Berlin in historischen Aufnahmen Die Grünstraße – das Kleine-Leute-Quartier von Cölln
Berliner Zeitung vom 27.12.2018 - Von Maritta Adam-Tkalec

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Grünstraßenbrücke, Grünstraße und Petrikirche, Aufnahme aus dem Jahr 1903 - Foto: Wikipedia/Waldemar Titzenthaler/gemeinfrei

Ein dicht bevölkertes Wohnviertel in Berlin, das heute vollständig versunken ist: Es handelt sich um Cölln, Teil der alten Doppelstadt Berlin/Cölln, gelegen auf der Spreeinsel. Man braucht einen alten Stadtplan, um zu begreifen, wo man sich befindet: an der Ecke Wallstraße, Neue Grünstraße.

 

Von dort geht auf unserem Bild aus dem Jahr 1903 der Blick über die den Spreekanal querende Grünstraßenbrücke, in die Grünstraße hinein zur Petrikirche mit ihrer markanten spitzen Nadel.

181227 gruenstrasse bild 2Ausschnitt aus Sineck-Stadtplan von 1882: Zu sehen auch der Petriplatz, die vergleichsweise breite Grünstraße und die Grünstraßenbrücke über den Spreekanal. Foto: Wikimedia Commons

Beginnen wir die Betrachtung links an der Grünstraßenbrücke, zu jener Zeit eine hölzerne Jochbrücke mit zwei Klappenpaaren für den Fußgänger-, Kutsch- und Reitverkehr.

Sie zählte zwar nicht zu den Brücke ersten Ranges, war aber doch wichtig für die Verbindung von der Alten Jakob- und der Stallschreiberstraße zur Brüderstraße. Kurz nachdem die Aufnahme entstand, wurde sie ersetzt durch eine steinerne Gewölbekonstruktion, die 1905 eröffnet wurde.

1945 wurde sie von der Wehrmacht gesprengt und 1951 wieder instand gesetzt. Seit den 1970ern steht sie unter Denkmalschutz und wurde 1994/95 restauriert.

Berlin in historischen Aufnahmen
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Die entlang des Ufers an der Friedrichsgracht stehenden Häuser  künden von der Bewohnerschaft jenes Teils von Cölln, zu der auch ärmere Kleinhändler und Handwerksgesellen gehörten. Heute bilden die dort stehenden Punkthochhäuser der sogenannten Fischerinsel ein abweisenden Ensemble ohne Aufenthaltsqualität.

In der hinter der Petrikirche Richtung Schloss verlaufenden Brüder- und der Breiten Straße war eher das erfolgreichere Wirtschaftsbürgertum ansässig. Die hier sichtbare Alte Grünstraße existiert nicht mehr, im Hochhausareal ist keine Stadtstruktur mehr erkennbar. Im Verzeichnis verlorener Straßen von Berlin Mitte steht: „Aufgehoben am 2. April 1969.“

Schließlich die Petrikirche, um 1230 erbaut, älteste Pfarrkirche von Cölln an der Spree, geweiht dem Apostel Petrus, dem Schutzpatron der Fischer. Sie wurde im Lauf der Jahrhunderte mehrfach um- und neu gebaut, 1964 wurde die vierte und letzte abgerissen. Derzeit besteht der Plan, an der Stelle ein interreligiöses Bethaus zu erreichten. Dieses „House of One“ wird in seiner Form aber in keiner Weise Bezug auf die „verlorene“ Petrikirche nehmen.

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