Berlin. Mit 14 Jahren Bauzeit setzte der Hauptstadtflughafen eine negative Rekordmarke. Diese Projekte sind dem BER dicht auf den Fersen
Morgenpost vom 30.10.2025 von Uta Keseling
Zwischendrin hatten ihn die Lost-Place-Fotografen schon als Motiv entdeckt, dann wurde er 2020 doch noch eröffnet: Der Flughafen BER setzte Maßstäbe. 14 Jahre Bauzeit, 7,3 Milliarden Euro – und mehr und absurdere Pannen, als sich der glühendste BER-Kritiker je hätte ausmalen können. Wer den Grusel-Schlagzeilen von damals nachtrauert, sollte sich auf diese Projekte fokussieren: Berlin kann es noch – dies sind die aussichtsreichsten Nachfolger des BER.
U-Bahnhof Bismarckstraße: Noch zwei Jahre, dann ist der BER-Rekord gebrochen
Noch zwei Jahre, dann stellt der U-Bahnhof Bismarckstraße in Charlottenburg den Rekord des Flughafen BER ein. Der Flughafen brauchte 14 Jahre – am Umsteigebahnhof Bismarckstraße (U2 und U7) wird seit 2013 gebaut. Wobei der Bahnhof selbst erst 1978 eröffnet wurde und somit ein Viertel seiner „Lebenszeit“ Baustelle war. Das dürfte für einen weiteren Rekord reichen.
Immerhin, könnte man sagen, kleben seit einigen Jahren neue, grüne Kacheln – an den Wänden. Von den Decken baumeln nach wie vor Kabel. Wann wird das fertig? 2020, hieß es mal. Dann Ende 2022. Dann Frühjahr 2023. Im Jahr 2023 informierte die BVG: Ende 2024 werde es so weit sein. Nun heißt es: Für die Decken brauche man weitere „100 Wochen“. Die Aufholjagd läuft!
Warum dauert das so lange? Im Laufe der Jahre wurden als Ursachen genannt: Das aufwendige Vergabeverfahren zur europaweiten Ausschreibung, Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie, Material-Engpässe, Einschränkungen bei Nachtarbeit – und aktuell: Pleiten, Pech und Pannen bei Planungsunternehmen.
Auch rekordverdächtig: Lost Place U-Bahnhof Schloßstraße
Der U-Bahnhof Schloßstraße in Steglitz gehört zu den schönsten Berlins – theoretisch. Gebaut wird hier seit 2016 . Zu spät stoppte der Denkmalschutz die Zerstörung der architektonischen Gestaltung. Seitdem gleicht die Station einem Lost Place. Der Bahnhof soll nun wieder in den Urzustand gebracht werden – unter Wahrung der aktuellen Vorschriften. Neuer Fertigstellungstermin: „in den 2030er Jahren“, so die Verkehrsverwaltung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen.
Stadtautobahn A100: Zwölf Jahre Bauzeit – und noch ein Negativ-Rekord
in Treptow im Sommer auslöste, ging es fast unter: Auch dieses Autobahnteilstück war nicht überraschend im Stadtbild aufgetaucht. Sondern, nun ja, schon etwas länger im Bau. Zwölf Jahre, um genau zu sein. Die Planung lief sogar schon seit den 1990er-Jahren.
Die Autobahn stellt immerhin einen anderen Rekord auf: Mit Kosten von mehr als 720 Millionen Euro ist der 16. Bauabschnitt der A100 das teuerste Stück Autobahn, das je in Deutschland entstanden ist. Der BER war dennoch noch ein kleines bisschen teurer: 7,3 Milliarden Euro.
Was mit Tieren: Warum 2000 Wohnungen am Pankower Tor seit 25 Jahren nicht gebaut werden
Es ist das vielleicht am längsten verhinderte Bauprojekte Berlins – und das mit den mutmaßlich meisten (Tier-)Schlagzeilen. Das Areal kennt jeder, der vom Berliner Ring über Pankow nach Berlin fährt. Es geht um die struppige Brache zwischen den Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf. Seit gut 25 Jahren will Investor Kurt Krieger auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs Pankow 2000 Wohnungen, Geschäfte und Wohnungen bauen. 2009 erwarb er das Gelände, seit rund 14 Jahren wird geplant.
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Zuerst gab es Streit zwischen dem Land Berlin und dem Investor über das neue Stadtviertel, dann kamen der Natur- und Artenschutz und der Denkmalschutz. Legendäre Bauvorhaben-Verhinderungstiere wie die Kreuzkröte mussten umgesiedelt werden. Dafür wiederum sollten Kleingärten weichen. Zuletzt stritten die Wasserbetriebe mit Naturschützern um Krötenumsiedelungsrechte. Baustart könnte frühestens für 2026 oder 2027 sein, hieß es.
Mehr Berlin geht nicht: Der Steglitzer Kreisel
Das Skelett ragt seit Jahren im Süden Berlins filigran in den Himmel – ein Symbol der Ratlosigkeit, wenn man so will. Das 120 Meter hohe Hochhaus des Steglitzers Kreisels, erbaut in den 1970er-Jahren, steht seit 2007 weitgehend leer. Bis dahin war das Bezirksamt Steglitz darin untergebracht, im Sockelgebäude gab es Geschäfte, dann wurde der Komplex verkauft. Geplant war ein neues „Wahrzeichen im Berliner Südwesten“ namens „Überlin“, mit 330 Eigentumswohnungen, die 2024 fertig werden sollten sowie Einzelhandelsflächen im Sockel. Stattdessen gab es Streit um Kaufverträge und um Genehmigungen – und Stillstand. Im Sockel gedeiht mittlerweile das öffentlich geförderte alternative Berliner Leben auf einer „Freizeit- und Bewegungsfläche“ mit Ausstellungen, Ateliers, offenen Werkstätten für Kreative. Nebenan hat gerade eine Notunterkunft der Kältehilfe für Obdachlose eröffnet. Grundsätzlich wird erwogen, den ganzen Turm „alternativ“ zu nutzen. Das wäre dann vielleicht nicht „Überlin“, aber dafür „so berlin“, wie es heute gern heißt, wenn es um Dinge geht, die es nur hier geben kann.
