Historische Rekonstruktion oder nicht? Architekten äußern sich zu Bauakademie -Plänen
Berliner Zeitung vom 28.11.2022 von Ulrich Paul

Vor dem anstehenden Wettbewerb zum Wiederaufbau der Bauakademie am Schinkelplatz in Mitte haben sich die Berliner Architektenkammer und der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) gegen eine Vorfestlegung auf eine historische Rekonstruktion des Gebäudes ausgesprochen.

Der BDA forderte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf, „einen echten zukunftsoffenen Realisierungswettbewerb im Sinne Karl Friedrich Schinkels zur Wiedererrichtung der Bauakademie zuzulassen und sich als oberste Bauherrin der Stadt vorbildhaft und ohne Einschränkungen für eine angemessene Verfahrens- und Planungskultur einzusetzen“. Die Architektenkammer äußerte sich ähnlich. „Ausdruck und Gestalt des Bauwerks sollte den fachlich qualifizierten Teilnehmenden innerhalb eines schöpferischen Rahmens des Wettbewerbs freigestellt werden“, fordert sie.

Hintergrund: Nachdem der Bundestags-Haushaltsausschuss 2016 beschlossen hat, die Bauakademie wiederaufzubauen, laufen derzeit die Vorbereitungen für den Architektenwettbewerb. Wird im Wettbewerb die Rekonstruktion nach historischem Vorbild verlangt, hätten alle anderen Entwürfe keine Chance.

Die Bauakademie war 1832 bis 1836 nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel errichtet worden. Das Gebäude gilt als frühes Zeugnis der architektonischen Moderne. Nachdem das Haus im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt war, wurde es 1962 abgerissen.

Die vom Bund gegründete Bundesstiftung Bauakademie soll das Gebäude auf dem alten Grundstück neu errichten und „als offene Wissens- und Dialogplattform“ unterhalten, wie es offiziell heißt. Zur Vorbereitung des Wettbewerbs hat die Bundesstiftung ein Expertengremium, neudeutsch „Thinktank“, einberufen. Das Problem: Den Mitgliedern des Thinktanks wurde im September durch den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbauministerium, Sören Bartol (SPD), mitgeteilt, dass Berlin eine Gestaltungsverordnung zur Wiedererrichtung der Bauakademie plane. Auf die Vorschläge des Thinktanks wäre es danach nicht mehr angekommen. Bartol versicherte, er könne nachvollziehen, dass die Ankündigung „Irritationen ausgelöst“ habe. Bund und Bundesstiftung sprächen sich aber „derzeit nicht für oder gegen eine historische Rekonstruktion aus“.

Guido Spars, Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie , versicherte kurz darauf: „Die Bundesstiftung Bauakademie ist als Bauherrin und Nutzerin der Bauakademie einer ganzheitlichen, nachhaltigen Planung und Bauweise verpflichtet.“ Im Sinne Schinkels werde „diese Zukunftsgewandtheit am neuen Gebäude der Bauakademie auch ablesbar sein“.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hält derweil an der Wiederherstellung der historischen Fassade fest. Die Bauakademie sei „wesentlicher Teil des von Karl Friedrich Schinkel maßgeblich mitgestalteten einzigartigen Ensembles im historischen Zentrum von Berlin “, so Martin Pallgen, Sprecher der Behörde. „Am Standort der Bauakademie wollen wir einen Bau, der nachhaltig und klimagerecht errichtet wird und zugleich die baukulturellen Werte von Karl Friedrich Schinkel verkörpert und Bezug nimmt zur historischen Umgebung. Deswegen unterstützen wir die Wiederherstellung der historischen Fassade.“ Die Frage, ob die Gestaltungsverordnung zur Rekonstruktion der Bauakademie kommen soll, beantwortete er ausweichend. Der Entwurf für die Verordnung spiegele „nicht mehr den aktuellen Stand der Diskussion wider“.

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