Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben ihr milliardenschweres Sparprogramm für den Landeshaushalt 2025 als unvermeidlich verteidigt
Berliner-Kurier vom 19.11.2024 von BK/dpa

Das 29-Euro-Ticket. Gestrichen. Zwei geplante Straßenbahnverlängerungen. Weg. Gelder für Friedrichstadt-Palast & Co. Gekürzt. Schwarz-Rot verordnet Berlin eine milliardenschwere Sparkur. Die Koalition stelle sich der Verantwortung, den Haushalt in Berlin „in Ordnung zu bringen“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bei einer gemeinamen Pressekonferenz mit anderen Politikern von CDU und SPD. KURIER erklärt, wo gekürzt wird.

Berlin muss drei Milliarden einsparen. „Es war eine Kraftanstrengung, die nicht leicht war“, sagte Wegner. „Wenn man drei Milliarden aus einem Haushalt rausnehmen muss, dann sind das schmerzhafte Einschnitte.“ Der Koalition sei es aber gelungen, einerseits zu sparen und andererseits Prioritäten zu setzen. Wegner nannte die Sicherheit, den sozialen Zusammenhalt und die Qualität der Bildung. Bei den Bezirken sei nicht gespart worden, auch nicht beim Personal.

Schulessen und Kita-Betreuung bleibt kostenlos

Drei Milliarden Euro spart die Koalition im Haushalt 2025, der bisher sogenannte bereinigte Ausgaben von rund 40 Milliarden Euro umfasste, ein. Laut einer in monatelangen Beratungen erarbeiteten Liste sind Tausende Haushaltstitel in praktisch allen Bereichen betroffen. Ein prominentes Opfer des Sparprogramms ist das erst im Juli eingeführte 29-Euro-Ticket. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey beschrieb diesen Beschluss als schwierige Entscheidung. Sie habe sich gewünscht, dass das preiswerte Angebot für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in der Stadt fortgeführt werde, sagte die SPD-Politikerin.

CDU und SPD hätten aber abwägen müssen zwischen diesem Ticket sowie dem kostenlosen Schülerticket für über 300.000 Kinder, kostenlosem Schulessen und Kita-Betreuung. „Am Ende haben wir uns für die Familien, für die Kinder entschieden“, erklärte Giffey. Zum „klaren Bekenntnis zur sozialen Stadt“ gehöre auch, dass das Sozialticket für den ÖPNV weitergeführt werde. Es soll künftig aber 19 statt 9 Euro monatlich kosten. An der Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule werde nicht gerüttelt. Angebote wie kostenloses Schulessen für Schüler bleiben demnach.

Hier setzt Berlin den Rotstift an

Öffis: Nicht nur das 29-Euro-Ticket (Einsparung: 100 Mio. Euro) wird gestrichen. Der Zuschuss zur Anschaffung von E-Bussen wird über Kredite statt über den Haushalt finanziert (96 Millionen). Leistungen für S-Bahnverkehr werden um 50 Mio. gekürzt. Die Planung für die beiden Straßenbahnlinien Alexanderplatz-Potsdamer Platz und Johannisthal-Gropiusstadt wird eingestellt (5 Mio.).

Verkehr : Der Etat für  Radwegeausbau, Fußgängerverkehrt und für Verkehrssicherheit wird um sechs Millionen Euro gekürzt, nicht dringend nötige Straßenbau- und vBrückenbauvorhaben (5,5 Mio.) werden aufgeschoben, 4 Mio. für die Lärmminderung von Straßen gestrichen. Höhere Parkgebühren werden aber nicht erhoben.  CDU-Fraktionschef Dirk Stettner verteidigte die Entscheidung der schwarz-roten Regierungskoalition, an den bisher 20,40 Euro für zwei Jahre für die Parkvignette nicht zu rütteln. Eine moderate Erhöhung hätte nur einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag an Mehreinnahmen gebracht, so der CDU-Politiker bei der Vorstellung der Sparbeschlüsse.

