1. Februar 2021 B.Z.-Redakteur Stefan Peter über Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, und die Berliner Grünen
Bereich: Jede Woche sagen B.Z.-Redakteure, was sie wirklich stört. Heute Stefan Peter, Redakteur Politik & Gesellschaft, über das Verständnis von Politik-Vermittlung der Berliner Grünen.
BZ vom 01.02.2021 - von Stefan Peter

Wer wissen will, wie die grüne Seele tickt, muss bei Twitter einfach nur Monika Herrmann folgen. Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg ist dort so aktiv wie sonst einst wohl nur Donald Trump.
Seit 2011 ist die Politikerin auf Twitter, der Dienst zählt seitdem 120.000 Tweets von ihr. Abgesehen von Katzen- und Kurzschwanzkänguru-Fotos in ihrer Timeline ist Herrmann nahezu rund um die Uhr empört. Hauptsächlich über Autofahrer. Die würden ständig falsch parken, Radfahrer gefährden und Platz fürs Leben klauen.
Diese ermüdende Einseitigkeit muten sich nur etwas über 10.000 Follower zu – nicht viel für Berlins bekannteste Bürgermeisterin. Auch anderswo ist das Interesse an grüner Politik-Vermittlung nicht so groß wie von der Partei stets und gerne behauptet.

Als der Landesverband kürzlich zur „Klimakonferenz Berlin for Future“ einlud, war die Zahl der Online-Teilnehmer arg überschaubar. Und alles andere als ein Abbild der von den Grünen so gerne beschworenen Stadtgesellschaft: 45 Prozent der Teilnehmer kamen aus der Politik, 28 waren Klima-Aktivisten. Könnte natürlich auch sein, dass große Teile der Stadtgesellschaft freitags morgens um zehn einfach arbeiten müssen. Und zwar nicht im Homeoffice, sondern in der realen Welt.

► Endlich Hoffnung für Fußgänger
Oft genug drängt sich der Eindruck auf, Bürgerbeteiligung sei für die Grünen nur von Interesse, wenn dadurch Vorschläge der Partei unterstützt werden. Beim Umbau der Karl-Marx-Allee wurde die massive Kritik der Anwohner von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) geflissentlich ignoriert.
Die Ankündigung, dass die Sperrung der Friedrichstraße verlängert wird, verschickte Günthers Behörde an einem Freitag kurz vor 17 Uhr. Vielleicht auch in der Hoffnung, dass Kritik der Stadtgesellschaft an der Anti-Auto-Politik keinen Eingang in die Berichterstattung mehr finden würde.

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