Ein Verein wirbt mit der Aktion für ein Flussbad an der Museumsinsel. Aber es gibt auch Kritik.

Berliner Morgenpost vom 13.07.2015 von Isabel Metzger

Von bestem Badewetter kann man an diesem Sonntag gewiss nicht sprechen. Über Berlin hängt eine graue Wolkendecke. In den Cafés am Hackeschen Markt sitzen die Menschen bei Milchkaffee und Kuchen. Und trotzdem: Hier im Wasser der Spree, mit Blick auf die Kuppel des Bode-Museums, werden an diesem Nachmittag etwa 80 Männer und Frauen durch den Kupferkanal um die Wette schwimmen. 1000 Meter, von der Monbijoubrücke bis zum Lustgarten und wieder zurück. Der Verein Flussbad Berlin veranstaltet das erste Wettschwimmen um den "Berliner Flussbad-Pokal". Doch die Trophäe ist eigentlich nur das Beiwerk. Mit der Aktion möchte der Verein darauf aufmerksam machen, wie man das Ufer der Spree eigentlich noch nutzen könnte: als Badestrand. Seit 1997 setzt sich der Verein für eine Umgestaltung des Altarms zu einem Schwimmbad ein.

 

Wasserqualität getestet
Dort, wo normalerweise wegen Schmutzwasser und Schiffsverkehr Badeverbot herrscht, dürfen die Berliner also heute die Museumsinsel einmal von unten sehen. Anton Blume zum Beispiel. Die 37-Jährige, die normalerweise für den Berliner Regenbogenforellen e.V. an den Start geht, hat sich schon mal eingeschwommen. Jetzt steht sie leicht zitternd und in ein Handtuch gewickelt am Ufergeländer. "Ein schönes Gefühl ist das, so unter offenem Himmel zu schwimmen", sagt sie. "Mit Filteranlage wär' es natürlich noch schöner." Sie möchte mit ihrer Teilnahme die Aktion des Vereins Flussbad unterstützen. Denn auch wenn die Spree kurz vor dem Wettbewerb noch auf Krankheitserreger getestet wurde – Ergebnis: Badewasserqualität –, so sieht es hier doch deutlich trüber aus als im Sportbad. Grashalme und Wasserflaschen schwimmen an der Oberfläche. Zwei bis drei Meter soll es hier tief sein. Den Boden sieht man nicht. "Immerhin, so einen halben Meter tief konnte ich sehen", sagt Ekaterina Wittfoth, 32. Mit dem Flussbad-Pokal möchte sie für ihre Spezialität, den Triathlon, trainieren. Trübe Wasser kennt sie schon. "Letzte Woche beim Schwimmen am Schlachtensee war es ähnlich", sagt sie. "Ich hab mir das noch schlimmer vorgestellt." Im Hintergrund werden inzwischen Profitipps ausgetauscht. "Wenn du vorne schwimmst, dann geh auf die linke Seite. An der zweiten Brücke gibt's ne Linkskurve." Senioren, Schüler, alteingesessene und zugezogene Berliner springen an diesem Tag in die Fluten der Spree. Die älteste Teilnehmerin ist 71 Jahre alt. Die jüngste gerade mal 16. Für die meisten ist das ein reines Spaßevent. Doch einige rücken zumindest in fachmännischer Schwimmmontur an: Neoprenanzüge und Hightechbrillen. So wie Sven Ripsas, 49, der heute für den Berliner Verein Weltraumjogger an den Start geht. "Das ist eine einmalige Chance, die Museen mal von einer anderen Perspektive zu sehen", sagt er.

Um 15 Uhr fällt das Startsignal. Die Frauen setzen sich in Bewegung. Am Südufer haben sich zahlreiche Passanten und Angehörige versammelt, um die Sportler anzuspornen. Petra Maschefski etwa, 62 aus Wilmersdorf. Früher sei sie Sportschwimmerin gewesen. "Aber da unten würde ich nicht reingehen", sagt sie. "So mitten in der Stadt." Und ein Radfahrer pflichtet ihr bei: "Ich mach in meiner Freizeit Triathlon. Aber das ist doch 'ne Drecksbrühe." 14 Minuten und 53 Sekunden später: Die erste Schwimmerin mit der Nummer 18 kommt ins Ziel. "Ein neuer Streckenrekord", witzeln die Veranstalter ins Megafon. Die Siegerin, Margarethe Hummel, hat in diesem Jahr schon bei den Berliner Meisterschaften im 1500-Meter-Freistil gewonnen. Rund eine Viertelstunde später kommt die 71-Jährige über die Ziellinie. "Omaaaa!", brüllt ein Kind von der Brüstung. Kurz vor 17 Uhr werden die Pokale überreicht. Aber selbst die Gewinnerin Margarethe Hummel sagt: "Das hier ist nur Spaß."

Projekt noch in der Forschung
Ginge es nach den Veranstaltern des Vereins Flussbad Berlin, dann könnten hier in Zukunft ruhig öfter Berliner planschen. Und sie haben dafür auch einen Vorschlag: Von der Schleuse am Außenministerium im Westen bis zum Bode-Museum im Osten möchten sie den Fluss für Berliner zum Baden präparieren – auf 750 Metern Länge und einer Fläche von zwölf herkömmlichen Sportbecken. Eine Filteranlage aus schilfbewachsenem Kies soll zwischen Gertraudenbrücke und Schleusenbrücke das Schmutzwasser vom Oberlauf reinigen und frisches Wasser in den Badebereich spülen. Noch ist das Projekt in der Planung. "Wir möchten erst mal in die Forschung investieren", sagt Pressesprecherin Barbara Schindler. Mit genauen Kosten für einen Umbau hält sich der Verein bedeckt. Im vergangenen Jahr legte er der Senatsverwaltung eine erste Machbarkeitsstudie vor. Sie rechne mit einer Rückmeldung bis nach den Sommerferien in diesem September, so Schindler.

Insgesamt vier Millionen Euro Zuschuss haben Bund und Land bis Ende 2018 für die Weiterentwicklung des Projekts zugesagt.
Nicht alle Nachbarn sind über das Vorhaben glücklich: Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, warnte vor Schäden, die an der Unesco-geschützten Museumsinsel entstehen könnten.
Auch für die Abwasserentsorgung der Stadt wirft das Projekt Flussbad Fragen auf: Alleine im geplanten Schwimm- und Filterbereich des Spreealtarms leiten derzeit noch sieben Zuläufe Schmutzwasser in den Kanal – immer dann, wenn die Kanalisation bei Starkregen mit den Wassermengen überfordert ist. Bei einer Verwirklichung des Projekts müsste das Abwasser über einen zusätzlichen Bypasskanal flussabwärts in die Spree geleitet werden.

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