19 Statuen finden in den kommenden Tagen ihren Platz auf der Dachbalustrade. Damit soll der 2013 begonnene Bau abgeschlossen sein. Stimmt das?
Morgenpost vom 07.05.2025 von Isabell Jürgens
Die überlebensgroße Sandsteinfigur schwankt und wackelt, bis sich die um ihre Taille gewickelten Gurte spannen. Schließlich schwebt die tonnenschwere Dame vom Tieflader und landet sanft vor dem Berliner Schloss. Die weibliche Gewandfigur ist eine von insgesamt 19 Figuren, die auf der Dachbalustrade des teilrekonstruierten Schlosses bis Mitte Mai ihren endgültigen Standort finden sollen. Damit, so Hartmut Dorgerloh, Generalintendant und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, sei das Humboldt Forum baulich fertig gestellt . Doch so ganz stimmt das nicht, wie ein Rundgang um das Gebäude zeigt.
Denn an dem vor vier Jahren eröffneten Gebäude laufen noch einige weitere Arbeiten. So wird derzeit auch das Portal V auf der Lustgartenseite des Schlosses nach historischem Vorbild wieder hergestellt. Bis Ende Mai, informiert Technikvorstand Hans-Dieter Hegner, soll aber auch diese Rekonstruktion abgeschlossen sein. Gearbeitet wird auch weiterhin noch an den Außenanlagen des Schlosses.
80 Bäume sollen die steinerne Wüste grüner machen
Hier geht es vor allem darum, die immer wieder kritisierte „steinerne Wüste“ grüner zu machen. „Die einsame Weide auf der Spreeterrasse vor der Ostfassade bekommt in diesen Tagen Gesellschaft durch eine weitere Baumgruppe “, sagt Hegner. Und verspricht: „Es werden noch drei weitere Gruppen mit insgesamt 80 Bäumen auf dem südlichen Schloßplatz entstehen.“ Dafür laufe gerade die Genehmigungsplanung.: „Wir rechnen damit, dass wir das baulich im nächsten Jahr umsetzen können.“
„Der oft geäußerte Wunsch vieler Berliner nach einem Brunnen auf dem Schloßplatz soll auch in Erfüllung gehen, sagt Hegner. Allerdings wird der Neptunbrunnen, der zu DDR-Zeiten vom Schloßplatz weichen musste und vor dem Berliner Rathaus wieder aufgebaut wurde, nicht zurückkehren. Auch eine Kopie ist nicht geplant, informiert Hegner. Stattdessen soll ein zeitgenössischer Brunnen entstehen, der allerdings, wie die gesamte Schlossfassade, die Kuppel und auch die Sandsteinfiguren, aus Spenden finanziert werden müsse.
Spenden für die Rekonstruktion „komplett verbaut“
Denn nur durch Spenden, erinnert Stiftungschef Dorgerloh, konnten die Rekonstruktionen des durch die DDR-Regierung 1950 gesprengten Bauwerks realisiert werden. So gaben Unterstützer 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der barocken Fassade, weitere 25 Millionen Euro für die Schlosskuppel samt aufgesetzter Laterne und goldenem Kreuz, rund sieben Millionen für weitere Portaldurchgänge und 3,4 Millionen Euro für die insgesamt 19 Balustradenfiguren. „Die Errichtung von 750 laufenden Metern barocker Fassade im Rahmen einer 1:1-Rekonstruktion mit rund 3000 figürlichen Darstellungen ist einmalig und eine architektonische, ingenieurtechnische und handwerkliche Meisterleistung“, betont Hegener.
„Das vom Förderverein eingeworbene Geld haben wir jetzt komplett verbaut, da ist kein Cent mehr übrig“, ergänzt Dorgerloh. Die 3,4 Millionen Euro für die Balustradenfiguren seien hauptsächlich durch zwei Großspenden zusammengekommen – deren Geber allerdings ungenannt bleiben wollen, wie der Chef des Humboldt Forums hinzufügt. Die Herkunft der Spender sei aber bekannt und entsprächen den Spendenrichtlinien des Hauses.
Beim Rundgang um das Gebäude fällt auf, dass ausgerechnet vor dem prächtigen, von der Kuppel gekrönten Eosanderportal auf gleich zwei Baustellen lediglich die Spontanvegetation gedeiht. „Beides sind nicht unsere Baustellen“, betont Dorgerloh. Und fügt hinzu, dass es zumindest für die seit langem geplante Freitreppe zum Kupfergraben, Hoffnung auf baldigen Baubeginn gebe.
Bau der Freitreppe am Humboldt Forum soll starten
Die Arbeiten sollen im Spätsommer beginnen, wie Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) kürzlich mitgeteilt hatte. Über das Projekt hat es jahrelange Diskussionen gegeben. Einen ersten Beschluss für den Bau der Freitreppe hat der Senat bereits im Dezember 2019 gefällt. Danach passierte lange nichts. Grund war unter anderem ein Streit zwischen dem Senat und dem Bezirk Mitte um Geld und Zuständigkeiten.
Nicht ganz so hoffnungsvoll blicken Dorgerloh und sein Technikchef auf die Baustelle des Einheitsdenkmals, das unter anderem aufgrund langwieriger Streitigkeiten zwischen dem Generalübernehmer und dem von ihm beauftragten Stahlbauer verzögert worden ist. „Darum wird sich nun der neue Kulturstaatsminister kümmern“, hofft Hegner.
Publikumstage Ende Juni
Trotz dieser noch offenen Baustellen lädt das Humboldt Forum aus Anlass der offiziellen Baufertigstellung am letzten Juniwochenende (27. und 28. Juni) zu Publikumstagen ein. Mit Vorträgen, Sonderführungen und Gesprächsrunden geben Expertinnen und Experten Einblicke in die komplexe Gebäudetechnik und zeigen Bereiche, die für das Publikum normalerweise nicht zugänglich sind. Auch die Bildhauerkunst, die Arbeit der Restaurierungswerkstätten, Kunst am Bau sowie die Gestaltung der Außenanlagen und des Stadtraums werden vorgestellt. Das Programm ist auf der Website des Humboldt Forums zu finden.
