Ein Blick auf die Ziele von CDU und SPD in der Stadtentwicklung zeigt, was sich ändern soll. Eine Kampfansage kommt zur Gestaltung der Mitte Berlins .
Berliner Zeitung vom 04.04.2023

Um den Wohnungsneubau in Berlin voranzutreiben, setzen CDU und SPD auf ein „Schneller- Bauen -Gesetz“. Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt und Fristen verkürzt werden. Bei den Neubauzielen stecken CDU und SPD gegenüber der Koalitionsvereinbarung von Rot-Grün-Rot aber etwas zurück.

Während die bisherige Koalition 20.000 Wohnungen jährlich bauen wollte, darunter 5000 Sozialwohnungen, „bekennen“ sich CDU und SPD nur zum Bau von „durchschnittlich bis zu 20.000 neuen Wohnungen pro Jahr“, davon „bis zu 5000 Sozialwohnungen“. Angesichts der „schwierigen und krisenhaften Rahmenbedingungen in der Bauwirtschaft “ werde das Ziel „in der verbleibenden Legislaturperiode nicht sofort erreichbar sein“, heißt es zur Erklärung.

Abstriche machen CDU und SPD auch bei der Zahl der Wohnungen, die die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften errichten sollen. Während bisher 35.000 Wohnungen in fünf Jahren entstehen sollten, also 7000 Wohnungen pro Jahr, rechnen CDU und SPD nur noch mit 6500 Wohnungen pro Jahr.

Die Entwicklung der neuen Stadtquartiere, beispielsweise auf dem ehemaligen Güterbahnhof Köpenick und auf den Buckower Feldern, wollen CDU und SPD ebenfalls beschleunigen. Dabei werden die Elisabethaue in Pankow und das von Kleingärten geprägte Späthsfelde in Treptow-Köpenick bereits in der Liste der neuen Stadtquartiere aufgeführt. Unter der rot-grün-roten Koalition sollten für die beiden Gebiete lediglich die Wohnungsbaupotenziale „ausgelotet“ werden.

Ein ähnliches Vokabular findet sich jetzt beim Tempelhofer Feld. Hier wollen CDU und SPD „die Möglichkeiten einer behutsamen Randbebauung“ ausloten. „Maßgeblich“ sei in dieser Frage aber „die Neubewertung durch die Berlinerinnen und Berliner “, heißt es. Die Bürger hatten sich beim Volksentscheid 2014 gegen jegliche Bebauung ausgesprochen.

Vergesellschaftungsrahmengesetz mit großzügiger Frist Sollte die noch vom alten Senat eingesetzte Expertenkommission zur Auffassung kommen, dass eine Vergesellschaftung von Wohnungen zulässig ist wie beim Volksentscheid 2021 gefordert, wollen CDU und SPD ein Vergesellschaftungsrahmengesetz verabschieden. Darin sollen unter anderem die Kriterien für eine Vergesellschaftung sowie Grundsätze einer angemessenen Entschädigung definiert werden. Überraschend heißt es jedoch: „Das Gesetz tritt zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft.“ Es bliebe also genug Zeit für die Unternehmen, ihre Bestände zu verkaufen.

Um den Mieterschutz zu stärken, strebt die Koalition „die Einrichtung einer Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse an“. Wie diese aussehen soll, da es sich bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse um zivilrechtliche Ansprüche handelt, gegen die jeder Mieter einzeln vorgehen muss, geht aus der Koalitionsvereinbarung nicht hervor. Außerdem wollen CDU und SPD erreichen, dass sich Berlin im Bundesrat für mehr Mieterschutz einsetzt. Zum Beispiel für eine „verbesserte Durchsetzbarkeit“ der Mietpreisbremse und eine Sanktionierung von Verstößen, für eine Kappungsgrenze bei Indexmietverträgen und Verbesserungen beim Kündigungsschutz. Ähnlich wie Rot-Grün-Rot plant Schwarz-Rot ein Mieten- und Wohnungskataster.

Was viele Bewohner von Sozialwohnungen interessieren dürfte, die inzwischen mehr Geld verdienen, als beim Bezug der Wohnung erlaubt war: CDU und SPD wollen „ein Konzept entwickeln, um den sozial- und stadtentwicklungspolitisch problematischen Fehlbelegungen im sozialen Wohnungsbau entgegenzuwirken“. Wie das Konzept aussehen könnte, ist noch offen. Im Wahlkampf hatte die CDU für die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe plädiert.

Bauakademie soll mit historischen Fassaden aufgebaut werden Im Blick auf die geplante Wiedererrichtung der Schinkelschen Bauakademie enthält die Koalitionsvereinbarung eine Kampfansage an den Bund. Während die Bundesstiftung Bauakademie , die den Neubau errichten soll, die Frage der äußeren Gestaltung beim anstehenden Architektenwettbewerb offen lassen will, drängen CDU und SPD darauf, eine Rekonstruktion der historischen Fassade vorzuschreiben.

„Die Wiedererrichtung der historischen Fassade der Bauakademie ist durch ein geeignetes Verfahren sicherzustellen“, heißt es in der Koalitionsvereinbarung. „Falls dies nicht durch eine entsprechende mit dem Bund und der Stiftung Bauakademie abgestimmte Ausgestaltung des Wettbewerbstextes für den Gestaltungswettbewerb gelingt, wird der Senat hierzu eine Gestaltungsverordnung erlassen.“ Im Klartext: Fügt sich der Bund nicht freiwillig, wird er gezwungen.

Im geplanten neuen Stadtquartier am Molkenmarkt „streben“ CDU und SPD „die Errichtung von bezahlbarem Wohnraum, eine nachhaltige und gute Architektur, kleinteilige Strukturen und eine vielfältige Nutzung an“. Die Ziele sollen mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen „und gemeinwohlorientierten Bauherren “ realisiert werden. Neben den städtischen Unternehmen wollen CDU und SPD damit nun auch andere Akteure berücksichtigen - wenngleich sich der Kreis auf gemeinwohlorientierte Bauherren beschränken soll.

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