Die archäologische Grabungen starten Anfang 2019 am Molkenmarkt in Mitte. Forscher rechnen mit reichhaltigen Funden.
Berliner Morgenpost vom 18.11.2018 - Von Isabell Jürgens

Berlin.  Mitten im Herzen Berlins beginnt im Frühjahr 2019 die größte archäologische Grabung seit der Wiedervereinigung. Die Arbeiten auf einer Fläche von rund 20.000 Quadratmetern sollen drei bis fünf Jahre dauern und auf dem Molkenmarkt, dem ältesten Marktplatz Berlins, beginnen. „Das entspricht fast 20 Prozent der Fläche der historischen Stadt Berlin“, sagte Christoph Rauhut, Berlins oberster Denkmalschützer, der Berliner Morgenpost.

Möglich werden die Arbeiten, weil der Senat vor knapp 20 Jahren den Wiederaufbau des Klosterviertels an der heutigen Grunerstraße beschlossen hatte. Durch die Stadtreparatur in diesem Bereich eröffne sich nun „die einmalige Chance, in die Geschichte der Stadt einzutauchen“, so der Landeskonservator weiter. Unter der heutigen Grunerstraße sowie zwischen Klosterruine und Altem Stadthaus soll in vier Etappen nach den Kellern und Fundamenten des einst dicht bebauten Altstadtviertels gegraben werden. Die Archäologen rechnen mit reichhaltigen Funden: Historiker gehen davon aus, dass der Molkenmarkt bereits vor der ersten Erwähnung Berlins (1244) und Cöllns (1237) Handelsplatz war.

Zerstört wurde die Altstadt im Wesentlichen zwischen 1933 und 1975. Erst durch die Planungen aus nationalsozialistischer Zeit, dann durch den Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg und zuletzt durch die Bemühungen der DDR-Stadtplaner, rund um den Fernsehturm eine moderne Mitte zu gestalten.

Verlegung der Straßen dauert rund fünf Jahre
Die Senatsverwaltung für Verkehr rechnet damit, dass die etappenweise Verlegung der Straßen rund fünf Jahre dauert – erst danach kann mit dem Bau der Wohn- und Geschäftshäuser begonnen werden. So lange haben die Archäologen Zeit. Verkehrsbeeinträchtigungen hätten die Berliner aber nicht zu befürchten, versicherte Rauhut: „Wir haben die Arbeit in vier Baufelder aufgeteilt und werden so vorgehen, dass immer dort gegraben wird, wo die Straßenführung gerade nicht betroffen ist“, sagte der Landeskonservator. Beginnen sollen die Arbeiten auf dem Platz vor dem Alten Stadthaus. Dann folgen die Grabungen auf dem Mittelstreifen, der jetzt als Parkplatz genutzt wird. „Das Areal, über das derzeit noch die Grunerstraße verläuft, wird dann das letzte sein, das wir erforschen.“

Je nachdem, wie bedeutend die Funde sind, kann vom vorgesehenen Bauablauf abgewichen werden. Rauhut verweist auf die Grabungen auf der anderen Seite des Roten Rathauses vor einigen Jahren, die dem Bau des U-Bahnhofs der U5 vorausgingen. „Damals haben wir nicht nur die mittelalterlichen Fundamente des alten Rathauses freigelegt, sondern völlig überraschend auch noch die von zwei kleineren Vorgängerbauten“, so Rauhut: „Letztlich weiß man vorher nie genau, was man findet, das macht es spannend.“

18 Millionen Euro stehen für den Straßenumbau bereit. Für die Grabungsarbeiten, die durch ein Team von einem guten Dutzend Archäologen geleistet werden sollen, sind ab 2019 bis einschließlich 2021 jährlich rund 2,5 Millionen Euro veranschlagt.

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