Die Villa liegt rund 40 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Sie befindet sich im Besitz des Landes Berlin. Doch seit Jahren steht sie leer.
Morgenpost vom 21.05.2025 von Isabell Jürgens
Seit mehr als 20 Jahren stehen auf einem riesigen Areal am Bogensee, rund 40 Kilometer nördlich von Berlin, die Villa von Hitlers Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels und die zu DDR-Zeiten errichtete Talentschmiede der FDJ leer. Nach der deutschen Wiedervereinigung fällt das gesamte Areal in den Besitz des Landes Berlin. Seitdem hat die Immobilienübertragung vor allem eines verursacht: hohe Kosten für Unterhalt und Sicherung der Gebäude. Zuständig dafür ist die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM), die auf eine schnelle Lösung drängt - und sich für den Abriss ausspricht.
„Uns ist bewusst, dass die Gebäude unter Denkmalschutz stehen“, sagt Birgit Möhring, Geschäftsführerin der BIM. Aber wir haben hier einen Investitionsstau deutlich im dreistelligen Millionenbereich. Dazu kämen die laufenden Kosten für die Sicherung, die sich auf 120.000 Euro im Jahr beliefen. Zugleich sei es in all den Jahren nicht gelungen, einen seriösen Interessenten zu finden. „Wir haben schon einmal den Verkauf gestoppt, weil wir gesagt haben, das Grundstück einfach so zu verkaufen würde im schlimmsten Fall bedeuten, dass dort die falschen Leute einen Erinnerungsort schaffen, was wir alle nicht wollen“, so die BIM-Chefin.
Deshalb stehe „ sehr deutlich im Raum – dass wir abreißen müssen“, sagt Möhring. Wenn es keine wirtschaftliche Perspektive für den Erhalt der Gebäude gebe, sei dies die einzig verbliebene Option. Tatsache sei, dass es derzeit niemanden gebe, der sich konkret für die gesamte Liegenschaft interessiere. Zwar gebe es Pläne der Gemeinde Wandlitz und des Bundesbauministeriums, die aktuell eine Machbarkeitsstudie planen, die sich über zwei bis drei Jahre erstrecken soll. Auch Überlegungen des Innenministerium, dort vielleicht Übungsflächen für die Bundespolizei oder Ähnliches einzurichten, seien bekannt. „Bisher hat sich aber weder eine Institution noch eine kommunale Einrichtung gefunden, die dieses Areal übernehmen möchte. Niemand“, bekräftigt Möhring.
Bogensee-Abriss kostet zweistelligen Millionenbetrag
Die BIM will noch in diesem Jahr eine finale Entscheidung herbeiführen. „Für das nächste Jahr möchte ich in der Haushaltsplanung Mittel für Abrisskosten im Treuhandvermögen einplanen“, so Möhring weiter. Auch der Abriss wird teuer: Die BIM rechnet mit einem zweistelligen Millionenbetrag. „Wir denken daran, erste Beträge ins Budget zu stellen, um zumindest mittelfristig die Möglichkeit eines Abrisses zu haben“, sagt die Geschäftsführerin - und warnt: „Je länger die Gebäude ungenutzt stehen, desto schlechter wird ihr Zustand. Das bedeutet, dass wir kurzfristig wieder investieren müssten, allein um Schäden zu vermeiden.“
„Wir haben in Berlin andere Prioritäten als diese ehemalige SED Hochschule und die Goebbels-Villa zu unterhalten, fährt die Immobilienmanagerin fort. Denn in Berlin bröckeln nicht nur Brückenbauwerke, sondern auch Gebäude, ergänzt Co-Geschäftsführer Matthias Hardinghaus. Anders als bei den A100-Autobahnbrücken und der Wuhlheidebrücke drohe aktuell zwar noch kein Totalverlust eines Gebäudes - „aber der erhebliche Sanierungsstau ist nicht ohne Risiko für die Zukunft“, sagt Hardinghaus. „Es kann sein, dass wir einige Standorte schließen müssen.“ Welche das sind, will der BIM-Chef allerdings nicht verraten.
Sanierungsstau beläuft sich auf 8,3 Milliarden Euro
Nur soviel: Der Sanierungsstau bei den insgesamt rund 5000 Gebäuden , die die BIM für die Verwaltung, für Schulen, Polizei oder Feuerwehr betreut, belaufe sich auf insgesamt 8,3 Milliarden Euro. Davon sind allein 2,7 Milliarden Euro erforderlich, um die energetische Ertüchtigung anzugehen, damit das Land Berlin seine Klimaziele bis 2045 erreicht. Zur Verfügung ständen in diesem Jahr allerdings nur 305 Millionen Euro, der Fehlbedarf belaufe sich auf 154 Millionen Euro.
Ein Fehlbetrag, der nur theoretisch durch höhere Mieten gedeckt werden könne. „Aktuell zahlen die Behörden auf Senats- und Bezirksebene deutlich unter zehn Euro je Quadratmeter“, ergänzt Möhring. Die Mieten seien angesichts der angespannten Haushaltslage seit Jahren nicht mehr erhöht worden, die betriebs- und Unterhaltskosten dagegen enorm gestiegen. „In Summe bräuchten wir jedes Jahr 100 bis 200 Millionen Euro mehr Mieteinnahmen“, sagt die Geschäftsführerin. Realistisch wären Mieten, je nach Immobilie, zwischen zwölf und 25 Euro. Da dies aber zur Zeit nicht finanzierbar sei, müssten Sparpotenziale gehoben werden.
Behörden sollen zusammenrücken
Und diese, ergänzt Hardinghaus, lägen vor allem in alternativen Finanzierungsmodellen durch Kreditaufnahme. Und in einem effizienten Flächenmanagement. Dazu laufe aktuell eine Gebäudepotenzialanalyse. Dabei werde für jede Behörde errechnet, wie viel Fläche durch Homeoffice und Desksharing tatsächlich noch erforderlich sei. Diese Analyse sei für die Senatsverwaltungen für Bildung und Finanzen bereits abgeschlossen, andere seien aktuell im Prozess. „Aktuell gleichen wir ab, wie sich die nicht nicht mehr erforderlichen Flächen nutzen lassen.“ Schließlich habe die BIM aktuell noch 800.000 Quadratmeter Bürofläche angemietet. Bis dieses Potenzial tatsächlich gehoben werden könne „ werden wir mit den Verwaltungen noch in die Diskussion gehen müssen und klären, welche Dinge wirklich notwendig sind“.