Berlins Zentrum finden fast alle furchtbar. Was kann man dagegen machen? Kultursenator Lederer will Kultur auf der Straße sehen.
Berliner Morgenpost vom 04.04.2019 - von Christian Latz

Am Rathaus- und Marx-Engels-Forum herrscht aktuell wenig Leben.

Berlin. „Was soll ich in einer Gegend, mit der ich nichts anfangen kann?“ Kultursenator Klaus Lederer (Linke) fasste prägnant zusammen, was er und die meisten Interessierten vom aktuellen Zustand des Berliner Zentrums halten. Wie also soll es besser werden?

Lederer äußerte sich am Mittwochabend im Rahmen einer Diskussionsrunder der „Berliner Wirtschaftsgespräche“ zum Thema Kultur in der historischen Mitte in der Managementhochschule ESMT auf der Museumsinsel. Sein Urteil über den Bereich zwischen Brandenburger Tor und Alexanderplatz fällt deutlich aus: Kein Leben, keine Funktion für die Berliner. „Unter den Linden herrscht abends Totentanz“, so der Senator.

 

Kultursenator Klaus Lederer: „Kein Revival des Alten“
Doch wie wird die Gegend lebendig und gewinnt auch kulturell an Bedeutung für Berlin? Anders als vom Stadtforscher Benedikt Goebel zunächst in einem Vortrag vorgeschlagen, stellte sich Lederer klar dagegen, Königskolonnaden, Gerichtslaube und weitere historische Bauten und Denkmäler an ihre ursprünglichen Orte im Zentrum zurück zu setzen. So historisch sei die Mitte nicht mehr, meinte Lederer. „Wir haben nicht mehr die Zeit des Kaiserreichs.“ Er wolle kein „Revival des Alten“.
Einfach die Freiflächen zu bebauen sei auch nicht die Lösung und diene nur Investoren. Es gehe beim Bauen darum, was und für wen. Neue Gebäude müssten dafür sorgen, „dass es Spaß macht, sich hier aufzuhalten, auch am Abend“.
Nur welche das sein sollten, konnte der Kultursenator nicht beantworten. Seit dem Aus für die Zentrale Landesbibliothek auf dem Marx-Engels-Forum sei er ratlos, was an dem Ort geschehen könnte.

Probleme mit Genehmigungen des Bezirks Mitte
Oft würden jedoch schon einfache Mittel reichen, um einen Ort lebendig zu machen, so Lederer. Er rief die Kulturinstitutionen auf, die Kultur mit Veranstaltungen auf die Straße zu tragen.
Probleme bereite allerdings die Genehmigungsvergabe des Bezirks Mitte, wie Lederer und der ebenfalls anwesende Generalintendant des Humboldt-Forums Hartmut Dorgerloh feststellten. Selbst bei Freiluftveranstaltungen wie Konzerten der Philharmoniker stelle sich der Bezirk oft zunächst quer. Wenn der Bezirk Mitte in seinem Zentrum urbanes Leben haben wolle, müsse er seine Genehmigungspraxis ändern. Solche Veranstaltungen seien essenziell, sagte Lederer und mahnte: „Es liegt an uns, ob das Humboldt-Forum zu einem Ort für die Berliner wird oder ein Tourischuppen.“

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