Der Boulevard in Mitte wird wieder Baustelle. Weitere 84 Linden werden gefällt, neue gepflanzt. Doch das dauert. Jetzt präsentiert der Senat den neuen Zeitplan.
Berliner Zeitung vom 11.10.2024 von Peter Neumann

Seit fast vier Jahren ist in Mitte die Verlängerung der U-Bahn-Linie U5 in Betrieb . Doch die Bäume, die für den Tunnelbau Unter den Linden gefällt werden mussten, sind immer noch nicht nachgepflanzt. Die Baumreihen auf dem traditionsreichen Boulevard im historischen Berliner Stadtzentrum sind weiterhin so lückenhaft wie damals. Ein Berliner , der sich über diesen Zustand ärgert, hat eine Petition ans Abgeordnetenhaus gerichtet. Die Antwort, die er bekam, befriedigte ihn nicht. Nun zeigt eine Nachfrage: Es wird sogar noch länger dauern, bis die Linden wieder komplett sind – vier Jahre noch.

Am 4. Dezember 2020 war es so weit: Erstmals fuhr die U5 aus Hönow über die bisherige Endstation Alexanderplatz hinaus zum Hauptbahnhof. Seitdem ist die Straße Unter den Linden gut mit der U-Bahn erreichbar. Doch auch Jahre nach der Inbetriebnahme der Tunnelstrecke sieht es an der Oberfläche zum Teil noch aus wie früher, bedauert Arndt Hellinger aus Berlin . Auf dem Abschnitt zwischen Glinka- und Charlottenstraße stünden noch wichtige Restarbeiten an, mahnte er in einer Online-Petition, die Anfang Mai des vergangenen Jahres im Abgeordnetenhaus einging. Doch die lassen auf sich warten.

Der Zustand der Straße ist „dem Zentrum der Bundeshauptstadt unwürdig“

„So wurden etwa die beim Bau des gleichnamigen U-Bahnhofs notwendigerweise gefällten Lindenbäume bis dato nicht durch Neupflanzungen ersetzt, und auch das übrige Gestaltungskonzept insbesondere der dortigen Mittelpromenade wurde nach Übergabe der Fläche von der BVG an Senat/Bezirk nur äußerst rudimentär verwirklicht“, bemängelte Hellinger. „Der provisorisch sowie unattraktiv anmutende Zustand des genannten Areals kann nur noch als dem Zentrum der Bundeshauptstadt unwürdig eingestuft werden“ – eine Einschätzung, die viele Berliner teilen werden.

Der Petitionsausschuss beriet Hellingers Eingabe zweimal, in diesem und im vergangenen Jahr. Er bat die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klima und Umwelt um Stellungnahme. Dort hieß es, dass auf Nachpflanzungen bisher verzichtet wurde, weil sie mit einem anderen Projekt koordiniert werden sollen: mit der Neugestaltung der Mittelpromenade. Im September 2024 seien die Vorplanungsunterlagen eingereicht worden. „Es ist geplant, dass die Nachpflanzungen der Linden im Zusammenhang mit der Gestaltung der Mittelpromenade bis Ende 2025 fertiggestellt sind“, erfuhr Hellinger.

Warum dauert das so lange, fragt Arnd Hellinger. Aus seiner Sicht sei der Zustand der Straße Unter den Linden „nicht länger akzeptabel“ – auch wegen der exponierten Lage dieses Bereichs, schrieb der Lichtenberger dem Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses zurück. Er bat darum, sich bei der Senatsverwaltung dafür einzusetzen, dass das Projekt schneller in Angriff genommen und abgewickelt wird.

