Rathausplatz
Berliner Kurier vom 19. Januar 2015 von GL

Kalter Wind pfeift durch die Leere: Das Areal zwischen Fernsehturm und Spree, zwischen Rotem Rathaus und Marienkirche ist kein Ort, an dem man sich gern lange aufhält.

Am 16. Februar wird ein neuer Sturm losbrechen: Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) startet eine stadtweite Debatte, was die Berliner sich an diesem Ort vorstellen.

Das alte Stadtzentrum, heute „Rathausforum“ genanntes Gebiet von 14 Hektar, war bis zu den Bombenangriffen des zweiten Weltkriegs ein eng bebautes Quartier.

Was danach noch stand, ließ die DDR-Stadtplanung abreißen. Mit einem Mal standen Rathaus und Marienkirche frei. Das Straßennetz des alten Berlin ist weg.

 

Geisel: „Die Berliner sollen bis Ende des Jahres vorschlagen, welche Nutzung sie sich hier wünschen.“ Bürger und Experten sollen in „Werkstätten“ und „Workshops“ ihre Ideen entwickeln, sich untereinander austauschen und im September zusammenkommen, um ein „Manifest Berliner Mitte“ zu formulieren, das im Dezember dem Abgeordnetenhaus übergeben wird. Das Parlament soll dann entscheiden, was geschehen soll – schon 2016 beginnt dann ein Architekturwettbewerb, wenn es nach Geisel geht.

Die „Gesellschaft Historisches Berlin“ (GHB) ist schon Ende 2014 mit eigenen Vorschlägen in die Debatte geprescht, wünscht sich eine „Puppenstube“ vor dem Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD): „Auf historischem Grundriss soll eine kleinteilige Bebauung mit hohem Wohnanteil errichtet werden.“

Kernstück soll der „Neue Markt“ sein: Ein freies Rechteck westlich der Marienkirche und südlich der Karl-Liebknecht-Straße etwa dort, wo heute der Neptunbrunnen steht.
 
Der freie Platz soll an der ehemaligen „Bischofstraße“ enden: Sie befand sich auf der Linie, die vom Fernsehturm über die Wasserspiele davor zur Spandauer Straße führt. Das Rathaus wäre wie einst „eingebaut“.

Geisel kann dieser Idee nicht so viel abgewinnen, weil das Gebiet dadurch in Parzellen geteilt und gewissermaßen „privatisiert“ werde.

Der CDU-Stadtentwicklungsexperte Stefan Evers begrüßt die Pläne: „Sie gehen auf unsere Initiative zurück und führen in die richtige Richtung.“ Vorschläge wie die der GHB könnten die Debatte beleben.

Ob die schnellen Pläne Geisels etwas werden, ist aber fraglich: Pläne von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, mit denen sie 2009 die Debatte anfachen wollten, waren auch schon versandet.

Dabei hatte sie mit ihren Vorschlägen gewollt provoziert – darunter die Umwandlung des Rathausforums in einen gigantischen Hafen, der direkt mit der Spree verbunden ist.

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