Bund bewilligt Mittel für Verlegung des Neptunbrunnens – und schaltet sich so in die Debatte ein
Der Westen vom 14.11.2015 von Isabell Jürgens

Gleich zwei überraschende Neuigkeiten hatte Florian Pronold, der Vorsitzende des Stiftungsrates und parlamentarischer Staatssekretär, Freitagfrüh zum Rundgang über die Schloss-baustelle mitgebracht. „Der Haushalts-ausschuss des Bundestages hat Mittel bewilligt, die den künftigen Publikumsmagneten Berliner Schloss weiter befördern werden“, sagte Pronold. So habe der Haushaltsausschuss zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit der historische Neptunbrunnen, der derzeit noch vor dem Roten Rathaus steht, wieder an seinen historischen Standort auf den Schloßplatz zurück verlegt werden könne. Weitere fünf Millionen Euro sollen dafür sorgen, dass direkt unter der Schlosskuppel in 30 Meter Höhe ein Dachrestaurant mit Panoramaterrasse entsteht.

Die Finanzierungszusage für das Dachrestaurant, das bislang weder im bewilligten Schlossbauprogramm berücksichtigt, noch von Spenden abgedeckt war, kann mit ungeteilter Zustimmung aus Berlin rechnen. Anders dagegen sieht es beim Neptunbrunnen aus. Denn die Entscheidung des Haushaltsausschusses greift unmittelbar in die in Berlin sehr kontrovers geführte Debatte um den künftigen Standort des historischen Wasserspiels ein. Zu der Frage, ob der Brunnen wieder vor das Schloss kommen soll, wird unter Federführung der Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gerade ein Bürgerbeteiligungsverfahren durchgeführt, das noch zu keiner abschließenden Entscheidung gekommen ist. „Wir wollen uns nicht in die Entscheidung Berlins einmischen“, versicherte Pronold. Man wolle aber vonseiten des Bundes die finanzielle Voraussetzung schaffen, damit der Brunnen überhaupt eine realistische Chance habe, an seinen historischen Standort zurückzukehren. Erforderlich dazu seien neben der Sanierung der Brunnenanlage auch die teilweise Verlegung der Breiten Straße. Diese führt derzeit in einem Bogen genau über die Stelle, auf der der Brunnen seinen angestammten Platz hatte.

Der Neptunbrunnen war 1891 vor dem Berliner Schloss aufgebaut worden. Den Zweiten Weltkrieg überstand der Brunnen eingemauert. Danach wurden die Figuren eingelagert. Seit 1969 steht der Brunnen zwischen Marienkirche und Berliner Rathaus – derzeit umzingelt von den Buden des Weihnachtsmarktes, der alljährlich auf dem sogenannten Rathausforum aufgebaut wird. „Das ist ein wichtiges und absolut richtiges Zeichen, ein starkes Signal der großen Koalition im Bund an den zögerlichen Senat in Berlin“, begrüßte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU, Stefan Evers, die überraschende Mittelfreigabe. Ein Schlossplatz ohne den Neptunbrunnen bliebe nur „halbherziges Stückwerk“.

Über die Brunnenverlegung ist noch nicht entschieden
Weit weniger euphorisch fällt dagegen das Statement des Stadtentwicklungssenators Andreas Geisel (SPD) aus. „Wir begrüßen jedes finanzielle Engagement des Bundes in Berlin. Allerdings befinden wir uns mitten in einer stadtweiten Debatte über die Zukunft des Rathausforums“, sagte Geisel. Die Stadtdebatte „Alte Mitte – Neue Liebe“, die sich mit der Gestaltung des Bereichs zwischen Fernsehturm und Spree beschäftigt, sei ausdrücklich eine ergebnisoffene. Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen sei, stehe eine Versetzung des Brunnens nicht zur Diskussion. „Berliner Stadtentwicklung wird in Berlin gemacht und nicht im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages“, sagte Geisel.

Darauf pocht auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. „Dass Berlin mit diesen Mitteln offenbar zum Umzug des Neptunbrunnens zum Stadtschloss gezwungen werden soll, ist nicht akzeptabel“, so die Bauexpertin der Linken, Katrin Lompscher. Der Neptunbrunnen habe derzeit auch im Kontext zur Fernsehturmkugel nicht nur eine prominente Aufstellung, der Vorstoß komme zudem zu einem schlechten Zeitpunkt. Die Stadtdebatte zur Historischen Mitte findet erst am 28. November ihren Abschluss. „Der Senat ist gut beraten, den Bürgerwillen ernst zu nehmen und sich hier nicht erpressen zu lassen“, mahnte Lompscher.

Während also noch keineswegs sicher ist, ob Berlin die Mittel zur Brunnenverlegung abrufen wird, können die Berliner sich jedoch schon auf die Panoramaterrasse auf dem Schlossdach freuen. Das Restaurant soll über rund 200 Sitzplätze im Innen- sowie bis zu 200 Plätze im Außenbereich verfügen. „Wir haben die gesamte Planung der Dachkonstruktion so ausgelegt, dass ein Dachrestaurant ohne Umplanungen möglich ist“, versicherte Manfred Rettig, Vorstand der Stiftung Berliner Schloss. Der Bauablauf werde nicht gestört. Das Schlossbauprojekt sei bislang vollständig im Kosten- und Zeitrahmen, sagte Rettig. Da der Bau des Dachrestaurants erst beauftragt werden müsse, könne es aber sein, dass es noch nicht zur Eröffnung 2019 fertig sei. „Im Sommer 2020 können Sie aber ganz sicher auf der Terrasse sitzen.“

Für den Schlossbau hat der Bundestag die Kostenobergrenze auf 590 Millionen Euro festgesetzt. 80 Millionen für die historische Schlossfassade sollen aus Spenden finanziert werden. Hinzu kommen weitere 25,5 Millionen Euro aus Spenden für weitere Rekons­truktionen, darunter auch die historische Ausgestaltung der Schlosskuppel.

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