Bettina Jarasch hält an Fußgängerzone fest. Autoverkehr könnte nur vorübergehend zurückkehren
Morgenpost vom 06.11.2022

Die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hat weitere Pläne für Berlins historische Mitte – und damit für das Gebiet um die Friedrichstraße – angekündigt. Im Interview mit der Berliner Morgenpost sagte Jarasch: „Weitere Umgestaltungen stehen hier noch an.“ Auch den Bereich Unter den Linden möchte die Senatorin einbeziehen. Die Fahrbahnmarkierungen Unter den Linden würden gerade stark verändert, um den Raum „gerechter“ aufzuteilen, so Jarasch. „Das ist Teil des großen Plans für die historische Mitte .“

Schon in der vorigen Legislatur sei verabredet worden, die gesamte historische Mitte unter dem Aspekt der Fußgängerfreundlichkeit umzubauen. „Es muss nicht alles Fußgängerzone werden, aber alles fußgängerfreundlich“, erklärte die Verkehrssenatorin . Berlin brauche hierbei aber auch Gestaltungsspielraum, betonte sie und nannte in diesem Zusammenhang als eines der größten Hindernisse für eine Mobilitätswende „die Straßenverkehrsordnung, die nach wie vor auf das Fließen des Autoverkehrs ausgerichtet ist“. Hier hält die Grünen-Politikerin Änderungen für nötig.

Jarasch äußerte sich auch dazu, wie es mit der Friedrichstraße weitergehen soll , nachdem das Verwaltungsgericht in Berlin die Aufhebung der Sperre für den Autoverkehr angeordnet hat. Ihr Ziel sei, einen attraktiven Standort mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen und eine Verkehrslösung für den betroffenen Bereich, der alle sicher zum Ziel kommen lasse. Dies sei ein komplexes Gesamtpaket, daher gehe hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit. „ Von diesem Ziel werde ich auch abhängig machen, ob es sinnvoll ist, gegen das Urteil Beschwerde einzulegen “, sagte die Verkehrssenatorin . Sie kündigte eine Entscheidung für Montag an. Aus ihrer Sicht gehe es lediglich um die Frage, ob man bis zur endgültigen Umwidmung der Friedrichstraße zur Fußgängerzone zwischenzeitlich dort wieder Autos zulassen müsse. Daran, dass die Friedrichstraße Fußgängerzone werden solle, halte sie „auf jeden Fall“ fest.

Ihre Verwaltung habe den Auftrag, einen Stadtumbau im Zeichen des Klimawandels und der Verkehrswende zu planen und umzusetzen, sagte die Senatorin weiter. Für den Bereich der Stadtmitte will Jarasch ein „stimmiges Bild“ erreichen – mehr Raum für Fußgänger, weniger Autos. „Wir werden jetzt für eine kluge Verkehrsführung rund um die Friedrichstraße sorgen und dann die gesamte historische Mitte in den Blick nehmen“, sagte sie. Mit Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt sei verabredet, dass das Gebiet – vom Marx-Engels-Forum über den Molkenmarkt , Leipziger Straße, Spittelmarkt , Gendarmenmarkt und Friedrichstraße – als Ganzes zu betrachten sei.

Dort liefen bereits Maßnahmen zur „Aufwertung der Stadträume“ – und diese sollten künftig möglichst miteinander verbunden und verbessert werden. „Wir werden dabei aber nicht alles noch einmal auf Anfang stellen. Sonst würde dort nämlich die nächsten 20 Jahre nichts mehr passieren“, sagte die Verkehrspolitikerin . Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichtes, das die Sperrung der Friedrichstraße zuletzt für rechtswidrig erklärte, galt als Rückschlag für Jarasch. Der Verkehrsversuch der autofreien Friedrichstraße in Mitte steht wie kaum ein anderes Thema für die von Jarasch angestrebte Verkehrsberuhigung der historischen Mitte Berlins .

Zufrieden zeigte sich die Senatorin der rot-grün-roten Regierungskoalition indes mit dem Nachtragshaushalt, den der Senat jetzt mit 2,6 Milliarden Euro vorgelegt hat. Dieser sei kein Wahlkampfhaushalt, so Jarasch. „Darauf bin ich stolz“. Der Haushalt konzentriere sich auf die Entlastungen für die Berliner . In den kommenden Tagen soll der Nachtragsetat zur Finanzierung von Energie-Hilfspaketen beraten und beschlossen werden. Für den Berliner CDU-Fraktionschef Kai Wegner ist das Zahlenwerk allerdings noch ein Buch mit sieben Siegeln. Vor den parlamentarischen Beratungen im Abgeordnetenhaus forderte er Änderungen. Der Etat sei geprägt von falschen Prioritätssetzungen, sagte Wegner.

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