Erneute Terminverschiebung, weil ein Genehmigungsstreit Transport der Teile nach Berlin verhindert
Berliner Morgenpost vom 20.07.2023 von Isabell Jürgens 

Berlin Die Fertigstellung des im Bau befindlichen Freiheits- und Einheitsdenkmal auf dem Schloßplatz in Mitte verzögert sich erneut. Während die Betonarbeiten am und im Sockel bis auf Restarbeiten fertiggestellt sind, fehlt das wichtigste Teil: die riesige, begehbare Schale aus Stahl, die von den Besuchern in Bewegung gesetzt werden kann, um so an den friedlichen Weg zur deutschen Einheit zu erinnern. „Die Einheitswippe wird auch dieses Jahr nicht zum 3. Oktober, zum Tag der Deutschen Einheit, an ihrem Platz stehen“, sagt Richard Rohlfing, Geschäftsführer der Heinrich Rohlfing GmbH, auf Nachfrage der Berliner Morgenpost.

Zwar seien die 32 Einzelteile, die es zusammenmontiert auf 120 Tonnen Stahl bringen, „zu 95 Prozent“ fertig. Die Teile, die in zwei Werkhallen lagerten, könnten aber nicht vom Firmensitz im nordrhein-westfälischen Stemwede nach Berlin gebracht werden, sagt Rohlfing. Das ließe sich auch angesichts der knappen Zeit nicht mehr bewerkstelligen. Grund für die erneute Verzögerung sind nach Auskunft des Geschäftsführers fehlende Genehmigungen vom Bundesamt für Bau und Raumordnung (BBR), das als Bauherr für das Denkmal fungiert. Konkret fehle die bauaufsichtliche Freigabe durch den Prüfstatiker. Die ist Rohlfing zufolge aber gar nicht erforderlich, weil es sich bei der beweglichen Schale um eine Maschine handele, die unter das Produktsicherheitsgesetz der EU falle und demzufolge kein Bauwerk sei. Der Firmenchef kann E-Mails vom zuständigen Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (Lagetsi) und auch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vorlegen, die diese Ansicht bestätigen. Diese Schreiben liegen auch der Morgenpost vor. „Die habe ich auch an das BBR weitergeleitet, aber bis heute keine Antwort bekommen“, so Rohlfing.

Auf Nachfrage teilt das BBR mit, dass im Zuge der Qualitätsüberwachung durch den Prüfstatiker festgestellt worden sei, „dass die bisher geschweißten äußeren Elemente der Schale teilweise nicht entsprechend den statischen Vorgaben und den darauf basierenden Plänen des Stahlbauers geschweißt wurden“. Rohlfing hält das für „Unfug“, zumal ein beauftragtes Ingenieurbüro aus Stuttgart berechnet und bestätigt habe, dass man die Schale wie geplant montieren könne.

Weiter räumt das BBR ein, Kenntnis davon zu haben, dass die Berliner Aufsichtsbehörde, die Oberste Bauaufsicht , bestätigt hat, dass die Schale als Maschine im Sinne des EU-Rechtes zu behandeln und somit eine Prüfung der Statik durch einen Prüfingenieur nicht erforderlich ist. Dennoch sieht das Bundesamt nun die Landesbehörde in der Pflicht: „Eine entsprechende Änderung der Baugenehmigung durch die Oberste Bauaufsicht ist bisher nicht erfolgt“, so der BBR-Sprecher. Und er ergänzt, dass das BBR nicht auf die bauaufsichtliche Prüfung bestehe, wenn dazu bei der Obersten Bauaufsicht des Landes Berlin anders entschieden wurde.

Einweihung sollte vor zehn Jahren gefeiert werden

Dass die Elemente der Schale noch nicht nach Berlin gebracht werden, liege aber nicht nur an der Frage, ob Bauwerk oder Maschine, so der BBR-Sprecher weiter. Sondern auch daran, dass der Stahlbauer diese noch nicht fertiggestellt habe und für das zentrale Element, den sogenannten Tragring, aufgrund des hohen Gewichtes bisher keine Transportgenehmigung der zuständigen Berliner Behörden bekommen konnte.

Ein genaues Fertigstellungsdatum könne daher nur der Generalübernehmer nennen. Der Entwurf für das Denkmal „Bürger in Bewegung“ stammt vom Büro Milla und Partner und der Choreografin Sasha Waltz. Zu den Schwierigkeiten bei der Herstellung der großen Stahlschale möchte sich das Architekturbüro Milla, das als Generalübernehmer fungiert, auf Nachfrage nicht äußern.

Es ist längst nicht die erste Terminverschiebung für das im Jahr 2007 vom Bundestag beschlossene Denkmal, das an die friedliche Revolution von 1989 und die deutsche Wiedervereinigung erinnern soll. Ursprünglich war die Umsetzung für das Jahr 2013 vorgesehen. Doch Umwelt- und Denkmalschutzfragen sowie Finanzierungsfragen verzögerten immer wieder den Baubeginn . Erst 2018 genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die notwendigen 17 Millionen Euro. Damals noch mit dem Ziel, das Freiheits- und Einheitsdenkmal zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im Jahr 2019 einzuweihen.

Mit dem Bau wurde allerdings erst im Mai 2020 begonnen. Als nächster offizieller Einweihungstermin wurde schließlich der 3. Oktober 2022 genannt. Doch auch dieser Termin platzte .

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