Der Siegerentwurf für den umgestalteten Platz in Mitte wurde weiterentwickelt, Bürger wurden befragt. Was jetzt wann passiert
Berliner Morgenpost vom 02.07.2024 von Iris May

Vor knapp zwei Wochen verkündete Grün Berlin , dass die Finanzierung für den ersten Bauabschnitt des Rathausforums bereits klar sei. Dies wurde am Dienstag von Grün Berlin -Projektmanagerin Eva Stokman bestätigt. Die Vision des landeseigenen Unternehmens : „Zentrale Flächen entsiegeln und vielfältig nutzbare und grüne Räume schaffen, die gleichzeitig attraktiver Aufenthaltsort sind und das Mikroklima verbessern.“

Am Dienstag wurden vom Verkehrssenat (SenMVKU), Grün Berlin und dem Landschaftsplanungsbüro Lenzen in der Stadtwerkstatt Mitte neue Details bekannt gegeben, die die Grünflächen betreffen. Das zukünftige Verkehrskonzept war nicht Teil des Diskurses, da dieses an den umfangreichen Masterplan Mitte gebunden ist.

Zeitplan bis 2030 und Diskussion

Noch im Juli und August sollen archäologische Grabungen am ehemaligen Hohen Steinweg beginnen. Im Winter 2024 starten bauvorbereitende Maßnahmen. Anfang 2025 wird das Spreeufer umgestaltet 2030 soll die Umgestaltung fertig gestellt sein. Eine „Schaustelle“ mit Infotafeln soll Interessierten während der Bauphase Informationen und Einblicke geben.

Die zahlreich erschienenen Bürgerinnen und Bürger – etwa die Hälfte zeigten durch Handzeichen an, dass sie in der Nähe wohnen, ein Drittel reiste aus anderen Stadtteilen Berlins an – bekamen die Gelegenheit zu Rückfragen und Anregungen in drei Themeninseln:

Ute Bonde begeistert von Wassernebel und Konzept zur Klimaresilienz

Die neue Verkehrssenatorin Ute Bonde zeigte sich in ihrem Grußwort „besonders begeistert“ von der geplanten „Berieselung von oben“ zur Abkühlung. Sie konnte das nach eigenen Angaben bereits am Prater in Wien erleben. So werde das Mikroklima optimiert. Berlin sei ein großer Anziehungspunkt, der nun auch noch klimaresilient werde. Plätze wie das Rathausforum müssten zentrale Orte zur Erholung sein, „damit wir nicht immer in die Wälder fahren müssen.“ so Bonde. Auch Christoph Schmidt , Geschäftsführer von Grün Berlin und der neue Bezirksstadtrat Christopher Schriner schlossen sich den euphorischen Worten Bondes an. Der Dialog mit der Stadtgesellschaft sei während der Planung 70 Mal gesucht worden, so Schriner. Das Ergebnis sei „versöhnlich und zukunftsprägend“.

Das sogenannte Marx-Engels-Forum wird von der Karl-Liebknecht-Straße im Norden, dem Park am Fernsehturm im Osten, der Rathausstraße im Süden und der Spree im Westen umgeben. Ziel von Grün Berlin sei es, „die zahlreichen sichtbaren und verborgenen historischen Bezüge respektvoll zu berücksichtigen und den Ort gleichzeitig zu einem zukunftsfähigen urbanen Freiraum zu transformieren, der hohe Aufenthaltsqualität, Nachhaltigkeit und Kultur miteinander verbindet.“ Am Donnerstag werden nun weitere Details über die Neugestaltung der von der Spandauer Straße durchschnittenen beiden Plätze zwischen Fernsehturm und Spreekanal bekannt gegeben. Seit Mai 2022 läuft die Ausführungsplanung.

