt: Wirtschaftsverkehr muss auch in der Stadt von morgen fließen. Eine verkehrsberuhigte Innenstadt ist ohne A100-Ausbau unrealistisch. Ein Gastbeitrag. 
Tagesspiebel vom 29.07.2022 von Jan Eder

Mit der Ankündigung des Bundesverkehrsministeriums, die Planungen für den Weiterbau der A100 vorantreiben zu wollen, ist die Autobahn wieder im Zentrum der politischen Debatte der Hauptstadt angekommen. Umwelt- und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) bezeichnete die Pläne als „ Verkehrspolitik von vorgestern“. Das klingt zunächst nachvollziehbar – schließlich ist die Reduktion des Autoverkehrs erklärtes Ziel der Berliner Politik und für das Erreichen der Berliner Klimaziele ein wichtiger Baustein .

Ist es also zeitgemäß, eine Autobahn durch Berlin zu bauen ? Wie so oft liegen die Gründe für die Antwort im Detail – und blickt man tiefer in den Sachverhalt hinein, stellt man fest: Ja, Verkehrswende und Autobahnbau in Berlin , das kann tatsächlich zusammenpassen. Wie ist das möglich?

Naturgemäß richtet sich der Blick einer Industrie- und Handelskammer bei der Frage leistungsfähiger Verkehrsachsen vor allem auf den Wirtschaftsverkehr. Vorab: Natürlich sind auch in dieser Frage nicht alle Unternehmen in Berlin einer Meinung.

Auch in der IHK-Vollversammlung, dem demokratisch gewählten Parlament der Berliner Wirtschaft, gibt es Stimmen pro und contra Weiterbau . Dass mehr Straßen auch mehr Straßenverkehr bewirken, ist dabei genauso ein Argument wie die Notwendigkeit von Straßenverkehr als Grundlage für sehr viele Geschäftsmodelle.
Im Alltag macht sich kaum jemand Gedanken darüber, wie all die notwendigen Dinge an ihren Platz kommen. Aber ohne Straßenverkehr gäbe es leere Regale, kaputte Gebäude, verwilderte Parks, keine Pakete, keine Rettungswagen und übervolle Mülltonnen. Halten wir also fest, dass der Wirtschaftsverkehr auch in der mobilen Stadt von morgen verlässlich fließen muss. Aber braucht es dafür eine Verlängerung der Autobahn bis zur Frankfurter Allee ? Und wie passt das mit der Verkehrswende zusammen?

Grundsätzlich gilt: Der Anschluss Lichtenbergs an die Stadtautobahn ist seit der Wiedervereinigung ein wichtiger Teil der Berliner Verkehrsentwicklungsplanung . Das bedeutet auch, dass alle Maßnahmen der letzten drei Jahrzehnte auf dieser Grundlage entschieden wurden.

Dazu gehören Straßenrückbauten im Zentrum, wie der schmale Abschnitt der Leipziger Straße, die Invalidenstraße oder der Molkenmarkt am Roten Rathaus. Und auch im aktuellen Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr ist das Autobahnstück wieder enthalten. Dieser wurde erst im vergangenen Jahr von allen Koalitionsparteien beschlossen.

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