Als erste Berliner Partei stellte die Union am Freitag ihre Kampagne für die Wahlwiederholung vor. Die CDU wittert die Chance auf einen Regierungswechsel. Kai Wegner, Vorsitzender der Berliner CDU, will Regierender Bürgermeister werden.
Berliner Zeitung vom 18.11.2022 von Annette Riedl/dpa

Die Berliner CDU will nichts unversucht lassen, um die Chance der Wahlwiederholung im Februar für sich zu nutzen. Als erste Partei stellte sie am Freitag ihre Kampagne vor. Und auch da wollen die Konservativen klare Kante zeigen. „Wir werden einen Klartext-Wahlkampf führen“, sagte der Spitzenkandidat und Landesvorsitzende Kai Wegner am Freitag.

Die Plakate, die der dabei vorstellte, unterstreichen das. Türkiser Hintergrund, die Schrift in schwarz und weiß. Die Botschaft ist dabei klar: „Berlin feiern – Senat feuern“. So steht es auf einem Plakat, das man gerne vor den Clubs und in Kreuzberg plakatieren möchte. Auch die anderen Motive haben deutliche Botschaften: „Wer Hilfe braucht, wählt 110. Wer der Polizei helfen will, wählt CDU“ oder auch einfach: „Berlin, Deine Grundsteuer muss runter.“

Rund eine Million Euro investiert die Partei in den 90-tägigen Wahlkampf, für den die CDU die Parole „ Berlin , wähl Dich neu“ geben will. „Genau darum geht es in den nächsten Wochen“, sagte Wegner am Freitag. „ Berlin hat eine echte Chance für Neuanfang.“ Spätestens seit Mittwoch, dem Tag des Neuwahl-Urteils, wisse jeder, dass es so wie es ist, nicht bleiben darf.

Wegner mokierte sich dabei auch über die Regierungserklärung der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) vom Vortag: „Drei bis vier Minuten ging es um das Wahlchaos, die restlichen 50 bis 55 Minuten dann hieß es, in Berlin ist doch alles prima.“ Bei der CDU ist man logischerweise anderer Meinung, vermeidet aber jegliche Töne, die als Berlin -Bashing ausgelegt werden können. „Wer Berlin wirklich liebt, kann nicht zufrieden sein, wie es derzeit regiert wird“, so Wegner. Die CDU sei der Garant, dass sich nun wirklich was ändert. Berlin habe mehr Entwicklungschancen als jede europäische Stadt. „Doch während andere Städte planen, reden wir darüber, wie wir Verantwortung hin- und herschieben“, so Wegner.

Um das zu ändern, sollen nach der Wahl die Verantwortlichkeiten zwischen Bezirken und Senat endlich neu geregelt werden. Für eine derartige Verfassungsänderung habe man schon mal einen Konsens aller Parteien gehabt, hieß es am Freitag. Doch nach der Wahl hätten die Regierungsfraktionen kein Interesse mehr gezeigt. Zweites großes Thema neben der organisierten Verantwortungslosigkeit soll die Frage werden, wie Berlin durch den Winter kommt. Zwar seien mit dem Nachtragshaushalt große Summen bewegt worden, „aber wer fühlt sich eigentlich sicherer?“, fragte Wegner.

Die Sicherheit bleibt eines der Lieblingsthemen der Union. „In jeder Minute findet in dieser Stadt ein Verbrechen statt“, so Wegner. Gleichzeitig habe die Stadt die geringste Aufklärungsquote. Die Polizei müsse bekommen, was sie für ihre Arbeit braucht. Das wichtigste sei aber Vertrauen in ihre Arbeit.

In der Verkehrspolitik habe der Senat nur Stückwerk zustande gebracht, wie etwa die Straßensperrung in der Friedrichstraße, über die man sich noch nicht mal einig sei. „Autos gehören für uns zu einem mobilen Berlin “, beruhigte Wegner. Es solle keinen Zwang zum Umsteigen auf Fahrrad oder öffentlichen Nahverkehr geben, wohl aber ein Angebot.

Auch bei Wissenschaft und Bildung sieht die CDU eine Menge Luft nach oben. Es gebe zu wenig Kitas und Schulplätze in Berlin und nicht genug qualifizierte Lehrer. „Aber dass so viel Geld ausgegeben werde, sei im Prinzip richtig, so Wegner. „Aber man muss sich doch mal auf das Wesentliche konzentrieren.“ Dazu gehören für ihn bessere Leistungen in beim Lesen, Schreiben und Rechnen.

Von der Bundespartei fühlt sich Wegner zumindest offiziell gut unterstützt. Von dort kam der schnell verworfene Vorschlag, auf Jens Spahn als Spitzenkandidaten zu setzen und vor allem die Parole, jetzt müsse die CDU die ganze Stadt erobern. Das sei nicht seine Rhetorik, sagte Wegner der Berliner Zeitung. „Die Bundespartei weiß manchmal nicht so genau, wie Berlin funktioniert.“ Er habe das gemerkt, als die Fraktion sich kürzlich für besseren Mieterschutz ausgesprochen habe. Da habe es Kritik gegeben. „Das ist mir aber egal“, sagte Wegner am Freitag. „Mir geht es ausschließlich um Berlin.“ Verstanden fühlt er sich dabei offenbar von den Länderchefs. So hätten sich die Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Daniel Günther und Hendrik Wüst, zur Wahlkampfunterstützung angesagt. „Auch Markus Söder wird kommen“, sagte Wegner der Berliner Zeitung. Der Wahlkampf wird kurz, aber heftig werden.

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