In Mitte nimmt die WBM 18 Euro pro Quadratmeter. Doch nur für eine geringe Zahl an Wohnungen
Morgenpost vom 12.04.2024 von Isabell Jürgens
Mitte Wie teuer dürfen landeseigene Wohnungsbaugesellschaften vermieten? Diese Frage beschäftigt die Berlinerinnen und Berliner, seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass die sechs kommunalen Wohnungsunternehmen in ihren Neubauten Höchstmieten verlangen, die selbst für Normalverdiener kaum zu stemmen sind.
Mit bis zu 18 Euro pro Quadratmeter und Monat Kaltmiete liegt die WBM in ihrem Neubaukomplex Fischerinsel Ecke Mühlendamm in Mitte demnach an der Spitze. Die Berliner Morgenpost traf WBM-Geschäftsführer Steffen Helbig im Gebäude – und fragt nach, warum die Wohnungen so teuer vermietet werden.
Anlass des Rundgangs durch das Gebäudeensemble mit seinen insgesamt 210 Wohnungen ist die Übergabe von sieben Studenten-WGs. Die „normalen Wohnungen“ kann Helbig dagegen nicht mehr zeigen: „Die sind seit Januar alle vermietet – auch die für 18 Euro“, sagt der WBM-Chef.
Ein WG-Zimmer mit Linoleumbodenund Schallschutzfenstern für 700 Euro
In der 124 Quadratmeter großen Muster-WG im achten Stock lässt sich jedoch besichtigen, wie die Ausstattung der Wohnungen aussieht. „Wir machen in der Grund-Ausstattung keinen Unterschied – egal, ob es sich um eine geförderte Wohnung zu 6,50 Euro handelt, um eine Studenten-WG oder das freifinanzierte Appartement für 18 Euro je Quadratmeter“, erläuterte Helbig. Und so sieht der Standard aus: Linoleumfußboden im Wohn- und Küchenbereich, beige-schwarz geflieste Bäder mit bodengleicher Dusche und Handtuchheizkörper. Bodentiefe, lärmschutzgedämmte Fenster.
Für die sieben Studenten-WGs, die möbliert mit schlichten weißen Einbaumöbeln ausgestattet sind, kommt noch eine quietschgelbe Einbauküche hinzu. Im Unterschied zu den Wohnungen, deren Küche lediglich mit Herd und Spüle ausgestattet sind. Abnehmer der sieben Studenten-WGs, in denen jeweils vier Einzelzimmer mit je rund zehn Quadratmetern sowie ein Doppelzimmer mit etwa 20 Quadratmetern vermietet werden, ist die internationale Wirtschaftsuniversität ESMT Berlin, die ganz in der Nähe ihren Sitz hat. Am Donnerstag übernahm Georg Garlichs, Geschäftsführer der ESMT den symbolischen Schlüssel zu den WG-Wohnungen mit ihren insgesamt 42 Plätzen.
„Wir sind heilfroh über diese Wohnungen“, sagt Garlichs. Rund 80 Prozent der Studenten der privaten Uni kämen aus dem Ausland und hätten es besonders schwer, eine Bleibe zu finden. Und was müssen die Studierenden für das WG-Zimmer zahlen? „700 Euro inklusive Reinigung, W-LAN und aller Nebenkosten“, so Garlichs. „Natürlich schmerzt uns der hohe Preis“, sagt Garlichs. Aber angesichts der Preise, die aktuell auf dem Berliner Wohnungsmarkt aufgerufen würden, sei das ein faires Angebot – es handele sich schließlich um einen Neubau.
Und um allen Missverständnissen vorzubeugen, ergänzt Garlichs noch, dass die ESMT „keinen Cent“ mit der Vermietung verdiene, im Gegenteil, bei der Verwaltung noch draufzahle. Für fünf Jahre, mit der Option auf Verlängerung um weitere fünf Jahre, hat die Uni die sieben Wohnungen übernommen.
Leider, so Garlichs weiter, gebe es für das eigene Bauvorhaben , das unter anderem ein Wohnheim mit 145 Plätzen auf dem Areal der ESMT vorsieht, nach zehn Jahren Planungszeit noch nicht einmal ein Bebauungsplan , geschweige denn eine Baugenehmigung . Insofern sei man der WBM sehr dankbar, dass man den eigenen Studenten nun 42 Plätze anbieten könne.
Die lange Planungszeit , die Garlichs anspricht, sind für WBM-Chef Helbig das Stichwort, um den Vorwurf, das landeseigene Unternehmen würde zu teuer vermieten, zurückzuweisen. Die Explosion der Bau - und Finanzierungskosten sei allgemein bekannt. Darunter habe auch das Bauvorhaben Fischerinsel gelitten.
2015 hatte die WBM erstmals Pläne für einen 58 Meter hohen Wohnturm mit 19 Geschossen präsentiert. Ein Jahr später stoppte der Bezirk Mitte das Bauvorhaben , das damals mit 33 Millionen Euro kalkuliert wurde. „Wir mussten völlig neu planen, das kostete natürlich Zeit und viel Geld“, so Helbig. Die Baukosten Fischerinsel belaufen sich, bei der gleichen Anzahl der Wohnungen, die nun in einem achtgeschossigen Gebäude untergebracht sind, auf rund 49 Millionen Euro.
Denn allein mit Umplanungen war es nicht getan. 2016/17 und nochmals 2020/21 wurden aufwändige archäologische Grabungen durchgeführt. Eine bei den Grabungen freigelegte Latrine aus dem 14. Jahrhundert musste gesichert und in die umgebenden Grünanlage integriert werden. All das kostete weiter Zeit und Geld. Zudem, so der WBM-Chef weiter, seien nur 50 Prozent der Wohnungen freifinanziert, bei den anderen 105 handele es sich um geförderte Wohnungen.
Freifinanzierte Wohnungen müssen Förderlücke schließen
Von diesen wurden 31 Einheiten zu einer Kaltmiete von 6,50 Euro je Monat und Quadratmeter an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins WBS 100 vergeben. Weitere 42 Wohnungen gingen zu Einstiegsmieten von 6,70 Euro an WBS 140-Inhaber, 32 Einheiten für 8,20 Euro an WBS 180-Mieter.
Die WBS-Wohnungen wurden noch nach den früheren Förderbedingungen des Landes Berlin aus dem Jahr 2019 errichtet, sagt Helbig. „Die Förderung kompensiert in etwa einen Betrag von drei Euro je Quadratmeter und Monat“, rechnet Helbig vor. Ausgehend von einem Mietniveau im geförderten Segment von durchschnittlich 6,60 Euro je Quadratmeter zeige dies, dass für die Gesamtwirtschaftlichkeit des Vorhabens „neben der Förderung zusätzlich ein wesentlicher Beitrag der freifinanzierten Wohnungen erforderlich ist.“
„Letztlich wurden nur 14 Wohnungen zu 18 Euro je Quadratmeter vermietet“, rechnet Helbig weiter vor. Dabei handele es sich um 45-Quadratmeter große Einzimmerwohnungen, für die die Bruttowarmmiete noch unter der 1000-Euro-Marke liege. Für Bezieher eines durchschnittlichen Einkommens sei das bezahlbar. Die übrigen Wohnungen lägen preislich zwischen 14 und 18 Euro. Zudem, so Helbig weiter, würden die privaten Vermieter für eine Neubauwohnung in so zentraler Lage noch deutlich höhere Mieten verlangen.