Die Stiftung „ Berlin Mitte“ hat zwei Tage ein Fest gefeiert, in dem es um die Gestaltung der Altstadt Berlins ging. Wer kam und wie es war
Morgenpost vom 31.08.2024 von Iris May

In den Rathauspassagen der WBM Wohnbaugesellschaft am Alexanderplatz wird die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit der Stiftung „ Berlin Mitte“ am deutlichsten: „Wo wir jetzt stehen, gab es früher fünf Dutzend Adelspalais.“, erklärt Benedikt Goebel. „Die Vorfahren von Berlins größtem Museumsmäzen James Simon hatten hier eine Baumwollhandlung , gingen in der Wirtschaftskrise pleite.“ Goebel zeigt vergrößerte Schwarz-Weiß-Fotos der vergangenen Pracht. Etwa 50 Berlinerinnen und Berliner , die meisten davon in der zweiten Lebenshälfte angekommen, sind zur Führung durch das Klosterviertel am Samstag gekommen und folgen dem Vortrag gespannt. Sie ist Teil des Mitte-Festes an den letzten zwei Augusttagen.

Goebel: „Ich würde mit dem Grauen Kloster anfangen“

Goebels Aussage, dass die Senatsverwaltung sich bislang von der Aufgabe überfordert zeige, eine neue Alte Mitte zu gestalten, hat ihm nach eigenen Angaben „einen bösen Brief eingebracht“, er sehe alles viel zu negativ. Berlin wolle den Mangel an preiswerten Wohnungen am Molkenmarkt mit hunderten von Wohnungen „in Gefängnis-Architektur“ bekämpfen, das sei „im Herzen der Stadt vollkommen unangemessen“. Außerdem könne der Senat, der „ordentlich pleite“ sei, nicht länger als 20 Jahre Sozialwohnungen subventionieren. Die Stadt müsse private Investoren zulassen.

Mit der 90-jährigen Volkswirtin Marie-Luise Schwarz-Schilling hat Benedikt Goebel 2022 die Stiftung „ Berlin Mitte“ gegründet, um das Herz Berlins wieder zum Schlagen zu bringen, wie sie sagen. Wenn er von Bausenator Gaebler grünes Licht erhielte, die Mitte zu gestalten, würde er mit dem Grauen Kloster beginnen, sagt Goebel. „Wenn die Klosterruine wieder ein Dach hat, kann sie ein Schul- und Kulturstandort werden“, meint er.

Beispiel für Historismus: Das Restaurant „Letzte Instanz“ in Mitte

Schon immer habe es Historismus gegeben, erzählt der promovierte Stadtforscher Goebel, beispielsweise um einem Gebäude mehr Würde zu verleihen. Eines der Beispiele sei das Restaurant „Zur letzten Instanz“, dessen Rückwand einst zur Berliner Stadtmauer gehörte und das 1561 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Von dem Originalgebäude ist aber nichts außer den Grundmauern erhalten geblieben. Das jetzige Gebäude ist eine Rekonstruktion aus dem Jahr 1963. Für die Zukunft wünscht sich der Historiker einen „menschenfreundlichen Städtebau “, der die Aufenthaltsqualität verbessere.

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