Das Stadtschloss wird wiederaufgebaut. So viel steht fest. Doch was wird aus der direkten Umgebung?

05. 06. 2012 - Von Gunnar Schupelius

Obwohl zum Beispiel der Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus eigentlich hierhin gehört und viele andere schöne Dinge auch, die noch erhalten sind, will Senatsbaudirektorin Regula Lüscher einen Wettbewerb ausschreiben, der über die Gestaltung am Schloss entscheiden soll.Frau Lüscher gilt als prinzipielle Gegnerin des Wiederaufbaus. Da sie ihn nicht verhindern konnte, würde sie nun versuchen, wenigstens die historische Rekonstruktion der Umgebung scheitern zu lassen. So sagt man im Senat.

 

Ich fragte Frau Lüscher, ob das so sei. Nein, ließ sie ausrichten, der Wettbewerb würde die Möglichkeit der historischen Rekonstruktion zulassen. Ob ich den Ausschreibungs-Text sehen könnte? Nein, der sei erst nach der Sommerpause fertig formuliert. Warum stellt man nicht alle schönen Dinge, die noch erhalten sind, rund um das Stadtschloss wieder auf? Ich verstehe übrigens auch nicht, warum keiner der Innenräume des Schlosses originalgetreu rekonstruiert werden darf. Soeben erschien ein Buch ("Das Berliner Schloss", Verlag Schnell& Steiner GmbH), in dem der Autor Guido Hinterkeuser zeigt, wie viel originale Innenausstattung noch erhalten ist. Zum Beispiel könnte man die barocke Spiegelgalerie von Eosander im zweiten Obergeschoss mühelos wiederherstellen, da es alle Gemälde, die hier hingen, noch gibt. Wie schön wäre es auch, wenn der Besucher das pompöse Empfangszimmer von Kaiser Wilhelm II. sehen könnte? (Foto). Den Kritikern eines Wiederaufbaus der Innenräume hält Hinterkeuser entgegen, dass auch das Goethe-Haus in Frankfurt a. M. vollständig zerbombt war. Es wurde vollständig rekonstruiert. Welchen der Millionen von Besuchern stört das heute? Oder anders gefragt: Wäre es besser, es gäbe gar kein Goethe-Haus mehr? Frau Luscher hätte, wäre sie verantwortlich gewesen, sicherlich dafür gesorgt, dass heute niemand mehr sehen könnte, wie Goethe lebte. Wenn wir uns entschlossen haben, das Stadtschloss wiederaufzubauen, warum sollen dann Umgebung und Innenräume mit dem Stil brechen? Was nützt es, wenn das Schloss von außen barock, von innen aber kühl und funktional gestaltet ist? Warum soll ich im Schloss das Museum für Urgeschichte antreffen (so ist es geplant) und nicht den Kaisersaal und nicht die Bilder-Galerie von Eosander? Wer A sagt, der soll auch B sagen. Am Schloss möchte ich eintauchen in die Vergangenheit. Und nicht auf die neuesten Hirngespinste von Architekten stoßen, denen irgendeine Jury den Zuschlag gegeben hat. Hat Schupelius recht? Rufen Sie an: 030/2591 73153 oder Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

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