Tagesspiegel vom 24.07.2024 von Christian Latz

Dem Projekt Flussbad in der Spree könnte endgültig das Aus drohen. Zum Ende des Jahres läuft die finanzielle Förderung durch das Land Berlin weitgehend aus. Noch schwerer wiegt, dass auch die rechtlichen Hürden für das Vorhaben unverändert hoch sind. Sollte der Senat seine Haltung in entscheidenden Rechtsfragen nicht plötzlich unerwartet ändern, sinken die Chancen für das Flussbad -Projekt in absehbarer Zeit gen null.

„Die politische Situation ist nicht gut für das Projekt. Das Interesse des Senats ist deutlich erlahmt“, sagt Tim Edler, der die Idee in den späten Neunzigerjahren gemeinsam mit seinem Bruder Jan entwickelt hat und seither vorantreibt.

Zum Jahresende werden die noch laufenden Förderungen „erheblich eingedampft“, erklärt er. „Ab Ende des Jahres werden wir nur noch einzelne, isolierte Projekte weiterbetreiben. Die Aussicht, dass wir die jetzt möglich gewordene Umsetzung angehen, ist dadurch deutlich getrübt.“

Flussbad -Verein soll Abschlussbericht erstellen

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teilt auf Tagesspiegel-Anfrage mit, dass im Jahr 2025 im Landeshaushalt nur noch „ein reduzierter Beitrag“ für den Betrieb des Projektbüros des Flussbad e.V. vorgesehen sei. Bis zum Jahresende solle durch den Verein insbesondere ein Abschlussbericht erstellt werden, der die bisherigen Ergebnisse und Perspektiven für die Umsetzung zusammenfasst. Alles Weitere ist offen.

Seit Jahren arbeitet der Verein an der Idee, den Spreekanal entlang der Museumsinsel zu einem öffentlichen Flussbad zu machen. Anfangs für die Vision gefeiert, stellten sich dem Projekt im Laufe der Zeit immer neue Hürden in den Weg. Senatsverwaltungen, Gesundheitsamt, Denkmalschützer: Die Idee drohte zwischen etlichen beteiligten Behörden zerrieben zu werden.

Eine der größten Streitfragen bleibt bis zuletzt die Wasserqualität . Bis heute ist das Baden in der Spree offiziell verboten. Regnet es stark, fließt noch immer das Abwasser der Kanalisation in die Spree, samt Bakterien sowie Gummiabrieb und Öl von den Straßen.

Lange plante der Verein daher, die Spree zu filtern. Ein riesiger Schilfbereich im Spreekanal sollte das Wasser säubern. Nicht nur Denkmalschützer brachte das auf die Barrikaden. Auch die nötige Planung und Baukosten des Vorhabens schienen zunehmend unrealistisch.

Technik misst Wasserqualität der Spree

Retten sollte das Projekt ein anderer Ansatz: Offenbar ist das Spreewasser besser als sein Ruf – zumindest an vielen Tagen. Mit neuen Messungen und Algorithmen sollte daher berechnet werden, wie häufig die Spree schon heute zum Baden geeignet ist und bei welchen Wetterereignissen vom Planschen im Stadtzentrum abgeraten wird. Mehrere Labore und Institute sind mit diesen Fragen seit längerem im Auftrag des Flussbad -Vereins betraut.

„ Bei der Messung, wie sauber das Wasser ist , hat es einen großen Sprung gegeben. Die Technik würde uns erlauben, ins Spreewasser zu gehen, wie es jetzt ist“, sagt Edler. Das Projekt habe deutliche Fortschritte gemacht. Aber jetzt auf einmal zögere die Regierung.

Schon im kommenden Jahr könnte ein Pilot-Badesteg ins Wasser an der Museumsinsel gelassen werden, glaubt Edler. Die Gespräche mit der Stadtentwicklungsverwaltung dazu verliefen positiv. Auf einer Internetseite oder per App würde den Badenden dann aktuell angezeigt, ob der Sprung in die Spree aktuell erlaubt ist.

Berliner Badegewässerverordnung müsste geändert werden

So ist zumindest die Idee. Ob sie absehbar Wirklichkeit wird, scheint derzeit fraglicher denn je. Denn nötig dafür ist eine rechtliche Änderung. Aktuell verbietet die Berliner Badegewässerverordnung das Baden in der Spree grundsätzlich. Ein flexibler gestalteter Passus müsste an die Stelle treten, womit sich das Baden temporär erlauben und untersagen ließe.

Die federführende Stadtentwicklungsverwaltung ist damit jedoch noch nicht an die zuständige Umweltverwaltung herangetreten. Bislang lägen „keine Ergebnisse zur technischen Machbarkeit einer solchen Pilotbadestelle vor“, teilt die Stadtentwicklungsverwaltung mit.

Auf Grundlage der derzeit gewonnen Daten müssten letztlich die Senatsumweltverwaltung und das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) entscheiden, ob die Wasserqualität im Spreekanal ausreicht.

Doch bislang bleibt das Haus von Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) zurückhaltend. „Ein medizinisches Urteil im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes zur Eignung des Flussbades als Badestelle steht aus“, teilte Sprecherin Petra Nelken mit.

Tim Edler, Flussbad -Initiator

Inwiefern sich bei der Badegewässerverordnung mit anderen Messmethoden Abhilfe schaffen ließe, „ist rechtlich und fachlich offen“. Zudem könne man das Sicherheitsproblem beim Baden im Innenstadtfluss „auch nicht ohne weiteres auflösen“, erklärte Nelken.

Tim Edler ist von der abwartenden Haltung im Senat enttäuscht. „Wir haben lange geforscht und können jetzt im Spreekanal in die Umsetzung gehen. Dieser Ball liegt der Berliner Politik vor den Füßen. Aber nun fehlten dem Senat Plan und Willen, das Projekt wirklich umzusetzen.“

Auch angesichts des nahenden Förderungsendes beschwört er eine schnelle Entscheidung. „Entweder wir kriegen das jetzt hin oder das Projekt könnte für lange Zeit versanden“, sagt Edler. „Wenn die Politik nicht mitmacht, ist das Projekt tot.“

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