An der Liebermannstraße rottet ein einst stolzes Anwesen vor sich hin. Welche Pläne hat der Eigentümer? Alle Infos zu dem Lost Place.
Morgenpost online vom 17.05.2023

In Weißensee an der Liebermannstraße 27–37 in unmittelbarer Nähe zum Bürgeramt Weißensee steht ein großes, mysteriöses Gebäude – weitgehend verborgen vor neugierigen Blicken durch ein Dickicht an wildwuchernden Bäumen und Büschen auf einem weitläufigen Anwesen. Was hat es mit dem verfallenen Bauwerk auf sich? Erfahren Sie hier alle wichtigen Informationen zu dem Lost Place an der Liebermannstraße in Weißensee.

Das sind die Fakten zum Lost Place an der Liebermannstraße im Überblick:

  • Adresse: Liebermannstraße 27–37, 13088 Berlin -Weißensee
  • Geschichte: Erste Bebauung des Grundstücks Anfang des 20. Jahrhunderts; Dienstsitz wechselnder Betriebe in der DDR-Zeit; Leerstand nach der Wende
  • Führungen: Keine. Es handelt sich um Privatgelände
  • Status: Aktueller Lost Place
  • Planung : Für das Areal ist eine Bebauung geplant

Wo liegt der Lost Place genau?

Das Grundstück liegt in der Liebermannstraße 27–37 im Ortsteil Weißensee im Bezirk Pankow . Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Anwesen am besten mit den Buslinien 255, 259 und X54 zu erreichen (Haltestelle Rathaus Weißensee). Alternativ ist das Grundstück von der Haltestelle Pasedagplatz (Tram M12, M27, Bus 156m 158, N50, X54) fußläufig zu erreichen. Es handelt sich um Privatgelände. Es ist nicht erlaubt das Grundstück zu betreten. Es kann aber vom öffentlichen Straßenraum eingesehen werden. Lesen Sie dazu auch: Lost Places – Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Lost Place an der Liebermannstraße:

Ausgangslage: Bewegte Zeiten am alten Güterbahnhof Weißensee

In unmittelbarer Nachbarschaft des Areals Liebermannstraße 27–37 in Weißensee entstanden in den 1920er-Jahren Stummfilmklassike r wie "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920). Als der Tonfilm aufkam, endete auch die große Zeit der Weißenseer Stummfilmära. Die Studios wurden abgerissen und Wohnhäuser entstanden.

Auf dem Wohnblock an der Liebermannstraße 27-37 war schon zuvor, am Anfang des 20. Jahrhunderts, der Güterbahnhof Weißensee gebaut worden. Er war Teil der alten Industriebahn Tegel–Friedrichfelde , die die Innenstadt mit dem Güterverkehrsnetz verband und an der sich zahlreiche Betriebe ansiedelten, die den Tegeler Hafen als Verladestation für ihre Güter nutzten. Seit 1908 siedelten sich am Industriebahnhof Weißensee nach und nach Gewerbe an. In diese Zeit fällt die erste Bebauung des Areals, das künftig von wechselnden Industrie- und Gewerbebetrieben genutzt wurde.

Lost Place in der Liebermannstraße: Essig, Gurken und Maschinen nach dem Krieg

Während der DDR-Zeit nahmen diverse Betriebe das Gelände an der Liebermannstraße als Produktionsstätte in Beschlag: In den 1950er-Jahren hatte die Firma "Müller & Co.“ ihren Sitz auf dem Areal. Ihr Produkt: "holl fast“ priesen sie in der zeitgenössischen Werbung als Alleskleber und Metallkitt zum Kleben und Kitten in allen Lebenslagen an. 1956 übernahm die VEB Nagefa: Nahrungsmittel, Gewürz und Essigfabrik. Sie belieferte Ost- Berlin mit einem breiten Sortiment an Grundnahrungsmitteln: vom Mischgewürz, über Back- und Milchpulver bis zu Senf, Essig und Essiggurken.

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Mitte der 1960er-Jahren befand sich auf dem Gelände kurzzeitig eine Außenstelle des VEB Stern-Radio. Im nahegelegenen Stammwerk des Betriebs in der Liebermannstraße 75 wurden DDR-Klassiker wie das Empfangsgerät "Weißensee“ hergestellt. In der Liebermannstraße 27–37 befand sich der Sternradio-Werkteil "Absatz und Kundendienst“.

Ende der 1960er-Jahre übernahm dann wieder ein Nahrungsmittelhersteller: Das Küssnerwerk war eine Konserven-Essig- und Senffabrik, die mit Produkten wie "Küßner’s Brühfix" das "Maggi des Ostens“ auf die Tische zauberte. Der volkseigene Betrieb hatte die Dienststelle "Arbeits- und Rechnungslegung“ in die Liebermannstraße ausgelagert.

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Liebermannstraße 27–37: Nach der Wende wird das Anwesen zum Lost Place
Ab den 1970er-Jahren hatte das Werkzeugmaschinenkombinat "7. Oktober“ einen seiner Dienstsitze in das Areal Liebermannstraße 27–37 ausgelagert. Der Betrieb war einer von vier Werkzeugmaschinenkombinaten in der DDR. Weißensee wurde Stammbetrieb und Sitz der Kombinatsleitung. An der Liebermannstraße saß die Auftragsleitung und der Werksteil "Werbung und Messen“ des Maschinenherstellers. 1989 waren noch knapp 3000 Mitarbeiter in Weißensee beschäftigt, aber mit der Wende wurde das Unternehmen in kleinere Betriebe aufgespalten, von denen viele Mitte der 1990er-Jahre Konkurs anmeldete.

Lost Places Allgemein
In jüngerer Zeit wurde das Gebäude in der Liebermannstraße offenbar noch vom Versicherungsunternehmen DEVK genutzt: Im Bereich der Eingangspforte steht noch ein Firmenschild des Kölner Unternehmens. Danach endete die Nutzung des Areals und das Grundstück wurde über die Jahre zum Lost Place in Berlin : Die Natur eroberte sich das Gelände zurück. Das Gebäude selbst ist gezeichnet durch Verfall und Vandalismus: Eingeschlagene Fenster und beschmierte Hausfassaden prägen das Bild.

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Gibt es Zukunftspläne für das Areal?
Das brachliegenden Grundstück an der Liebermannstraße 27–37 soll Teil eines Neubauensembles an der Liebermannstraße werden. Nach den aktuellen Entwürfen sollen drei kombinierte Wohn- und Geschäftshäuser mit bis zu sechs Geschossen und zwei voneinander getrennten Tiefgaragen auf dem 9000-Quadratmeter-Grundstück entstehen.
m März 2022 übernahm die Quarterback Immobilien AG das Projektentwicklungsgrundstück mit erteilter Baugenehmigung . Neben einem begrünten Innenhof als Rückzugsort ist eine umfassende Dach- und Fassadenbegrünung vorgesehen. Der Erstbezug der Wohnungen ist derzeit für das Jahr 2025 geplant.

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