Tagesspiegel vom 07.06.2024 von Klaus D. Grote
Einer der Eingänge ist noch mit blauer Baufolie verhängt, die Geschäfte hinter den großen Schaufenstern sind leer. Die Energie und Wasser Potsdam (EWP) muss noch einige Leitungen verlegen. Erst zum Schluss kommt das Straßenpflaster. Die Höfe über den Tiefgaragen sind noch nicht begrünt. Wenn auch die Fußböden verlegt sind, sollen in vier Wochen die Möbelwagen der Wohnungsmieter anrollen.
Trotzdem feiert die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft PWG 1956 die Fertigstellung ihrer Häuser an der neuen Anna-Zielenziger-Straße , der früheren Schloßstraße: am Freitag mit geladenen Gästen, Samstag mit den Genossenschaftsmitgliedern.
Die Freude über die neuen Perspektiven am Alten Markt war riesig. Viele glückliche Gesichter waren im strahlenden Sonnenschein zwischen dem neu erbauten Block II und dem Landtagsschloss zu sehen.
Drei Jahre sind seit der Grundsteinlegung vergangen. Schon 1991 fassten die Stadtverordneten den Grundsatzbeschluss zur Wiedergewinnung der Alten Mitte. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sprach von einer erfolgreichen Stadtentwicklung , lobte die PWG für ihren Mut und Sigrun Rabbe, Geschäftsführerin des Sanierungsträgers, für ihr Durchhaltevermögen. Für die Bürgerinitiative „Mitteschön“ gab es Applaus.
Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) sprach von Lokalpatriotismus und der Bereitschaft, sich über das Maß hinaus für seine Stadt einzusetzen. „Hier ist eine Quadratur des Kreises gelungen“, lobte die Stadtverordnete Saskia Hüneke.
Die Mischung aus modernen und historischen Fassaden, der Anteil von Sozialwohnungen und die Umsetzung durch eine Genossenschaft sei bundesweit einmalig. Hans Jürgen Scharfenberg (BfW) erinnerte an sein Engagement, die Wohnungsgenossenschaften für den Sozialwohnungsbau an der Errichtung des Blocks zu beteiligen.
Investoren zogen sich zurück
Am Ende übernahm die PWG auch noch die Lose, die an private Investoren gegangen waren. Einer der Firmen ging die Luft aus. Die andere wusste nicht, dass das Klingnersche Haus am Alten Markt die historische Fassade erhalten soll.
Pro-Potsdam-Chef Bert Nicke erinnerte an ein Gespräch des Investors mit Roland Zurkuhlen von der Unteren Denkmalschutzbehörde . Die habe gleich klargestellt, dass hier keine Dämmung, sondern Sandstein an die Fassade kommen werde. Der Feststellung des Investors, dass sich das nicht lohne, habe Zurkuhlen geantwortet: „Das ist eine Ehre, hier zu bauen .“ Am Freitag fügte er hinzu, dass es sich um eine Triple-A-Lage handle.
Das Restaurant im Klingnerschen Haus soll Gastronom Ngo Quang Phu führen, der unter anderem bereits Keng’s Landhaus in der Jägerallee betreibt. Darüber ist bereits zu Jahresbeginn die Hasso Plattner Foundation mit den Museumsverwaltungen für Barberini und Minsk eingezogen.
Alle übrigen Gewerbeflächen sind noch nicht vergeben, sagte PWG-Vorstand Matthias Pludra. Das betrifft die Gastronomiefläche Plögerschen Gasthof, der mit rekonstruierter Barockfassade an der Friedrich-Ebert-Straße entstand, aber auch eine weitere Gastronomiefläche mit 270 Quadratmetern Fläche sowie zwei kleinere Läden.
25 Euro beträgt der Höchstpreis für eine Nettokaltmiete in den Neubauten am Alten Markt.
Schon längst an Genossenschaftsmitglieder vergeben sind die 33 Wohnungen der PWG. Der Mietpreis reicht bis zu 25 Euro kalt pro Quadratmeter. Mit einem Teil geförderter Mieten liege der durchschnittliche Mietpreis bei 10,78 Euro, sagte Pludra. Die Mietpreisbindung gilt für 20 Jahre. Nur durch die hochpreisigen Mietwohnungen rechne sich das Bauvorhaben mit den aufwändig rekonstruierten Barockfassaden. Wie hoch die Investitionssumme der PWG ist, verrät Pludra nicht.
Die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ Potsdam investiert insgesamt 25 Millionen Euro für 46 Wohnungen und sechs Gewerbeeinheiten im Block III zwischen Altem Markt und Friedrich-Ebert-Straße. Die Häuser sollen im Sommer bezugsfertig sein.