Die Berliner Architektenschaft ringt um die Entwicklung der Stadtquartiere. Dabei holt sie sich Expertise von einer Professorin aus Österreich.
Tagesspiegel vom 23.03.2023 von Teresa Roelcke

Um die Berliner Wohnungsnot zu bekämpfen , wird an vielen Stellen an- und hinzugebaut. Es sind aber auch 17 komplett neue Stadtquartiere in Planung . Drängend ist also die Frage: Wie entwickelt man diese Quartiere so, dass sie auch funktionieren? Dass sie belebt und beliebt sein werden? Welche Verfahrensschritte, welche städtebaulichen „Instrumente“ muss man dafür in der Planung verwenden?

Beim zweiten „Stadtgespräch“ des Bund deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) am Dienstagabend befragte die Berliner Architektenschaft die Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt zu ihren Ansätzen, holte sich Anregungen von der Wiener Städtebauprofessorin Ute Schneider über die auf der „grünen Wiese“ in Wien errichtete Seestadt Aspern und steuerte selbst unterschiedlichste Hinweise bei, was in der Quartiersentwicklung künftig mehr Berücksichtigung finden müsse: Von „Mehr private Bauherren , bitte!“ zu „Mehr Demokratie“ ; von der sozialgerechten Stadt zur klimagerechten Stadt und das Aufforsten als Leitbild für die künftige Stadtentwicklung war alles dabei.

neue Stadtquartiere warten in Berlin darauf, gebaut zu werden

Kahlfeldt stellte das Ulap-Quartier direkt neben dem Hauptbahnhof vor, außerdem den Georg-Knorr-Park, der in Marzahn auf einem ehemaligen Industrieareal entstehen soll. In beiden Fällen habe man sich städtebaulicher Gutachterverfahren bedient, sagt Kahlfeldt. Für den Knorr-Park wurde dabei wegen seiner „prägnanten Großform“ ein Entwurf des Stararchitekten David Chipperfield ausgewählt. Für die Architektur- und Freiraumplanung soll außerdem ein Gestaltungshandbuch entwickelt werden.

Die Vielfalt der Stadt fördern

Die Städtebauprofessorin Schneider, die selbst als Planerin in vielen internationalen Projekten mitgearbeitet hat, kritisierte hingegen das „Denken in Inseln“. Der Knorr-Park sei „architektonisch getriebener Städtebau, nicht Städtebau, wie ich ihn verstehe, indem ich Strukturen entwickele, die wachsen können.“

Konkret heißt das: Als Aufgabe für den Städtebau sieht sie ganz wesentlich, die Stadt übergreifend und in ihren Zusammenhängen zu denken: „Wo können wir Klimakorridore planen? Wie sind die Freiräume miteinander verzahnt?“

Verglichen mit anderen Metropolen zeichne sich Berlin vor allem durch seine Vielfalt aus: „ Berlin ist aus verschiedenen Städten entstanden. Diese Vielfalt ist eine irrsinnige Qualität, die gilt es auch in der Zukunft auszuspielen.“ Allerdings habe sie die Sorge, dass diese Vielfalt aufgrund von Verdrängungsprozessen leiden könne.

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