So soll die Aufenthaltsqualität verbessert werden

Mit Spannung erwartet wurden die Detail-Ausführungen von Alexander Bölk, Projektleiter bei RMP Stephan Lenzen, dem Unternehmen, das 2021 die Ausschreibung für die Umgestaltung gewonnen hatte. Bölk und weitere Fachleute gaben Auskunft über folgende Punkte, die die Landschaftsarchitekten entwickelt und nach ersten Feedback-Gesprächen angepasst haben:

Grüner Freiraum oder Wiederherstellung historische Mitte ?

Zweifel, dass die grüne Oase im Herzen Berlins so kommt, wie Grün Berlin es plant, wurden durch den neuen Koalitionsvertrag nach dem Regierungswechsel 2023 gesät. Dort war die Umgestaltung des Marx-Engels-Forums nicht mehr erwähnt worden, sondern lediglich der Masterplan für die Umgestaltung der historischen Mitte . Dieser soll jedoch erst in einigen Jahren fertig sein.

Eine Forsa-Befragung im Auftrag der Stiftung Mitte Berlin zeigte zudem, dass viele Berliner sich eine Wiederherstellung des historischen Stadtkerns wie vor dem Zweiten Weltkrieg wünschen. Vor dem Zweiten Weltkrieg war das Areal der heutigen Grünanlage durch Wohn- und Geschäftshausbebauung geprägt, die im Krieg zum großen Teil zerstört wurden. Berlin hat von 1933 bis 1975 seine Altstadt verloren. Historische Luftbilder zeigen, wie dicht der Stadtkern vor dem Krieg bebaut war.

Umstrittenes Relikt aus DDR-Zeiten: Das Marx-Engels-Denkmal

Seit der Wiedervereinigung 1990 gibt es immer wieder Debatten um die Entfernung der Bronzestatuen des sitzenden Karl Marx (1818-1883) und dem neben ihm stehenden Friedrich Engels (1820-1895) im Herzen Berlins . Stimmen nach einem politischen Kontrapunkt der überlebensgroßen Figuren von Bildhauer Ludwig Engelhardt wurden immer wieder laut: Die in der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) zusammengeschlossenen 30 Verbände forderten gegenüber Marx und Engels einen Gedenkort – für die zwischen 1945 und 1989 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und der DDR aus politischen Gründen Verfolgten.

1986 von der DDR als Symbole der sozialistischen Hauptstadt aufgestellt, steht das Ensemble heute unter Denkmalschutz . Daher mussten die Figuren zwar mehrmals weichen, wurden aber immer wieder an ihren Platz gestellt. Wegen des Weiterbaus der U-Bahn-Linie U5 bis zum Hauptbahnhof wurden die beiden Figuren 2010 „brachial mit einem Trennschleifer“ getrennt und versetzt . Bis 2022 blickten die Figuren gen Weste n, bis sie wegen der Bauarbeiten am Humboldtforum erneut gedreht wurden und wieder gen Osten gucken konnten.

  • Freizeitgestaltung
  • Nachhaltigkeit/Regenwassermanagement
  • Spreeufergestaltung
  • Spreeufer: Es kommen ressourcenschonend Granitplatten vom entsiegelten Gendarmenmarkt zum Einsatz. Die Treppe zur Spree soll „durchgrünt“ werden, ein Wassernebel von oben für Abkühlung sorgen
  • Marx-Engels-Denkmalgruppe: bleibt in durchgrüntem Rondell, barrierefreie „grüne Flanierbänder“ sollen zu den Figuren führen
  • Platz vorm Roten Rathaus: es wird ein kleines 45 cm hohes Podest für Redner geben
  • Möblierung: filigrane, weiße Stühle des DDR-Herstellers Kühn, in Vierergruppen fixiert
  • Vegetation: Rosen, (Bestands-)Linden und resiliente Stauden, die zwischen 50 cm und ein Meter hoch werden
  • Regenwassermanagement/Entsiegelung: 5000 Quadratmeter mehr Grün durch Entsiegelung, Regen landet im Grundwasser
  • Spielplatz Nikolaiviertel: statt von Sand und Stahl wird der Spielplatz von drei kugeligen Klettergerüsten geprägt

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