Mehr Grün, mehr Verkehrssicherheit – noch bis Ende Januar werden Zukunftsvorschläge gesammelt
Morgenpost vom 24.01.2024 von Julia Lehmann

Noch etwas über eine Woche können die Berlinerinnen und Berliner Vorschläge unterbreiten, wenn es um die Zukunft von Berlins Stadtmitte geht. Bis dahin läuft ein erster Teil der Bürgerbeteiligung, zu der die Senatsverkehrsverwaltung unter dem Schwerpunkt „Netzgestaltung und Nutzung“ aufgerufen hatte. Ein erstes Zwischenfazit für den „Masterplan Mitte“ zeigt: Vorschläge mehren sich besonders an zentralen Hauptverkehrsachsen wie der Friedrichstraße , Unter den Linden oder der Leipziger Straße sowie an wichtigen Orten wie dem Brandenburger Tor oder der Museumsinsel.

Abgegeben wurden bislang mehr als 500 Ideen und weit mehr noch Kommentare. Darunter ist beispielsweise der Vorschlag, den Grünzug auf der Mittelinsel Unter den Linden zu erweitern. Der Ideengeber „petri_de“ schreibt dazu: „Verbreiterung des entsiegelten Mittelstreifens und Pflanzung weiterer Bäume sowie Begrünung Unter den Linden . Die Fahrbahnen sollten auf einen Bus- und einen Radfahrstreifen je Richtung reduziert und die Klassifizierung als Bundesstraße aufgehoben werden.“

Möglich ist nicht nur, neue Vorschläge anzulegen, sondern auch die anderer Nutzer zu bewerten und zu kommentieren. Die Anregung zu mehr Begrünung des Grünzugs Unter den Linden hat bislang ein „Daumen hoch“ von 27 anderen Berlinerinnen und Berlinern bekommen sowie eine Gegenstimme. Um an der Bürgerbeteiligung mitzuwirken, ist ein Nutzerkonto nötig. Die Ideen können unter einem beliebigen Nutzernamen angelegt werden.

Bei der Beteiligung im Fokus steht das Gebiet zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor und von der Torstraße bis zur Franz-Klühs-Straße in Berlin -Mitte. Ein „Masterplan Mitte“ soll dabei herauskommen und die Zielrichtung für die kommenden Jahre vorgeben. Ein Ergebnis ist jedoch erst in einigen Jahren zu erwarten.

Über eine Karte können Ideen angelegt werden

Befragt werden die Berliner jedoch jetzt schon. Die Abstimmung ist noch bis zum 31. Januar 2024 online unter www.meinberlin.de möglich. Dort hinterlegt ist eine Karte des Stadtkerns. Über den Button „Idee anlegen“ können Mitwirkende die gewünschte Stelle im Gebiet auswählen und einen Kommentar oder Hinweis hinterlassen.

So zeigt sich unter anderem, dass das Thema Verkehrssicherheit viele Menschen bewegt. An etlichen neuralgischen Punkten wie der Friedrichstraße wird dieses Thema vielfach diskutiert. Während sich manche nach der Wiederöffnung für den Fahrzeugverkehr erneut die Verkehrsberuhigung durch Zebrastreifen, mehr Ampeln oder einen Radweg wünschen, wird ein anderer Nutzer drastischer, indem er eine Einbahnstraßenregelung in Richtung Norden auf der Friedrichstraße vorschlägt. Der Vorschlag, die Friedrichstraße für autofrei zu erklären, wird mehrfach genannt und findet etliche Unterstützer.

Auch die Senatsverkehrsverwaltung, die zur Bürgerbeteiligung aufgerufen hat, hat bereits thematische Schwerpunkte ausgemacht. Dazu gehören neben Radverkehrsförderung und Verkehrssicherheit auch Neugestaltung von Verkehrsflächen und Plätzen sowie die Förderung des Fußverkehrs. Auffällig ist, dass viele Berliner , die sich eine Auto-reduzierte Stadt wünschen, an der Umfrage mitwirken.

„Die geografische Verteilung der Ideen ist relativ homogen“, erklärt ein Sprecher. Schwerpunkte seien neben bereits genannten auch der Gendarmenmarkt und Alexanderplatz. „Es sind darüber hinaus keine ,weißen Flecken‘ oder Lücken erkennbar. Lediglich südlich der Kochstraße gibt es im Vergleich eher weniger Einträge.“

Ausgangspunkt für die Befragung war die von der vorigen Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) eingeführte Teilsperrung der Friedrichstraße für den Autoverkehr. Zwischen August 2020 und Juli 2023 wurde die Straße immer wieder für den Fahrzeugverkehr geöffnet und gesperrt. Zuletzt nahm die neue Verkehrssenatorin von der CDU, Manja Schreiner , die Entscheidung in Gänze zurück, öffnete die Friedrichstraße wieder für Autos und kündigte an, einen Masterplan für das gesamte Gebiet erarbeiten zu wollen.

Anrainer und Gewerbetreibende sollen die Chance haben, bei der Entwicklung des Gebietes mitzureden. Angestrebt wird ein offener Prozess und ein umfassendes Verkehrskonzept , das bis zum Jahr 2026 entstehen soll. Die aktuelle Umfrage konzentriert sich dabei auf „Lösungen für zukunftsfähige Straßenräume und eine nachhaltige Verkehrsführung für die unterschiedlichen Verkehrsarten (Fuß, Rad, Wirtschaft, ÖPNV und motorisierter Individualverkehr)“, wie es in der Erläuterung zum Projekt heißt .

Ein anderer Nutzer mit dem Namen da_rk schlägt vor, den Pariser Platz an der Ostseite des Brandenburger Tores für autofrei zu erklären. Zur Begründung heißt es: „Der Pariser Platz auf der Ostseite des Brandenburger Tors ist der vielleicht wichtigste touristische Ort in Berlin . Wenn es ein Fotomotiv gibt, das für Berlin steht, dann dieser Blick.“

Der komplette Platz solle durch Poller begrenzt werden. Ausschließlich Liefer- und Anliegerverkehr könne „in Schrittgeschwindigkeit“ passieren, wie es heißt. „Die Zufahrt zum Hotel Adlon sollte ausschließlich über den Straßenabschnitt südlich der Mittelinsel erfolgen.“

Mit „Humboldt Forum und Lustgarten gehören zusammen“ hat „Stadtliebhaberin“ ihren Vorschlag überschrieben. Darin erklärt sie, warum sie die Situation auf der Museumsinsel für unbefriedigend hält. „Das Stadtschloss und der Lustgarten bildeten seit jeher eine Einheit. Zurzeit wird diese Verbindung durch eine breite Asphaltpiste zerschnitten“, heißt es weiter. Ihrer Schlussfolgerung nach sollte der Verkehr aus diesem Abschnitt gänzlich herausgehalten werden.

Grundsätzlich wird die Resonanz zur Beteiligung von der Senatsverkehrsverwaltung als positiv bewertet. „Die Anzahl der angelegten Ideen sowie die daraus folgenden Kommentierungen und Bewertungen zeigen ein hohes Interesse“, so der Sprecher.

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