Stiftung kritisiert fehlendes Gesamtkonzept für Berlins Gründungsort
Berliner Morgenpost vom 25.02.2021 - von Isabell Jürgens

„Es gibt kein stadtplanerisches Entwicklungskonzept für den Gründungsort Berlins .“ Der Vorwurf, den Volker Hassemer, früherer CDU- Stadtentwicklungssenator und heutiger Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin , seinem Amtsnachfolger Sebastian Scheel (Linke) macht, greift tief. Um das planerische Vakuum zu beenden, habe die Stiftung mit der Arbeitsgemeinschaft Umgebung Humboldt Forum mit Anrainern und Fachleuten eine Agenda erarbeitet, „die 30 Jahre nach der Vereinigung der deutschen Hauptstadt der zerstörten Mitte Berlins anstelle punktueller Einzelmaßnahmen zu einem schlüssigen Entwicklungskonzept verhelfen kann“.

Breites Bündnis fordert ein Ende der Einzelwettbewerbe
Zu den Mitgliedern der Arbeitsgruppe gehören Vertreter der evangelischen Kirche, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz genauso wie von der Flussbad -Initiative oder der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. In der Agenda, einem knapp 30-seitigen Papier der Gruppe, wird als Hauptmangel gesehen, dass „eine engmaschige Erschließung des großen Raumes zwischen Humboldt Forum und Fernsehturm und dem Umfeld“ nicht vorgesehen sei. Stattdessen würden Einzelwettbewerbe zu Bereichen, wie etwa für das Areal um die Marienkirche oder das Humboldt Forum ausgelobt, die jedoch kaum oder gar keinen Bezug aufeinander nehmen. Mit dem jetzt ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb für das Rathaus- und Marx-Engels-Forum werde nun der Fehler wiederholt, „nicht die Stadt der kurzen Wege, die engmaschige Erschließung der Mitte Berlins gleich mitzudenken“, ergänzt Bernhard Schneider, Architekt und Stadtplaner. Stattdessen würden isolierte Vorfestlegungen etwa für die Standorte des Neptunbrunnens sowie des Marx-Engels-Monuments aus DDR-Zeiten getroffen – ohne zu fragen, welche Funktion sie dort überhaupt noch haben. Auch der Mut zu einem echten Mobilitätskonzept, das den Durchgangsverkehr aus der historischen Mitte nehme und stattdessen wieder Querverbindungen über die trennenden heutigen Verkehrsschneisen schaffe, fehle.

Die Agenda haben Hassemer und seine Mitstreiter Anfang Januar und erneut am 18. Februar an Scheel, Verkehrssenatorin Regine Günther und Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel (beide Grüne) geschickt. „Auf diese Mail haben alle drei bis zum heutigen Tage nicht reagiert“, so Hassemer. „Angesichts der laufenden und zu erwartenden Wettbewerbe zu dem fraglichen Gebiet in der Berliner Mitte bitten wir Sie nun ein weiteres Mal um Auskunft, wie Sie diese Arbeit verwenden wollen beziehungsweise ob und warum Sie diese ausschließen“, appellieren die Agenda-Verfasser nun erneut an die Verantwortlichen.

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