Morgenpost vom 13.10.2022 von Isabell Jürgens
Wilhelm von Boddien hat ein Buch über das „Abenteuer Berliner Schloss “ geschrieben. Darin rechnet er auch mit Widersachern ab.

Wilhelm von Boddien hat den Clubraum des Bistros Lebenswelten im Berliner Schloss /Humboldt Forum gewählt, um sein druckfrisches Buch zu präsentieren. „Abenteuer Berliner Schloss – Erinnerungen eines Idealisten“ ist das Werk betitelt, das der Geschäftsführer des Fördervereins Berliner Schloss am Donnerstag vorstellte. Schon der Schutzumschlag des Hardcovers lässt keinen Zweifel daran, dass sich die Gewitterwolken über dem umstrittensten Bauvorhaben der Nachwendezeit noch nicht verzogen haben: Blitze zucken über den düsteren Berliner Himmel, aus dem sich die Fassade des hell angestrahlten Schlosses erhebt.

Wilhelm von Boddien, der nach einem Schlaganfall im vergangenen Jahr am Stock geht, hatte vor 30 Jahren den Förderverein Berliner Schloss e. V. gegründet und wurde später dessen hauptamtlicher Geschäftsführer. 1993 gelang es ihm, mit der Errichtung einer Fassaden-Simulation auf dem Schlossplatz in Berlin -Mitte im Maßstab 1:1 Bürger und vor allem eine Mehrheit im Bundestag davon zu überzeugen, dass das 1950 von der DDR-Regierung gesprengte Schloss unbedingt wieder aufgebaut werden muss.

Die Bereitschaft, Politikern lästig zu fallen, zeichnet den Schlossfreund aus

Wie dem mittlerweile 80-Jährigen das gelang, wie viel Beharrlichkeit und vor allem die Bereitschaft, den Entscheidungsträgern in Politik und Gesellschaft „lästig zu fallen“, dafür nötig war, liest sich durchaus amüsant. Etwa, wenn er sich mit Hilfe von Hanna-Renate Laurien, der früheren Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, 1993 in die vorderen Reihen des CDU-Bundesparteitages im Berliner ICC schleusen ließ und auf ihr Anraten hin den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl so lange unverwandt anstarrte, bis dieser ihn schließlich an das Podium winkte und fragte, was er wolle.

Eine Taktik, die Boddien in den folgenden Jahren noch verfeinerte. Was dazu führte, dass der Historiker, Museologe, Publizist und Politiker Christoph Stölzl, der auch mal Berliner Wissenschaftssenator war, dem Publikum bei einer Schlossausstellung in Hannover riet: „Boddien ist wie ein Terrier und beißt sich in ihrer Wade fest. Geben Sie ihm, was er haben möchte, sonst werden Sie ihn nicht mehr los!“

Unter den geladenen Gästen der Buchvorstellung finden sich vor allem frühere Wegbegleiter – und natürlich auch einige der rund 50.000 Spender deren insgesamt 105 Millionen Euro die Rekonstruktion der barocken Schlossfassade nebst Kuppel und Portalen erst ermöglicht haben. Auffällig ist dagegen das Fehlen der Akteure, die nach der Fertigstellung des Bauvorhabens nun das Zepter im Schloss, beziehungsweise Humboldt Forum, übernommen haben.

Neue Schlossführung fehlt bei der Buchvorstellung

Sowohl Hartmut Dorgerloh, seit 2018 Generalintendant des Humboldt Forums, als auch Hans-Dieter Hegner, seit 2016 Vorstand für den Baubereich der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss , sind nicht dabei – und auch nicht ihre Vertreter. Deutliches Zeichen für die Unstimmigkeiten, die zwischen dem unermüdlichen Spendensammler und den heutigen Hausherren immer noch herrschen.

Boddien kränkt bis heute, auch das wird in seinem Buch deutlich, dass in dem heftig geführten Streit um das goldene Kuppelkreuz und die – historisch originalgetreue – christliche Inschrift die Hausleitung den Kritikern nicht entschiedener und deutlicher entgegengetreten ist.

Die neuen Schlossherren wiederum verübelten ihm, dass er, als der Vorwurf aufkam, er habe Spenden von Spendern aus dem politisch rechten Spektrum angenommen, nicht bereit war, offenzulegen, wer die Spender waren. Boddien hatte dies mir Verweis auf den Datenschutz abgelehnt.

Ärger um Spenden und christliche Symbole

Dass unter den veröffentlichten Spendern einige ein AfD-Parteibuch haben, hat Boddien stets verteidigt: Es stehe ihm nicht zu, die Gesinnung von 50.000 Spendern zu überprüfen. Inzwischen aber, verriet Boddien am Donnerstag, sei man auf dem Wege der Annäherung. So habe es beim Berliner Anwalt Peter Raue, der als Mediator fungiert habe, ein Gespräch gegeben, an dem auch Generalintendant Dorgerloh teilgenommen habe. Zudem habe er Raue, der als Anwalt zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, auch eine Liste mit den Namen der 114 Spender übergeben, die mehr als 100.000 Euro gespendet haben.

Das Ergebnis: „Von 107 dieser Spender waren die Namen ohnehin bekannt, weil sie auf den Sendertafeln veröffentlicht sind“, so Boddien. Bei den sieben, die namentlich nicht genannt werden wollten, habe Raue festgestellt, „dass sie nicht zu den rechten Ultras gehören“. Es bleibe aber dabei: „Wenn Spender ihren Namen nicht veröffentlicht sehen wollen, sind wir verpflichtet, das zu respektieren.“

Diese Konflikte, die vor allem die letzten Jahre überschatteten, in denen das Schloss baulich bereits fertiggestellt war, will Wilhelm von Boddien aber nicht überbewertet wissen – im Buch nehmen sie auch nur wenige Seiten ein. „Es ist ein heiteres Buch, schließlich war und bin ich ein Idealist“, versichert er unter Verweis auf den Titel. Und den Streit mit Hartmut Dorgerloh, der übrigens im Urlaub sei, solle man doch bitte nicht überbewerten: „Ich gehe davon aus, das wir Frieden schließen, denn der Streit bringt doch nichts“, gibt sich der Schlossförderer, der immer noch unermüdlich um Einsatz ist, um Spenden für weiteren Figurenschmuck am Gebäude einzuwerben, versöhnlich.

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