Verena Hubertz soll Bauministerin im Merz-Kabinett werden. Schafft die SPD-Frau und Unternehmerin die Wende auf dem Wohnungsmarkt?
Morgenpost vom 06.05.2025 von Tobias Kisling

Am Montag gab der künftige Vizekanzler Lars Klingbeil bekannt, welche Ministerinnen und Minister die SPD in der neuen Regierung unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz ( CDU ) stellen wird. Dabei setzt der SPD-Chef unter anderem auf eine Nachwuchspolitikerin: Verena Hubertz soll laut dem SPD-Vorstand neue Bauministerin werden.

In Fachkreisen wurde bereits seit einigen Wochen ihr Name genannt, wobei auch der bisherige Ostbeauftragte Carsten Schneider für das Amt infrage kommen würde. Schneider erhält allerdings das Umweltministerium, Hubertz wird Bauministerin.

Verena Hubertz: Neue Bauministerin steht vor einer schweren Aufgabe

Hubertz steht vor einer schwierigen Aufgabe. Auf dem Wohnungsmarkt herrscht seit Jahren Krise, insbesondere in den Metropolen stehen zu wenig bezahlbare Wohnungen zur Verfügung. Die Folge: hohe Mieten und in Teilen Verdrängung. Der Wohnungsbau lahmt zudem seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs und der folgenden Energiekrise, die auch Baumaterialien deutlich verteuerte und zudem für eine Wende bei den bis dahin niedrigen Bauzinsen sorgte.

Hinzu kommt: Viele Wohnungen sind nicht barrierefrei, also nicht ausgelegt auf eine alternde Gesellschaft. Große Teile des Bestands sind alt, der Energiestandard ist niedrig. Sanierungen aber sind zuletzt durch die hohe Inflation bei Baumaterialien noch teurer als ohnehin schon geworden, das Thema ist emotional aufgeladen, wie nicht zuletzt am langen Ringen des Gebäude-Energie-Gesetzes, umgangssprachlich bekannt als Heizungsgesetz, zu sehen gewesen ist.

Verena Hubertz tritt Nachfolge von Klara Geywitz an: Die Probleme aber bleiben

Die Ampel-Koalition hatte noch im Koalitionsvertrag vereinbart, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen zu wollen. An diesem Ziel scheiterte die bisherige Bauministerin Klara Geywitz (SPD) krachend. Geywitz, eine enge Vertraute von Olaf Scholz, blieb in der Öffentlichkeit bis zuletzt blass. In Erinnerung blieben Sätze wie „Ich bin das Gesicht der Baukrise“ oder die sinnbildliche Übergabe eines Holzhauses an ihren japanischen Amtskollegen bei einem G7-Bauministertreffen, das noch bei der Übergabe zerbrach.

In der Immobilien- und Baubranche aber wurde Geywitz für ihre Akribie, ihr offenes Ohr und ihr Versuche, Lösungen für die vielfältigen Probleme des Wohnungsmarktes und der Bauwirtschaft zu finden, zunehmend geschätzt – ein Grund, warum sie trotz fehlenden Bundestagsmandats und dem Verfehlen der gesteckten Ziele bis zuletzt ebenfalls immer wieder genannt wurde, wenn es um mögliche SPD-Ministerinnen ging.

Verena Hubertz dürfte aber von einer Vorarbeit profitieren: Geywitz baute das Ministerium, das 2021 erstmals seit 1998 wieder eigenständig wurde, komplett neu auf, richtete Referate und Sekretariate ein und machte es handlungsfähig.

Dem Bauministerium fehlten zuletzt wichtige Kompetenzen

Bis zuletzt hatte Geywitz aber damit zu kämpfen, dass ihr Haus neben fehlenden finanziellen Mitteln auch über zu geringe Kompetenzen verfügte, da beispielsweise die Förderung für energetische Sanierung und Energieberatung im von Robert Habeck (Grüne) geführten Bundeswirtschaftsministerium lagen.

