Bauakademie, Molkenmarkt, Neptunbrunnen: Die Aussagen im Koalitionsvertrag stoßen auf unterschiedliche Reaktionen
Berliner Zeitung vom 11.04.2023 von Ulrich Paul

Bei der Wiedererrichtung der Bauakademie sollen die historischen Fassaden rekonstruiert werden, bei der Bebauung des Molkenmarkts neben den landeseigenen Wohnungsunternehmen auch „gemeinwohlorientierte Bauherren “ zum Zuge kommen, und am ehemaligen Standort des Neptunbrunnens vor dem Berliner Schloss (Humboldt-Forum) soll ein neuer Brunnen entstehen.

CDU und SPD wollen bei der Gestaltung des historischen Zentrums neue Akzente setzen, wie aus dem Koalitionsvertrag hervorgeht. Das sorgt für Diskussionen. Der Koalitionsvertrag stelle „einen wesentlichen Rückschritt gegenüber den bisherigen Planungen und den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag von 2021 dar“, kritisiert Matthias Grünzig von der Initiative offene Mitte Berlin. Sie hat sich 2015 gegründet und steht Rekonstruktionen kritisch gegenüber.

Grünzig warnt am Molkenmarkt vor den Folgen einer Beteiligung sogenannter gemeinwohlorientierter Bauherren. Das Problem bei diesen Bauherren sei, dass der Begriff „gemeinwohlorientiert“ nicht klar definiert sei. Dahinter könnten sich auch Anbieter teurer Wohnungen verbergen. Ähnlich sieht es der Grünen-Abgeordnete Julian Schwarze. „Der Koalitionsvertrag öffnet die Bebauung für private Dritte“, sagt er. „Es fehlen konkrete Vorgaben für den Anteil sozialen Wohnungsbaus.“

Der Bau einer Brunnenanlage auf dem Schlossplatz ist aus Sicht der Initiative offene Mitte grundsätzlich nicht falsch. Allerdings stelle sich die Frage, ob der Bau wirklich zu den drängendsten Problemen Berlins gehöre und ob der dafür nötige Aufwand gerechtfertigt wäre.

Zustimmung für die Pläne von CDU und SPD kommt von denjenigen, die sich bei der Neugestaltung der Mitte stärker am historischen Vorbild orientieren wollen. Benedikt Goebel, Stadtforscher und stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Mitte Berlin, sagt: „Die Stiftung begrüßt das Vorhaben der Koalition, die Berliner Mitte mithilfe eines städtebaulichen Gesamtplans nachhaltig weiterzuentwickeln.“

Die Absicht, am Molkenmarkt anstelle der bisherigen Blöcke der landeseigenen Wohnungsunternehmen „kleinteilige Strukturen und gute Architektur“ auch durch gemeinwohlorientierte Bauherren realisieren zu lassen, sehe die Stiftung positiv. Zur Debatte um den neuen Brunnen am Schloss bringt Goebel eine andere Idee ins Spiel. „Der Neptunbrunnen sollte zum Humboldt-Forum zurückkehren“, schlägt er vor. Also dorthin, wo er früher stand. Am bisherigen Standort des Neptunbrunnens auf dem Platz vor dem Roten Rathaus sollte stattdessen „eine neue Brunnenanlage zur Thematik des Klimawandels geschaffen werden“.

Annette Ahme, Vorsitzende des Vereins Berliner Historische Mitte, sagt: „Die Entschlossenheit zum Wiederaufbau der Bauakademie ist gut und angemessen.“ Die angestrebte Kleinteiligkeit der Bebauung am Molkenmarkt sei „sehr gut“. Auch die geplante Errichtung eines Brunnens an der historischen Stelle des Neptunbrunnens sei eine „gute Entscheidung“.

Die Bundesstiftung Bauakademie , die die Bauakademie wieder errichten soll, bekräftigt ihre Haltung, sich nicht auf die Rekonstruktion der historischen Fassaden festzulegen. „Die Bundesstiftung Bauakademie entwickelt derzeit ein langfristiges Entwicklungskonzept für die Stiftung mit entsprechenden Raum- und Nutzungsanforderungen an das Gebäude“, sagt Guido Spars, der Gründungsdirektor der Bundesstiftung. „Wir wollen bei der Entwicklung der Bauakademie – anders als beim Humboldt-Forum – vom Inhalt und den räumlichen Bedarfen ausgehen und nicht nur über die Fassade sprechen.“

Das bauliche Ergebnis müsse „eine räumlich- bauliche Demonstration der Werte und Ziele der Bundesstiftung Bauakademie zulassen. Spars: „Das erklärte Ziel lautet, dem Bauen der Zukunft einen Ort zu geben: im Diskurs und Dialog, im Experiment und Ausstellen sowie in der Bauweise selbst.“ Die Gespräche zwischen Bund, Land und Bundesstiftung Bauakademie zur Abstimmung der Wettbewerbsaufgabe verliefen „bislang konstruktiv“, sagt Spars.

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