Zwölf Sitzungen in zwölf Monaten hat sich die Kommission vorgenommen. Was die Mitglieder an Aufwandsentschädigung erhalten, ist unklar
Berliner Morgenpost vom 24.08.2022 - von Isabell Jürgens

Die vom Berliner Senat eingesetzte Expertenkommission, die binnen zwölf Monaten untersuchen soll, ob ein Enteignungsgesetz verfassungsgemäß wäre, erhält dafür insgesamt 800.000 Euro. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage von Florian Kluckert hervor, die der Berliner Morgenpost vorab vorliegt. Der FDP-Abgeordnete hatte von der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zudem wissen wollen, wofür genau das Geld vorgesehen ist.

Laut Staatssekretärin Ülker Radziwill (SPD) sollen die bereitgestellten Gelder für die regelmäßig anfallenden „Kosten zur Anmietung von Tagungsräumen (inklusive Verpflegung), die Erstattung von Reisekosten, die Unterbringung einiger Kommissionsmitglieder am Tagungsort Berlin sowie für Aufwandsentschädigungen“, für die 13 Mitglieder der Kommission eingesetzt werden . Weitere Kosten könnten etwa durch Vergabe von Gutachten sowie Beauftragung anderer Dienstleister, etwa von Übertragungstechnik für öffentliche Anhörungen, entstehen.

Zahlungen bewegen sich „im üblichen Rahmen“

Die Expertenkommission war am 29. April 2022 erstmals zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Seitdem hatte es vier weitere Sitzungen gegeben – zuletzt am Montag und Dienstag dieser Woche. Bis Ende April 2023 sind sieben weitere Sitzungen fest terminiert. Dann soll Klarheit darüber herrschen, ob und wie sich der Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen umsetzen lässt und eine entsprechende Empfehlung zum weiteren Vorgehen an den Senat abgeben. Der Senat muss danach eine Entscheidung darüber treffen.

Der FDP-Politiker wollte zudem wissen, wie hoch die Sitzungelder sind, die an die einzelnen Experten ausgezahlt werden. Doch diese Antwort bleibt die Staatssekretärin schuldig. Den Mitgliedern der Kommission werde für die Teilnahme an den Sitzungen, die in der Regel eineinhalb Tage dauern, eine Aufwandsentschädigung gezahlt, die sich „in einem für solche Zwecke üblichen Rahmen“ bewege, antwortete sie lediglich.

„Es hat den Anschein, dass der Berliner Senat die Frage nach der Höhe pro Person und Sitzung der Expertenkommission zur Umsetzung des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co. enteignen nicht genau beziffern möchte“, folgert Kluckert aus der knappen Antwort. Wer stets von Transparenz und der Einbeziehung der Öffentlichkeit spreche, müsse hier jedoch mit gutem Beispiel vorangehen. „Wir fordern Rot-Grün-Rot auf, die Aufwandsentschädigung für alle Kommissionsmitglieder offenzulegen, da hierfür Steuergelder genutzt werden“, so der Liberale.

Die Expertenkommission ist nach Auffassung der FDP ohnehin eine Fehlkonstruktion, die eine „jahrelange Belastung des Berliner Wohnungsmarkts mit sich bringen“ wird. „ Berlin bräuchte dringend ein sofortiges Ende der linken Enteignungsfantasien und an deren Stelle ein ambitioniertes Wohnungsbauprogramm, das den Wohnungsmarkt nachhaltig entlastet. Mit Klassenkampf und Spaltung muss endlich Schluss sein“, sagt Kluckert.

Aus ganz anderen Gründen hat auch der Verein Mehr Demokratie die Expertenkommission zu mehr Transparenz gedrängt. Entsprechende Senatsbeschlüsse würden nicht umgesetzt, teilte der Verein vor der Sitzung der Expertenkommission am Montag mit. Eine tiefere öffentliche Debatte über die Umsetzung des Volksentscheids solle offenbar vermieden werden. Arbeitsplan, Tagesordnungen, Anhörungen, Gutachten, freigegebene Sitzungsprotokolle und Zwischenberichte seien seit April nicht veröffentlicht worden .

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