Zehn Tage lang wurde die Freifläche rund um das Tierversuchslabor geöffnet und für verschiedene Aktivitäten genutzt. Eine erste Bilanz.
Morgenpost vom 25.09.2024 von Katrin Lange

Zehn Tage lang drehte sich nach langer Zeit mal alles wieder um den Mäusebunker in Lichterfelde . Rund um das geschlossene Tierversuchslabor der Charité an der Kramerstraße waren Stände und verschiedene Aktionsflächen aufgebaut, es gab Veranstaltungen, Workshops, Debatten. Wer wollte, lag in einem der 30 Liegestühle, spielte Minigolf oder erholte sich in der mobilen Sauna. Musiker brauchten ihre Gitarren mit und nutzten das Plateau vor dem wuchtigen Gebäude als Bühne für spontane Konzerte.

„In Stoßzeiten waren bis zu 300 Besucher auf dem Gelände“, berichten Dana Schneider, Kristin Lazarova und Elisabeth Knoblich vom Verein Urbane Praxis . Die 1000 Programmhefte seien schnell vergriffen gewesen. Ihre erste Bilanz: Das Interesse an dem Betonbau war groß, ebenfalls die Neugier, auf das Gelände zu gelangen. Die meisten könnten sich kulturelle Angebote im Mäusebunker vorstellen. Andere sehen in dem grünen Freiraum rund um den grauen Betonbau einen Ort, der sich zu einem schönen Treffpunkt, nicht nur für die Nachbarschaft, entwickeln könnte.

Mäusebunker: Festival war zunächst eine einmalige Veranstaltung

Der Verein hat das „ Festival für urbanes Wohlergehen rund um den Mäusebunker“ im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung organisiert. Am vergangenen Sonntag ist es zu Ende gegangen, in dieser Woche wird abgebaut. Es war zunächst eine einmalige Veranstaltung im Rahmen des Modellverfahrens, in dem Ideen für eine weitere Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes gesucht werden.

„Der Plan war, in einem nächsten Schritt die Freiflächen für eine Zwischennutzung zu aktivieren“, erläutert Kristin Lazarova. Diese Etappe wurde jetzt mit dem Festival umgesetzt. Eine Dokumentation der Ergebnisse wird im Nachgang erarbeitet. Doch eine Forderung der Festivalteilnehmer können sie schon weitergeben: Sie wünschen sich, die Freiflächen auch weiterhin zu öffnen und zu nutzen.

Das Organisationsteam hatte einen Fragebogen erstellt, in dem es von den Besucher wissen wollten, wie mit dem Bau , der mit den blauen Lüftungsrohre n einem Schlachtschiff ähnelt, umgegangen werden soll. Die meisten sehen in dem riesigen Gebäude nicht nur Platz für eine, sondern für viele Nutzungen. Zum Beispiel für Sport, so wurde eine Bowlingbahn vorgeschlagen. Aber auch Probenräume für Musiker, Ateliers und ein Klub standen auf den Fragebögen.

Nicht kommerziell sondern kulturell sollte das Gebäude künftig für alle zur Verfügung stehen, so ein häufiger Besucherwunsch. „Es fehlen Räume für junge Menschen und Musiker“, sagt Dana Schneider. Das hätten viele vor Ort erzählt. Wieder andere sehen in dem Mäusebunker einen guten Ort, um zum Beispiel im Keller eine Datenzentrale einzurichten.

Das Gebäude habe viele Festivalbesucher fasziniert, erzählen die drei Frauen. Der größte Wunsch sei es gewesen, hineinzugehen. Doch das ist nicht ohne weiteres möglich. Im Mäusebunker wurde Asbest verbaut, er hat kaum Tageslicht und eine veraltete Technik. Allein der Rückbau der Schadstoffe wird etwa 50 Millionen Euro kosten, so Schätzungen der Charité. Da die Lüftung derzeit nicht aktiviert ist, können sich die Schadstoffe lösen und in die Luft eindringen. Bevor der erste wieder hineingeht, braucht es eine wochenlange Vorbereitungszeit.

Der Mäusebunker sieht nicht nur so aus, er wurde tatsächlich auch so gebaut, wie ein Schiff. Er ist 117 Meter lang und in viele kleine Trakte aufteilbar. Das könnte bei weiteren Nutzungen eine große Rolle spielen. „Man könnte zunächst nur bestimmte Teile in Betrieb nehmen“, sagt Kristin Lazarova. Wie zum Beispiel den Verwaltungstrakt, in dem auch die Kantine war und der immerhin ein paar Fenster hat. Nach und nach sollten dann weitere Bereich dazukommen.

Die Zentralen Tierlaboratorien entstanden zwischen 1970 und 1980 nach den Plänen von Gerd und Magdalena Hänska. Das Gebäude zählt zu den architektonischen Beispielen des „Brutalismus“, was für rohen Beton steht. Seit einem Jahr ist es unter Denkmalschutz . Bis zu 35.000 Mäuse wurden in den Laboren gehalten, das brachte dem Haus den Namen „Mäusebunker“ ein. Die Forschungseinrichtung der Charité ist mittlerweile an den neuen Standort in Buch umgezogen.

Mäusebunker ist eine international bekannte Marke geworden

„Mit seiner außergewöhnlichen Gestaltung im Stil des Brutalismus ist der denkmalgeschützte Mäusebunker eine international bekannte Marke geworden“, erklärt Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamts (LDA). Das Landesdenkmalamt setze sich im Rahmen des „Modellverfahren Mäusebunkers“ schon länger für eine zeitgemäße Umnutzung des Areals sein. Das Festival werde als positives Signal für die Stadtgesellschaft gesehen, so Rauhut.

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Die Freiflächen rund um das Gebäude bleiben bis Ende des Monats tagsüber geöffnet. Besucherinnen und Besucher sind weiterhin eingeladen, das Gelände zu erkunden, sich zu entspannen und die besondere Atmosphäre zu genießen. Ein zentraler Infokiosk steht mit Informationen zum Festival, der Geschichte des Gebäudes und den Zielen der ersten Öffnung des Geländes bereit.

Der Vorschlag der drei Organisatorinnen wäre, so einen Kiosk nicht nur bis Ende des Monats sondern dauerhaft am Mäusebunker zu installieren. Ähnlich wie beim StadtentwicklungsprojektFlussbad “ auf der Fischerinsel. Fragen und Interesse gäbe es genug, so ihre Einschätzung.

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