Inneres und Justiz: Kompletter Wegfall von Mitteln für neues Löschboot (Einsparsumme: 1,3 Mio.), Anschaffung von Fahrzeugen für den Katastrophenschutz (2 Mio.), Landeslabor Berlin -Brandenburg (3 Mio.)

Kultur: Die Sanierung der Komischen Oper wird wie befürchtet verschoben. Die Opernstiftung muss auf 15 Millionen Euro verzichten.  Auch die anderen Bühnen müssen sparen – so das Deutsche Theater (3 Mio. Euro weniger), der Friedrichstadt-Palast (1,6 Mio.), die Volksbühne (2 Mio.) und die Berliner Philharmoniker (2 Mio.). Der Zuschuss für Stiftung Zentral- und Landesbibliothek mindert sich um 4 Mio.): Damit dürfte auch ein eventueller Umzug an den Alexanderplatz geplatzt sein. Für Musik, Festivals und Clubkultur stehen 600.000 Euro weniger zur Verfügung.

Wissenschaft/Gesundheit:  Hier sinken die Zuschüsse für Investitionen in Universitäten (8,5 Mio.) und das Studierendenwerk (7 Mio.). Die Hochschulverträge sollen neu verhandelt werden (100 Mio.). Der Neubau des Herzzentrums der Charité wird über Kredite statt über Haushalt (52 Mio.) finanziert.

Stadtentwicklung / Bau : Runtergefahren wird die städtebauliche Entwicklung am Güterbahnhof Köpenick (9,25 Mio.). Der Abriss und Umbau Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (20,4 Mio.) wird verschoben. Auf den Neubau zweier Grundschulen (95,6 Mio.) wird verzichtet.

Wirtschaft: Die Wirtschafts- und Investitionsförderung (19,4 Mio.) wird reduziert.  Weniger Geld gibt es für Straßenreinigung (5 Mio.), Berlin -Marketing (5,6 Mio.), für die Förderung von Kleinwindanlagen (2 Mio.).

Landeseigene Betriebe: Die Berliner Wasserbetriebe müssen dem Senat Gewinne und Rücklagen in Höhe von 154 Mio. Euro zur Verfügung stellen, berichtet die BZ. Und die Stadtreinigung verliert 60 Mio. von ihrem Plus.

Beamte: Deren Gehalt wird langsamer als geplant auf Bundesniveau angehoben. Der Anstieg wird fast halbiert: Statt einem Plus von 0,76 Prozent im Februar, gibt es jetzt nur 0,4 Prozent mehr. Einsparung: 21 Mio. Euro. Die Leistungsprämie zum Jahresende wird abgeschafft.

Mehreinnahmen: Die City-Tax für Touristen wird von 5 auf 7,5 Prozent angehoben. Das macht 45 Mio. Euro. Die Erhöhung der Zweitwohnungssteuer (von 15 auf 20 Prozent) bringt weitere 10 Mio. Euro. Die Vergnügungssteuer wird von 20 auf 25 Prozent (9 Mio.) erhöht.

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) sprach ausdrücklich nicht von reinen Einsparungen. Rund eine Milliarde Euro entfielen auf Einnahmeerhöhungen und „alternative Finanzierungsformen“: Gemeint sind Schulden, die landeseigene Unternehmen wie Stadtreinigung oder Wohnungsgesellschaften aufnehmen.

Der Finanzsenator kündigte an, dass der Senat am Dienstag den Nachtragshaushalt beschließt. Im Dezember solle im Abgeordnetenhaus darüber beraten werden. Bei den bisherigen Einschnitten werde es allerdings nicht bleiben können, sagte Evers mit Blick auf den nächsten Doppelhaushalt 2026/2027, mit dem sich Schwarz-Rot schon bald beschäftigen muss. „Wir haben immer noch eine große Aufgabe vor uns.“ Der Sparkurs werde fortgesetzt.

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