Hier wird die erste große Aufgabe auf Hubertz warten: Schafft sie es, dass das Bauministerium mehr Kompetenzen erhält und so stärker Förderprogramme etwa über die staatliche Förderbank KfW steuern und auflegen kann, dürfte im Zusammenspiel mit dem künftigen Finanzminister Lars Klingbeil das Ministerium an Bedeutung gewinnen.

Verena Hubertz gründete erfolgreich ein Start-up

Es wird also gleich zu Beginn auch auf Verhandlungsgeschick ankommen: Keine schlechte Grundlage für Hubertz, die trotz ihres jungen Alters auf Erfolge in der freien Wirtschaft zurückblicken kann. Die gebürtige Triererin, die Betriebswirtschaftslehre in Trier, Vallendar und Nashville im US-Staat Tennessee studierte und mit einem Master-Abschluss mit Fokus auf Unternehmensstrategie und Innovationsmanagement abschloss, gründete 2013 zusammen mit ihrer Freundin Mengting Gao das Start-Up AJNS New Media, das ein Jahr später die App Kitchen Stories herausbrachte. Dort präsentierten die beiden Gründerinnen Erklärvideos zu Kochrezepten – und sorgten für einen Überraschungserfolg.

2,7 Millionen monatliche Nutzer zählt die App eigenen Angaben zufolge heute in Deutschland. Selbst Apple-Chef Tim Cook stattete Hubertz und Gao im Jahr 2017 einen Besuch ab. Wenig später kaufte die Bosch-Tochter BSH Hausgeräte die Mehrheit an Kitchen Stories, laut „Gründerszene“ soll die Bewertung damals zwischen 20 bis 25 Millionen Euro gelegen haben. Hubertz blieb noch drei Jahre an Bord, ehe sie Ende 2020 in die Politik wechselte, bei der Bundestagswahl 2021 dem CDU-Politiker Andreas Steier das Direktmandat abluchste und anschließend stellvertretende Fraktionschefin in der SPD wurde. Ihre Themen: Wirtschaft, Bau, Wohnen und Tourismus. Fremd sind ihr Bau- und Wohnungsanliegen also nicht.

Hubertz forderte einen dreijährigen Mietenstopp

Zumal Hubertz auch am Bündnis bezahlbarer Wohnraum mitarbeitete. In dem Bündnis versammelten sich eine breite Anzahl von Akteuren unterschiedlichster Interessen des Wohnungsmarktes: Von Mietschützern über Immobilienverbände bis hin zu Bau- und Umweltorganisationen. In der Bewertung des Erfolgs des Bündnisses gehen die Meinung der teilnehmenden Verbände weit auseinander, Hubertz aber dürfte während der Arbeit die Möglichkeit genutzt haben, um Kontakte zu knüpfen.

Wie gut diese Kontakte sind, wird sich zeigen. Denn Hubertz dürfte von Seiten der mächtigen Bau- und Immobilienlobby zunächst jede Menge Skepsis entgegenkommen: Nicht nur ihr Engagement für die Verlängerung der Mietpreisbremse dürfte in diesen Kreisen kritisch gesehen werden. Hubertz hatte sich vor zwei Jahren bereits für einen dreijährigen Mietenstopp ausgesprochen. Zwar wolle man schneller bauen, aber auch bei den bestehenden Mieten brauche es eine „Atempause“, hatte Hubertz damals gesagt.

Entsprechend groß dürften die Hoffnung von Mieterschützern und Gewerkschaften bei der Personalie Hubertz sein. Aber: Bei diesen Vertretern war auch Geywitz mit großen Vorschusslorbeeren gestartet. Am Ende waren Mieterschützer und Gewerkschaften aber zunehmend enttäuscht, während Geywitz in der Bau- und Immobilienwirtschaft geschätzt war. Hubertz wird einen Mittelweg finden müssen in diesem schwierigen Themenfeld, das das Leben aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ganz unmittelbar betrifft.

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