Auch die Berliner Zeitung fragte in der Verwaltung von Senatorin Ute Bonde nach. Doch die Antwort wird allen, die sich für die Straße Unter den Linden interessieren, noch weniger gefallen. „Die Umsetzung der Maßnahme erfolgt aus logistischen Gründen in Teilabschnitten. Daher werden die Baumpflanzungen voraussichtlich bis 2028 andauern“, teilte Petra Nelken, Sprecherin der CDU-Politikerin, auf Anfrage mit. Diese Zeitangabe ist neu, sie war bislang nicht öffentlich bekannt. Damit ist klar, dass Linden-Fans nun noch mehr Geduld aufbringen müssen als bisher erwartet worden ist.

Die Neugestaltung der Mittelpromenade umfasst die Neupflanzung von Linden, bestätigte die Verwaltung. Doch das Arbeitspensum ist viel größer. „Zur Aufwertung der Baumstandorte und Verbesserung der Standortbedingungen ist der Austausch des schuttdurchsetzten und belasteten Bestandsbodens gegen ein spezielles Baumsubstrat vorgesehen“, hieß es. Zudem werde eine Unterpflanzung angelegt, zuletzt war von Stauden die Rede. Um die Bereiche vor Betreten zu schützen, werden sie leicht erhöht eingefasst. Nicht zuletzt werden die Wegeflächen überarbeitet. Wie es am Ende aussehen soll, zeige die Referenzfläche vor dem Hotel Adlon, so die Sprecherin.

Für die Verlängerung der U5 mussten bereits 116 Bäume gefällt werden

Es sollen rund 155 Bäume gepflanzt werden, berichtete der Senat. „Im Rahmen eines Symposiums mit fachkundiger Beteiligung wurde die Silberlinde Sorte Brabant ausgewählt. Diese Baumart gilt als hitzeresistent, stadtklimafest und weitgehend widerstandsfähig gegen Schadinsekten und Krankheiten. Sie überstehen sommerliche Luft- und Bodentrockenheit recht gut“, teilte Petra Nelken mit. „Ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium ist, dass keine Ausbildung von Honigtau erfolgt, was zum Verkleben der Oberflächen insbesondere der Sitzmöglichkeiten führt.“

Doch Unter den Linden werden nicht nur Bäume gepflanzt – zunächst werden weitere 84 Linden gefällt. Denn die Neupflanzungen sollten nicht nur die für den U-Bahn- Bau gefällten, sondern auch stark geschädigte und absterbende „Bestandsbäume“ ersetzen. Sachverständige hätten festgestellt, dass der „Altbestand aufgrund von massiven Schädigungen nur noch eine geringe zu erwartenden Lebensdauer aufweist“, berichtete Nelken. Die Strategie: Die Altbäume werden durch Neupflanzungen ersetzt, um eine vitale, langlebige und klimaangepasste Allee zu entwickeln.

Um die 2,2 Kilometer lange Lücke zwischen den U-Bahnhöfen Alexanderplatz und Brandenburger Tor schließen zu können, mussten 116 Bäume gefällt werden – darunter 53 an der Straße Unter den Linden . Als das Projekt U5 vor fünf Jahren die Zielgerade erreichte, hieß es optimistisch, dass die neuen Lindenbäume bereits in der Baumschule heranwachsen. Das Bezirksamt Mitte werde den Boulevard wieder so herstellen wie fast zehn Jahre zuvor, als die BVG ihn als Baustelle in Beschlag nahm, sagte Ute Bonde – damals als Finanz-Chefin der damaligen Projektrealisierungsgesellschaft U5 der BVG.

Doch bald stritten sich Bezirk und Senat, und nichts geschah. Die Baumscheiben blieben leer, auch am Rand der Straße Unter den Linden . Zudem gab es einen Strategiewechsel: Inzwischen geht es nicht mehr nur darum, Bäume zu pflanzen. Deshalb wurden diese Arbeiten zurückgestellt und in die Gesamtmaßnahme zur Neugestaltung der Mittelpromenade integriert, bekräftigte Bondes Sprecherin Petra Nelken. „Dies geschah, um in allen Bereichen eine nachhaltige und einheitliche Neugestaltung umzusetzen.“

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