Berliner Erklärung für Architektur-Rekonstruktionen und weniger Verkehr: Wie sich Vereine für eine Wende im Städtebau einsetzen
Morgenpost vom 29.08.2024

Mitte Von der historischen Stadtmitte Berlins haben lediglich einige Dutzend Altbauten die Kriegsbomben und die autogerechte Stadtplanung aus DDR-Zeiten überdauert. Zwar hat der Berliner Senat mit dem Rückbau der Grunerstraße, die Platz schafft für ein neues Wohnquartier am Molkenmarkt, einen Schritt zur Stadtreparatur eingeleitet. Elf Bürgervereinen und der Stiftung Mitte Berlin (SMB) geht das jedoch nicht weit genug. Mit der „Berliner Erklärung zum Städtebau“ fordern sie einen Neustart in der Stadtplanung.

Konkret treten die Vereine für einen Städtebau aus parzellierten Häuserblöcken mit einzelnen darin enthaltenen Architekturrekonstruktionen ein – anders als im Quartier am Molkenmarkt vorgesehen. Dort sind die ersten Architekturwettbewerbe für das Jahr 2025 geplant, mit dem Baubeginn der ersten Gebäude soll ab 2026 begonnen werden. Weiter fordern die Vereine, dass auf nach dem Krieg geschaffenen Freiflächen, wie etwa dem Marx-Engels-Forum, wieder Wohn- und Geschäftshäuser entstehen.

Um ihre Vorschläge vorzustellen, laden die Initiativen am kommenden Freitag und Sonnabend zum zweitägigen Mitte-Fest ein. „Die Berliner Altstadt wies ehemals über 1000 Wohn- und Geschäftshäuser aus allen Jahrhunderten auf. Es ist die Aufgabe unserer Zeit, die ehemalige Altstadt wieder zu einer Mitte zu machen, die weit nach Europa ausstrahlt“, sagt Benedikt Goebel, Vorstand der Stiftung Mitte Berlin. Dazu gehörten menschenfreundliche Straßen und Plätze anstelle der gegenwärtig vorhandenen übergroßen Verkehrs- und Freiflächen. „Wir befürworten Hunderte berlintypische Wohn- und Geschäftshäuser mit grünen Höfen, die das städtische Leben ermöglichen, für das Berlins Gründerzeitquartiere berühmt sind“, so Goebel weiter. Das Fest findet unter dem Motto #FürDasHerzDerStadt am 30. und 31. August in der Parochialkirche an der Klosterstraße 66 in Mitte statt und startet um 15 Uhr mit der Veröffentlichung der Berliner Erklärung. Das Programm umfasst neben Tanz, Livemusik, Theater, Vorträgen und Diskussionen auch fachkundige Führungen. Darunter etwa die Führung „Das Klosterviertel“ mit Detlef Hilbrecht (Fr., 16 Uhr) oder „Die Gruft der Parochialkirche“ mit Peter Teicher (Fr. 17 Uhr). Am Sonnabend stehen um 14 Uhr die Führung „Das Klosterviertel“ mit Benedikt Goebel oder um 15 Uhr die Führung „Der Friedhof der Parochialkirche“ mit Jörg Kuhn auf dem Programm.

In der Ausstellung werden zudem Handzeichnungen von Katharina Hagl zu sehen sein. Sie hat Architektur studiert und lehrt Architekturzeichnung an der Berliner Hochschule für Technik (BHT). Für die Stiftung Mitte Berlin hat sie unter anderem den großen Leerraum unter dem Fernsehturm wieder mit den Häusern der 1920er-Jahre gefüllt und in die heutige Stadt gesetzt.

„Das Herz Berlins liegt aktuell unter Asphalt und Beton begraben: Es muss vom Durchgangsverkehr befreit werden, der derzeit noch das Herz durchschneidet“, sagt Goebel. „Da schöne Städte aber nur entstehen, wenn die Bürgerinnen und Bürger daran mit bauen dürfen, fordern wir das auch für Berlin ein“, führt Goebel aus.

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