The Pionieer vom 06.04.2023 von Stefan Lischka und Alexander Wiedmann

Die jüngsten Insolvenzen von Galeria Karstadt Kaufhof und Peek & Cloppenburg lassen die Ängste über eine Verödung der Innenstädte neu aufleben. Doch die Revitalisierung der City ist möglich – wenn der Mensch im Mittelpunkt steht.

Im optisch eher reizarmen Stadtbild Wolfsburgs rund um den Hauptbahnhof sticht die Markthalle ins Auge. Ein Haus mit orange-weiß gemusterter Fassade, rund 13 Meter hoch. Auf den über 2500 Quadratmetern Fläche herrscht reger Betrieb.

Freiberufler arbeiten dort in einem Coworking-Space mit 30 Arbeitsplätzen, inklusive schalldichter Telefonbox, Filmraum und Podcaststudio, bunt eingerichtet mit Möbeln von lokalen Herstellern. Ältere Menschen lassen sich in Workshops die Bedienung von Smartphones erklären. Tüftler finden im Repair-Café Werkzeuge, um kaputte Geräte zu reparieren. Die Softwareschule 42 Wolfsburg bildet jedes Jahr 300 junge Menschen zu professionellen Programmierern aus. Auch ein Jugendtreff ist gut besucht.

Das Konzept scheint aufzugehen, das Haus und die direkte Umgebung sind belebt. Der offizielle Name Markthalle - Raum für digitale Ideen ist Wolfsburgs Antwort auf eine der größten Fragen der Zeit:

Wie können Bürgermeister und Stadtentwickler ihre Innenstädte revitalisieren? Wolfsburg hat den Bürger wieder in den Mittelpunkt gestellt.

Die Markthalle in Wolfsburg zeigt, wie man Städte beleben kann.  © Stefan Lischka I Privat

Viele Städte in Deutschland stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Der Onlinehandel boomt, die City als Einkaufstreffpunkt verliert an Attraktivität. Einstige Anziehungsmagnete wie das Warenhaus haben sich als Konzept überlebt. Selbst Modehäuser motivieren immer weniger zum Shoppingbummel. Experten fordern daher eine Neubewertung des Zentrums: Die Einkaufsstadt muss zur Erlebnisstadt umgebaut werden. Das Motto: Lebendige Oasen statt Konsumtempel – erst der Mensch, dann der Beton.

The Pionieer im Internet: www.thepioneer.de