Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz kritisiert den Umgang mit historisch bedeutsamen Gebäuden
FAZ vom 20.08.2025 von Nikolaus Bernau
Jeden Tag gehen mindestens drei in den Denkmalschutzlisten verzeichnete Bauten oder Anlagen „verloren“, wie es die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) vornehm formuliert. Sie werden also, obwohl in einem aufwendigen Verfahren ihre historische Bedeutung bereits festgestellt ist, aus den Listen gestrichen, abgerissen, bis zur Unkenntlichkeit vandalisiert. In den allermeisten Fällen gibt es Täter, die eindeutig benannt werden können. Dass etwa durch Naturkatastrophen Verluste entstehen, ist selten. Auch das erfährt man aus dem ersten „Schwarzbuch der Denkmalpflege“, das gestern die DSD in Berlin vorstellte. Sie ist als privater Verein politisch unabhängig, hat auch die einstige Konzentration auf Bauten der vorindustriellen Zeitalter hinter sich gelassen und die Moderne mit in den Blick genommen. Dank Spenden ist die Stiftung inzwischen oft machtvoller als so manches Landesdenkmalamt. Genau diese Macht will sie nun auch mit dem Schwarzbuch aktivieren, jährlich sollen Neuauflagen folgen.
Allerdings, wie Steffen Skudelny, Vorstand der DSD, gleich mehrmals betonte, bilde es bei Weitem nicht die tatsächlichen Verluste ab. Für einen wirklich genauen Überblick nämlich fehlten, so Eva Masthoff, die Initiatorin des Projekts, alle statistischen Angaben. Es gebe des Kulturföderalismus wegen nicht einmal einen Überblick, wie viele Denkmale genau in den von den Kommunen geführten Listen verzeichnet sind; vermutet werden etwa 1,1 Million Anlagen oder zwei bis vier Prozent des Baubestandes. Noch weniger bekannt sei, welche Denkmale aus den Listen gestrichen wurden. Eine Kernforderung ist also: Der Bund müsse endlich für anständige Statistiken sorgen.
Skudelny betonte, dass die allermeisten Denkmaleigentümer verantwortlich mit „unserem Erbe“ umgingen. Aber es gebe immer wieder Übeltäter, die bewusst als historisch bedeutsam erkannte Bauten verfallen lassen. Dazu gehöre auch und gerade die öffentliche Hand. Sie finde immer wieder Wege, sich ihrer gesetzlichen Pflicht zum sorgsamen Unterhalt, zum vorsichtigen Umgang und zum Erhalt von eingetragenen Denkmalen zu entziehen. Deswegen sei das „Generalshotel“ auf dem Flughafengelände in Schönefeld bei Berlin zerstört worden, steht in Saarbrücken das monumentale Finanzamt in Abbruchgefahr, ein vorzüglicher Bau der 1950er-Jahre. In Düsseldorf hat die Landesregierung zwar nach Protesten beschlossen, den aus Keramik gestalteten, abstrakten Außenschmuck des einstigen Audimax der Ingenieurshochschule erhalten zu lassen. Das Gebäude soll aber trotzdem abgerissen werden. Wie beides zusammengeht? Wohl gar nicht.
Genau das haben die Fachleute im Landesdenkmalamt von vorneherein gesagt. Aber gerade diese Fachleute, so die DSD immer wieder im „Schwarzbuch“, werden immer mehr zugunsten politischer Einzelfallentscheidungen entmachtet. Seit einer Gesetzesnovelle in Nordrhein-Westfalen vor drei Jahren dürfen sie in vielen Verfahren nicht einmal mehr intervenieren.
Für den Vorsitzenden des Stiftungsrates der DSD, Jörg Haspel, ist klar: „Abriss darf sich nicht lohnen.“ Wenn Häuser gezielt dem Verfall überlassen werden, dann dürfen die Verursacher nicht auch noch Profit machen können. In Bayreuth etwa ging dadurch ein prachtvoller Fachwerkhof zugrunde. Doch in diesem Fall kam der Eigentümer nicht mit einer lächerlichen Geldstrafe davon. Die Stadt beschloss offenbar, dass mit dem Abriss auch die Bestandsgarantie für die Bebauung erloschen sei. Das Grundstück bleibt leer. In einem anderen Fall wurden Hauseigentümer gezwungen, den durch einen Penthouse-Aufbau ersetzten barocken Dachstuhl zu rekonstruieren. Wenn das Schule machte, wäre so manchem Vandalismus die Grundlage entzogen.