Streitobjekt: der Neptunbrunnen am Alexanderplatz
Der Dramatiker Rolf Hochhuth plädiert gegen die Versethzung des Neptunbrunnens. Er fordert vom Land einen Wettbewerb für eine neue Anlage.

Berliner Morgenpost vom 28.11.2015 -  Von Helga Labenski

Über die Zukunft des Neptunbrunnens auf dem Alexanderplatz ist noch nicht entschieden. Zum Ärger von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und vieler Berliner Oppositionspolitiker hat der Bund bereits zehn Millionen Euro für den Umzug auf den Schloßplatz freigegeben. Mit einem überraschenden Vorschlag befeuert jetzt der Dramatiker Rolf Hochhuth die laufende Debatte über Sinn und Unsinn eines Standortwechsels der Brunnenanlage aus dem Jahre 1891.

In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister und Kultursenator, Michael Müller (SPD), regt Hochhuth einen Wettbewerb für einen neuen Brunnen in Berlin an. Ein Wettbewerb werde "zweifellos sehr viel weniger kosten als die horrenden Summen", die für den Standortwechsel genannt würden, argumentiert Hochhuth.

"Neptun soll bleiben, wo er ist", sagte Hochhuth am Freitag der Berliner Morgenpost. Auch über den Zweck der neuen Brunnenanlage hat der 84-jährige Hochhuth sich Gedanken gemacht. Er schlägt vor, den neuen Brunnen zum Gedenken an die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 zu errichten. Das Standbild im Bendlerblock sei völlig versteckt. "Ich finde, dass es den Männern des 20. Juli nicht gerecht wird", sagte Hochhuth.

Historische Vereine kritisieren Verfahren
Michael Müllers Kulturverwaltung reagierte am Freitag auf den Vorschlag zugeknöpft. Auf offene Briefe werde grundsätzlich nicht geantwortet, sagte Sprecher Günter Kolodziej. "Zur grundsätzlichen Frage des Neptunbrunnens hat Senator Geisel seinen Standpunkt bereits deutlich gemacht."

"Berliner Stadtentwicklung wird in Berlin gemacht und nicht im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages", zeigte sich Stadtentwicklungssenator Geisel nach der Freigabe der zehn Millionen Euro verärgert. Denn in seinem Haus läuft eine Bürgerbeteiligung über die Gestaltung des Bereichs zwischen Fernsehturm und Spree. Das Abschlussforum findet am heutigen Sonnabend (14 bis 18 Uhr, Haus Ungarn, Karl-Liebknecht-Str. 9) statt.

In dem Entwurf für zehn Leitlinien, die das Forum verabschieden soll, findet sich der Neptunbrunnen mehrfach wieder. So wird er als ein Bezugspunkt in einer grünen Oase genannt, die die neue Mitte am Fernsehturm einmal prägen soll. Doch an der Stadtdebatte zur neuen Mitte gibt es massive Kritik. So hat die Gesellschaft Historisches Berlin, die eine Teilbebauung des Areals nach historischen Grundrissen befürwortet, angekündigt, dass sie die Leitlinien nicht mittragen wird.

Die ehrwürdigste From des Denkmals
Auch Annette Ahme, Vorsitzende des Vereins Berliner Historische Mitte, bezeichnete das Abschlussforum als "gelenkte Demokratie". Den neobarocken Neptunbrunnen hält sie an seinem historischen Standort vor dem Schloss für gut aufgehoben. Da der Brunnen sanierungsbedürftig sei, sei das Geld vom Bund ohnehin erforderlich.

Hochhuths Idee von einem Gedenkbrunnen kann Ahme nicht nachvollziehen. "Ein Brunnen soll der Freude dienen, das geht mit dem Gedenken an solch ein Ereignis nicht zusammen." Der Dramatiker lässt das nicht gelten. "Ein Brunnen ist die ehrwürdigste Form des Denkmals", so Hochhuth.

Die Berliner Morgenpost im Internet: www.morgenpost.de