Tagesspiegel vom 21.03.2024 von Klaus D. Grote
Nach und nach verschwinden die Gerüste an den Neubauten am Alten Markt . Mit dem Block III steht der erste Abschnitt der neuen Potsdamer Mitte vor der Vollendung. Die ersten Mieter sind bereits eingezogen. Die Wohnungsbaugenossenschaft „Karl Marx“ enthüllte am Alten Markt 13/14 am Donnerstagabend ein Fassadenkunstwerk.
In Anlehnung an die Allegorie des Überflusses, die ihr Füllhorn über dem Dach leerte, entwarf der Berliner Künstler Wolf von Waldow eine Figurengruppe aus schwarzem Stahlblech. Wo früher Sandsteinfiguren standen, zeigen die scherenschnittartigen Skulpturen eine moderne Allegorie. Ein Koffer mit Sanduhr scheint an der Fassade herunterzufallen. Über dem Eingangportal ist wie beim 1945 zerstörten Vorgängerbau ein detailreiches Wandfries zu sehen, in das ein Originalteil aus Sandstein eingearbeitet wurde.
Die Gliederung der Fassade, die Fenster und Stuckelemente orientieren sich am früheren Haus hinter der Nikolaikirche. Im Beschluss zur Wiederherstellung der Blockbebauung wurde festgelegt, dass die Fassaden der Eckgebäude als sogenannte Leitbauten den Vorgängerbauten entsprechen sollen. Für das Klingnersche Haus gegenüber dem Fortunaportal ließ die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft PWG die Knobelsdorfffassade wieder herstellen und drei Attikafiguren aus Sandstein nachbilden. Die Grazien wurden im vergangenen Juni aufs Dach gehoben. An der Ecke zur Friedrich-Ebert-Straße stehen auf dem Nachbau des Plögerschen Gasthofs acht Attikafiguren sowie ein Gladiator aus Sandstein in der Hausecke.
Ins Klingnersche Haus sind die ersten Mieter eingezogen: Es ist die Hasso Plattner Foundation mit den Verwaltungen des Museums Barberini und des Minsk. Die Gastronomie im Haus soll künftig von Phu Keng betrieben werden, der in Potsdam durch die Restaurants My Keng und Keng’s Landhaus bekannt ist. Zu weiteren Gewerbemietern will sich die PWG noch nicht äußern. „Im Gewerbebereich sind wir für Bewerbungen durchaus noch offen“, sagt Carsten Hagenau, der für den Arbeitskreis Stadtspuren der Potsdamer Wohnungswirtschaft spricht. Ziel sei ein individueller Mix aus Gewerbetreibenden, Vereinen und Verbänden, „die sich auf zwischenmenschlicher und gesellschaftlicher Ebene ergänzt“.
Die Wohnungen der PWG im Block III sind vergeben. Interessierten könne die PWG keine Hoffnung mehr machen. Die Wohnungen würden ab Sommer bezogen. Bei der Karl-Marx-Genossenschaft läuft derzeit das Bewerbungsverfahren für die Wohnungen. Allein am vergangenen Samstag seien 100 Gesuche eingegangen, so Genossenschaftsvorstand Sebastian Krause. Die ersten 46 Wohnungen sollen ab 1. Juni bezogen werden. Nach der internen Bewerbungsrunde könnten auch Wohnungsgesuche von Nicht-Mitgliedern berücksichtigt werden, sagte Krause.
Frauenzentrum am Alten Markt
Im Gewerbebereich sei die Genossenschaft derzeit mit verschiedenen Gastronomen, einer Bank und medizinischen Dienstleistern im Gespräch. Die personelle und wirtschaftliche Lage insbesondere im Gastronomiesektor erschwere die Vermietung, so Krause. Fest steht bereits, dass das Autonome Frauenzentrum am Alten Markt 6 zwei Etagen mit Büros und Eventflächen bezieht.
Offen bleibt zunächst, wer den Plögerschen Hof mit Blick auf Landtag und Hotel Mercure künftig betreibt. Nebenan schließen sich auf der südlichen Blockseite an der Anna-Zielenziger-Straße Neubaufassaden mit klassischen Proportionen sowie Schaufenstern in den Erdgeschossen an. In der Friedrich-Ebert-Straße steht ein vergleichsweise schlichter Neubau mit Klinkerfassade. Daneben, an der Ecke zur Erika-Wolf-Straße, der früheren Schwertfegerstraße, steht ein Achteckenhaus, das den Platz mit den Bauten gegenüber komplettieren soll. Historisch war der Straßenraum ohne Tramgleise viel schmaler. Die Fassade des Achteckenhauses erinnert an historisierende Architektur der Nachkriegszeit, mit zurückhaltenden Schmuckelementen, die sich auf schmale Flächen unter den Fenstern beschränken.
Der kleinste Neubau schließt sich in der Erika-Wolf-Straße an. Das Haus für Musik hat mit Dach und Fassade aus Glas, das noch von einer Wabenstruktur überdeckt werden soll, die interessanteste Architektur des Bocks. Nebenan geht es farbenfroh weiter: rote Fensterrahmen, unterschiedliche Höhen und Fassaden.